Krankheitsbericht
Klinik für Pferde
Ausgegeben von x
am 02.11.1999
Anamnese
Die 25 jährige Ponystute “x” ist aufgrund in den letzten drei Monaten immer wiederkehrender Krampfkoliken in die Klinik eingeliefert worden. Zuvor wurde sie vom Haustierarzt im Fall der Koliken erfolgreich mit Novalgin therapiert. Bei starker Streckung der rechten Hintergliedmaße erfolgt eine Schmerzabwehr. Die Ponystute hatte bereits 2 Fohlen und ist seit längerer Zeit dauerrossig.
Die Haltung des Tieres erfolgt in einem Offenstall.
Signalement
Bei dem zu behandeldem Pferd von x handelt es sich um eine 25-jährige Shetlandponystute mit dem Namen x. Es ist ein Fliegenschimmel mit einem Wirbel auf der Stirn. Das Stockmaß beträgt 130 cm und das Gewicht ca. 200 kg.
Status Präsens
Allgemeinuntersuchung
Die Pulsfrequenz beträgt 48 Schläge/ min. Die Pulswellen sind regelmäßig, gleichmäßig und mäßig kräftig. Die Atemfrequenz beträgt 18 Atemzüge/ min, der Atemtyp ist costoabdominal. Die rektal gemessene Temperatur beträgt 38,0°C. Die Körperoberflächentemperatur ist gleichmäßig warm und zu den Akren hin abnehmend. Der Entwicklungszustand ist dem Alter angemessen, der Ernährungszustand wie auch der Pflegezustand sind als gut zu bezeichnen.
Spezielle Untersuchung
Haut- und Haarkleid
Die Haut ist gleichmäßig dick. Die Elastizität ist erhalten, eine aufgezogene Hautfalte
verstreicht sofort wieder.
Das Haarkleid ist dicht, geschlossen, glänzend und anliegend. Es sind keinerlei Veränderungen des Haarkleides erkennbar.
Sichtbare Schleimhäute
Die Schleimhäute sind blaßrosa, feucht, glatt und glänzend, z.T. pigmentiert und frei von Auflagerungen.
Die Konjunktiven sind rosarot.
Lymphknoten
Die Lnn. mandibulares stellen sich als kirschkerngroße Strukturen medial am Unterkiefer dar. Sie sind prallelastisch, unter der Haut verschieblich, nicht vermehrt warm oder schmerzhaft und haben eine glatte Oberfläche. Andere Lymphknoten sind nicht palpierbar.
Herz- und Kreislaufapparat
Die Auskultationdes Herzens ergibt eine Frequenz von 40 Schlägen/ min. Der 1. Herzton ist sehr langezogen, der 2. Herzton ist akzentiert. Ansonsten sind die Herztöne regelmäßig, kräftig und voneinander abgesetzt. Geräusche sind nicht feststellbar. Ein Pulsdefizit ist nicht feststellbar. Die kapilläre Füllungszeit liegt bei zwei Sekunden.
Die Episkleralgefäße sind feingezeichnet und gut abgegrenzt.
Atmungsapparat
Die Atmung erfolgt gleichmäßig, regelmäßig und ohne Anstrengung.
Die Auskultation der Lunge bleibt ohne Befund.
Die Ausatmungsluft strömt gleichmäßig aus beiden Nasenöffnungen aus, sie ist warm und ohne auffälligen Geruch. Die Nüstern sind symmetrisch und es ist kein Nasenausfluß zu beobachten.
Verdauungsapparat
Adspektorisch erscheint das Abdomen symmetrisch. Die Auskultation ergibt beidseitig an der Flanke und der rippengestützten Bauchwand stark hörbare Darmgeräusche. Eine leichte Bauchdeckenspannung ist fühlbar. Die Kotballen sind rund, fest und von dunkelbrauner Farbe.
Die Zähne sind sehr abgenutzt.
Harnapparat
Es wurde während der Untersuchung kein Harnabsatz beobachtet.
Geschlechtsapparat
Das Gesäuge besteht beiderseits aus je einem Mammakomplex. Es sind keine Auflagerungen oder Verletzungen an den Zitzen zu erkennen. Die Labien sind geschlossen und nicht verdickt. Die Vaginalschleimhaut ist blaßrosa, feucht, glatt und glänzend.
Bewegungsapparat
Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.
Stellung und Winkelung der Gelenke lassen keine Besonderheiten erkennen.
Der Pflegezustand der Hufe ist als gut zu betrachten.
Nervensystem
Die erhaltene Oberflächensensibilität ist durch auslösbaren Panniculusreflex nachgewiesen. Durch Überköten der Gliedmaßen ist eine Tiefensensibilität bewiesen. Pupillar-, Corneal-, Lid-, und Analreflex sind auslösbar.
Sinnesorgane
Die Augen sind symmetrisch, und es ist kein Augenausfluß zu beobachten. Die Cornea ist nicht getrübt. Das Sehvermögen ist erhalten ebenso die Fähigkeit zu hören.
WeiterführendeUntersuchungen
1. Eine Kotaufschwemmung zeigte, das sich kein Sand im Magen- und Darmtrakt befindet.
2. Mehrere Bauchhöhlenpunktate waren negativ.
3. Der Stute wurde Blut entnommen und eine klinisch chemische Laboruntersuchung erstellt:
-Eiweiß (Elektrophorese) 7,3 g/100ml--Hinweis auf eine chronische Entzündung (neg.)
-Alkalische Phosphatase 128 U/l --Hinweis auf eine chronische Enteritis (neg.)
4. Prostaglandingabe, da Verdacht auf persistierenden Gelbkörper:
2,5 ml Iliren® am 3.11.99 und am 7.11.99
Progesteronwerte:
am 4.11.99 6,6 ng/ml
am 8.11.99 1,7 ng/ml
am 10.11.99 1,9 ng/ml
5. Rektalisiert: sediert mit Xylazin (Sedivet®) und Gabe von Buscopan comp.®. Das Milzband ist fühlbar, der linke Eierstock ist walnußgroß und ohne fühlbare Funktionskörper. Der rechte Eierstock ist kinderfaustgroß, derb, besitzt eine höckerige Oberfläche und ist nicht schmerzhaft.
Das rechte Gebärmutterhorn weist eine deutliche Wandverdickung auf.
6. Ultraschall:
(2.11.99)
Der rechte Eierstock stellt sich als feste echogene Struktur dar, und es ist kein Follikel erkennbar. Der linke Eierstock weist nur einen kleinen Follikel von ca.1,5 cm Ø auf
Ein Hinweis auf Zysten oder beginnende tumoröse Prozesse ist nicht gegeben.
Die Gebärmutter ist ohne besonderen Befund.
(8.11.99)
Der rechte Eierstock ist jetzt nur noch kastaniengroß.
Die Gebärmutter weist eine Radspeichenstruktur und eine geringgradige Flüssigkeitsansammlung auf.
Diagnose
Rechtsseitiges Corpus luteum persistens
Differentialdiagnose
Chronische Endometritis:
Bei der rektalen Untersuchung stellt man am Uterus zwei unterschiedliche Erscheinungen fest.
Während der Uterus selbst als vergrößert ertastet wird, erscheint die Uteruswand entweder zu steif oder im Gegenteil als stark erschlafft. Bei der Ponystute Lotte konnten beide Symptome nicht festgestellt werden.
Corpus luteum graviditatis persistens:
Falls es sich um ein Corpus luteum graviditatis persistens handelt, wird man neben einem
verstärkten Tonus der Uteruswand eine weiche, teigähnliche und nicht scharf umschriebene Ausbuchtung feststellen. Dieses konnte hier jedoch nicht festgestellt werden.
Eierstocktumor/Eierstockzysten:
In den Ultraschalluntersuchungen fanden sich keine Hinweise auf einen tumorösen Prozeß oder auf Zysten.
Ätiologie
Eine wichtige Ursache für die Entwicklung eines persistierenden Corpus luteum ist die embryonale Mortalität. Aber auch bei kürzlich abgefohlten Stuten, die nicht wieder gedeckt wurden oder keine Fohlenrosse zeigten sowie nach einer Fohlenrosse nicht wieder rossig wurden, wird die Entstehung eines Corpus luteum perssistens beobachtet. Aber auch beim vorliegen einer Endometritis kann eine unzureichende luteale Rückbildung auftreten, die ein Corpus luteum persistens zur Folge hat. Andererseits bestehen auch Fälle, für die keine nähere Erklärung angegeben werden kann.
Prognose
Nach Behandlung mit Prostaglandinen stellt sich ein Östrus innerhalb von zwei bis vier Tagen ein. Die Dauer einer mit Prostaglandinen ausgelösten Brunst ist einige Tage länger als gewöhnlich. Die Trächtigkeitsergebnisse nach Rosseinduktion mit Prostaglandinen unterscheiden sich dagegen nicht von der medikamentell unbeeinflußen Rosse.
Therapie
Es wird empfohlen zweimal mit viertägigem Abstand 2,5 ml Ilirenâ intramuskulär zu behandeln.
Epikrise
Die gestellte Diagnose steht nicht im Zusammenhang mit den in der Anamnese aufgeführten Symptomen. Einschlägige Literatur weist keinen Bezug zwischen einem Corpus luteum persistens und kolikartiger Beschwerden auf.
Die Diagnose Corpus luteum persistens wird daraufhin als Zufallsbefund betrachtet. Bei wiederauftreten der kolikartigen Symptome wird empfohlen eine zusätzliche bakteriologische Untersuchung des Uterussekretes einzuleiten.