Krankheitsbericht
.
1. Anamnese:
Der Patient wurde wegen Juckreiz vorgestellt. Dies tritt auch bei anderen Tieren des
Bestandes auf und breitet sich aus. Außerdem kommt es bei den Tieren zu einer
Mastverzögerung
2. Signalement:
Der Patient ist ein männlicher kastrierter Mastläufer im Landrassetyp. Haut und Haarkleid
sind weiß und der Schwanz ist kupiert.
Er wiegt ca 30 kg und ist ca 3,5 - 4 Monate alt. Seine Ohrmarkennummer ist X und
rechts DE X.
3. Status praesens
3.1. Allgemeine Untersuchung
Die Pulsfrequens beträgt am 28.11.00 84 Schläge pro Minute, die Atemfrequenz beträgt
ca 20 Atemzüge pro Minute und die Rektaltemperatur ist 39°C. Das Schwein belastet alle
vier Gliedmaßen gleichmäßig und nimmt aufmerksam an seiner Umgebung teil, wobei es
sich ständig an den Wänden scheuert. Die Konjunktivalschleimhaut ist glatt, rosarot und
glänzend. Der Pflege- und Ernährungszustand ist gut.
3.2. Spezielle Untersuchung
3.2.1. Haut- und Haarkleid
Die Haut ist schuppig und zeigt auf dem Rücken, am Kopf, an den Gliedmaßen sowie
an den Schenkelinnenflächen rote, stecknadelkopfgroße leicht erhabene Pusteln und
bräunliche schuppige Beläge, die sich ohne Substanzverlust ablösen lassen. In beiden
Ohren sind braune schmierige Beläge. An den betroffenen Hautpartien ist Juckreiz
auslösbar. Das Haarkleid ist weiß und nicht geschlossen, die Haare sind zum Teil
abgescheuert.
Kaudal des Präputiums ist eine derbe, nicht schmerzhafte, etwa walnussgroße
Schwellung unter der Haut fühlbar. Sie ist von der Bauchwand abgrenzbar und an einer
Stelle mit der Haut verbunden.
3.2.2. Lymphapparat
Die Lymphknoten sind nicht tastbar.
3.2.3. Herz-Kreislaufsystem
Der Herzspitzenstoß ist gut fühlbar. Die Herzfrequenz beträgt 84 Schläge pro Minute.
Die Herztöne sind kräftig, regelmäßig, abgesetzt und es sind keine Nebengeräusche zu
hören. Der Puls an der A.coccygica ist kräftig, regelmäßig und gleichmäßig.
Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet. Die Ohrvenen sind gut sichtbar, aber nicht
vermehrt gefüllt.
3.2.4. Atmungsapparat
Die Atemfrequenz beträgt 20 Atemzüge pro Minute. Der Atmungstyp ist
costoabdominal. Auskultatorisch ist währen der Inspiration ein leises Atemgeräusch zu
hören.
3.2.5. Verdauungsapparat
Die Futter- und Wasseraufnahme ist ungestört. Das Abdomen ist symmetrisch und die
Bauchdecke ist entspannt. Der Kot ist geformt.
3.2.6. Harn-und Geschlechtsapparat
Der Mastläufer ist männlich und kastriert. Er setzte während der Untersuchung keinen
Harn ab.
3.2.7. Bewegungsapparat
Der Patient steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.
Der Bewegungsablauf ist ungestört.
3.2.8. Nervensystem
Der Patient nimmt aufmerksam an seiner Umgebung teil.
3.2.9. Hilfsuntersuchungen
Hautgeschabsel im Ohr: Die Untersuchung auf Sarcoptesmilben ist positiv.
Serologische Untersuchung auf Sarcoptesmilben: positiv
Blutuntersuchung: eosinophile Granulozyten: 0,42 G/l
alkalische Phosphatase: 361 U/l
restliche Werte: siehe beiliegende Kopie
4. Zusammenfassung der Symptome
Der Mastläufer hat am Rücken, am Kopf, an den Gliedmaßen und an den
Schenkelinnenflächen papulöse, juckende, schuppige Hautveränderungen.
5. Diagnose
Der Mastläufer hat eine papulöse Dermatitis, ausgelöst durch Sarcoptesräude, und einen
Hautabszess kaudal des Präutiums. Bei der Blutuntersuchung sind die eosinophilen
Granulozyten leicht erhöht.
6. Differentialdiagnose
Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind Infektionen mit Staphylokokkus hyicus,
Parakeratose, Biotinmangel, Sonnenbrand und Stiche von Mücken oder Stechfliegen.
7. Prognose
Die Prognose ist günstig.
8. Prophylaxe und Therapie
Zur Therapie wird zweimal im Abstand von 10 Tagen systemisch mit 0,3 mg/kg Ivermectin
behandelt. Da bereits eine Tendenz zur Ausbreitung im Bestand besteht, sollten alle Tiere
behandelt werden. Da Sarcoptesmilben auch außerhalb des Tieres einige Zeit
überlebensfähig sind, müssen zur erfolgreichen Behandlung die Ställe und Gerätschaften
mit Akariziden behandelt werden. Hierzu sind Phosphorsäureester geeignet. Da diese auch
zur Anwendung am Tier geeignet sind, muss der Stall nicht unbedingt leer sein.
Sarcoptesmilben sind ubiquitär vorhanden. Deshalb sollten alle Tiere eines Bestandes
regelmäßig behandelt werden und zwar jeweils zehn Tage lang oral mit Ivermectinen.
Zuchtsauen sollten 14 Tage ante partum behandelt werden. Eine Alternative zur oralen
Gabe ist bei Einzeltieren das spot oder pour on Verfahren, bei dem der Wirkstoff über die
Haut resorbiert wird. Äußerliche Behandlungen mit Tauchbädern sind nicht zu empfehlen,
da die Milben sich gerne in den Ohren aufhalten und sich dadurch der Behandlung
entziehen.
9. Epikrise
Sarcoptesmilben sind ubiquitär in Schweineställen vorhanden. Durch den Befall mit diesen
Milben werden bei Mastschweinen die Zunahmen vermindert und die Futterverwertung
wirdbeeinflusst. Außerdem sind die Tiere durch den Juckreiz sehr unruhig.
Die älteren Tiere sind zwar meist immun, aber sie haben trotzdem häufig einen leichten
Räudebefall im äußeren Gehörgang und können dadurch Jungtiere anstecken. Besonders
Kümmerer, die häufig an einer allgemeinen Immunschwäche leiden, werden dann
hochgradig befallen. Aus diesen Gründen sollten regelmäßige Behandlungen des ganzen
Bestandes, auch der Zuchteber, gegen Sarcoptesmilben durchgeführt werden.
Da sich die Milben gerne im äußeren Gehörgang aufhalten, sind äußerliche Behandlungen
mit Tauchbädern nicht sinnvoll und die systemische Applikation von Ivermectinen per os,
über die Haut oder als Injektion ist vorzuziehen.
Zur Diagnostik ist zu sagen, daß bei Hautgeschabseln nur 5% der eindeutig erkrankten
Tiere ein positives Ergebnis liefern, bei Ohrgeschabseln sind es 32%. Eine negative Probe
heißt demnach nicht, dass das Tier frei von Sarcoptesmilben ist. Deshalb sollten möglichst
mehrere Geschabsel genommen werden. Da sich Sarcoptesmilben bis in das Stratum
germinativum bohren, muss unbedingt geschabt werden bis es blutet.
Eine weitere Möglichkeit ist die serologische Untersuchung, mit der die Milben auch
sicherer nachgewiesen werden. Bei der Blutuntersuchung weist ein erhöhter Gehalt an
eosinophilen Granulozyten auf einen Befall mit Parasiten hin.