Schwein-02 - Osteomyelitis

                                           Krankheitsbericht

 

 

 

I. Signalement

 

Das Schwein besitzt an erworbenen Kennzeichen im rechten Ohr eine gelbe, viereckige Ohrmarke mit der Nummer x, im linken Ohr eine runde, weiße mit der Nummer x.

Alters- u. Nutzungsgruppe: Altsau, Zuchttier

Rasse                                :  Hybridschwein

Geschlecht                        :  weiblich

Gewicht                            :  ca. 160 kg

 

 

II. Anamnese

 

Das Tier liegt seit ca. 7 Wochen fest. Das Festliegen trat plötzlich nach dem Absetzen der Ferkel auf.

Dem Tier wurde am Tag der Untersuchung das Neuroleptikum Stresnil injiziert, um den Transport vom Stall in den Hörsaal zu ermöglichen.

 

 

III. Status präsens

 

1. Adspektion

 

Das Tier nimmt an der Umgebung nur bedingt teil. Es reagiert nicht auf Geräusche und Bewegungen im Stall, aber auf Berührungen. Der Ernährungszustand ist gut.

 

a.) Kopf

Die Farbe der Rüsselscheibe ist rosa, es ist kein Nasenausfluß zu erkennen.

Die Schleimhäute des Mauls sind feucht, glatt, glänzend, rosarot und ohne Auflagerungen.Um die Maulspalte und im Maul ist ein gelblich-weißes, schaumiges Sekret zu erkennen.

Die Augen sind geöffnet.

Am Kopf sind keine Deformationen oder Verletzungen zu erkennen.

 

b.) Haarkleid und Haut

Das Tier ist mit einem kurzen, enganliegenden, mattglänzenden Haarkleid bedeckt.

Die Haut ebenso wie das Horn der Klauen sind unpigmentiert.

Im Bereich der Lendenwirbelsäule sind paramedian der Lendenwirbelsäule links vier walnuß- bis gän-

seeigroße Umfangsvermehrungen zu erkennen.

Im Bereich der Sitzbeinhöcker ist beiderseits eine ca. fünfmarkstückgrosse, verkrustete, dunkelrote Hautverletzung zu erkennen.

An beiden Fersenbeinhöckern sind ca. tischtennisballgroße Umfangsvermehrungen zu erkennen.

Am Fesselgelenk der linken Hintergliedmaße ist plantar eine ca.fünfmarkstückgroße Zusammenhangs-trennung der Haut zu erkennen, aus der sich eine walnußgroße, rote, nicht von Haut bedeckte Umfangs-vermehrung erhebt.Die Haut um das Gesamte Fesselgelenk ist gerötet. Am Fesselgelenk der rechten Hintergliedmaße ist in derselben Lokalisation eine Zusammenhangstrennung der Haut von selber Größe zu erkennen. Diese ist von hellroter Farbe und einer glänzenden Oberflächenbeschaffenheit                                                                                                                                                                                               

c.) Geschlechtsorgane

Das Gesäuge ist ausgebildet und in nicht laktierendem Zustand.

Die Labien sind symetrisch.

Der Schwanz ist kupiert und ohne erkennbare äußere Verletzungen.

 

d.) Gliedmaßen

Das Tier unternahm wärend der Untersuchung mehrere Aufstehversuche. Es gelang ihm dabei jedoch nur die Vordergliedmaße zu belasten. Eine Belastung der Hintergliedmaße war nicht möglich, auch nicht durch eine Unterstützung in der Form, daß das Tier am Schwanz hochgehoben wurde. Das Tier nahm eine hundesitzige Stellung ein. In der Bewegung wurde die Fortbewegung einzig durch die Vordergliedmaßen erzielt, wobei die Hinterglied-maße hinterhergeschleift wurden.

An den Gelenken der Hintergliedmaßen wurden die unter Punkt d.) erhobenen Befunde der Haut fest-gestellt. Außerdem wurde am Fesselgelenk der linken Hintergliedmaße eine Umfangsvermehrung, die das gesamte Gelenk gleichmäßig erfasste, festgestellt.

Alle anderenGelenke zeigten keine Veränderungen oder Umfangsvermehrungen.

Das Horn der Klauen war unpigmentiert. Es wurden keine Hornspalten, Deformationen oder über-mäßiges Hornwachstum festgestellt.

 

e.)

Futter- und Flüssigkeitsaufnahme konnten nicht beobachtet werden. Der Futtertrog war nicht gefüllt.

Kot- und Harnabsatz konnten nicht beobachtet werden.

 

f.) Atmung

Die Atmungsfrquenz betrug 40/ min. DerAtmungstyp war überwiegend abdominal bei regelmäßigem Rhytmus.

 

2. Auskultation

 

a.) Herz

Die Herzfrequenz betrug 90/min, bei regelmäßigem Rhytmus. Die Herztöne sind gut voneinander ab-gesetzt.

 

b.) Lunge

Die Untersuchung des Atmungsapparates ergab an der vorderen und mittleren Lungengrenze ein leich-tes vesikuläres Atmungsgeräusch.

 

3. Temperatur

 

Die innere Körpertemperatur betrug 37.5 °C.

 

4. Palpation

 

a.) Kopf

Am Kopf konnten palpatorisch keine Befunde erhoben werden.

 

b.) Brust und Rücken

Am Rücken wurden die vier Umfangsvermehrungen palpiert. Sie waren von weicher und fluktuieren-der Konsistenz und nicht vermehrt warm. Die Haut darüber war verschieblich.

Die an den Sitzbeinhöckern festgestellten Hautabschürfungen besaßen krustöse, trockene  Auflagerung-en.

Das nicht laktierende Gesäuge war gut zurückgebildet. Es konnten keine Umfangsvermehrungen festgestellt werden.

 

c.) Gliedmaßen

An der linken Gliedmaße war das gesamte Tarsalgelenk umfangsvermehrt und vermehrt warm. Die nicht von Haut bedeckte Umfangsvermehrung war von derber, fester Struktur und ebenfalls vermehrt warm.

An der rechten Gliedmaße war das Tarsalgelenk nicht vermehrt warm und umfangsvermehrt.

Die Kniegelenke an beiden Gliedmaßen waren nicht verändert.

An beiden Gliedmaßen waren alle Gelenke mechanisch zu bewegen und in ihrer Beweglichkeit nicht eingeschränkt.

Die an den Fersenbeinhöckern vorhandenen Umfangsvermehrungen waren nicht schmerzhaft, vermehrt warm.

Die Klauen waren ebenso nicht verändert.

 

d.) Puls

Der Puls an der V. auricularis magna war wegen der Wehrhaftigkeit des Tieres nicht fühlbar.

 

e.) Sensibilität

Die Prüfung der Hautsensibilität beidseits paramedian der Wirbelsäule ergab eine nach kaudal leicht abnehmende Sensibilität. Die Sensibilität war jedoch im gesamten Bereich vorhanden.

 

5. Spezielle Untersuchungen

Auf einem Röntgenbild, das den Bereich der letzten Brustwirbel bis zum Kreuzbein erfasste.

Darauf konnten im Bereich des 2.-4. Lendenwirbel die Processi spinosi nicht oder nur teilweise erkannt werden. Auch der Wirbelkörper des 3. Lendenwirbel konnte nicht klar abgegrenzt werden.

 

 

IV. Zusammenfassung krankhafter Befunde

 

1. Umfangsvermehrungen paramedian, links der Wirbelsäule auf Höhe der letzten Rippe von                                                                                        

    fluktuierender Konsistenz über der die Haut verschieblich ist.

2. Fünfmarkstückgroße Hautabschürfungen über beiden Sitzbeinhöckern.

3. Umfangsvermehrungen an beiden Fersenbeinhöckern.

4. An beiden Tarsalgelenken jeweils plantar fünfmarkstücksgroße Zusammenhangstrennungen der Haut     

    Links zusätzlich eine  sich daraus erhebende wlnußgroße Umfangsvermehrung, sowie eine Umfangs-

    vermehrung und Wärmevermehrung des gesamten Gelenkes.

5. Das Tier ist auch bei Hilfestellung nicht in der Lage die Hintergliedmaßen zubelasten.

6. Röntgenologisch nicht erkennbare Processi spinosi des2.-4. Lendenwirbel.

 

 

 

V. Diagnose und Differentialdiagnose

 

1.)

Beim hier vorliegenden Fall handelt es sich um eine Osteomyelitis im bereich des 1.-4. Lendenwirbels.

Durch diesen Prozeß kommt es zu einer Auflösung der Knochenstruktur durch einen entzündlichen Prozeß. Dieser entzundliche Prozeß oder auch die durch die im Bereich der Lendenwirbel sichtbaren Abseße, die sich in die Rückenmuskulatur fortsetzen kommt, es zu einer entzündlichen oder mechanischen Beeinträchtigung der Funktion der zwischen den hier gelegenen Wirbelkörpern austretenden Nerven. Durch diese Beeinträchtigung ist eine Innervation der für die Belastung der Hintergliedmaßen verantwortlichen Nerven nicht mehr möglich. Diese Osteomyelitis könnte allerdings auch durch eine hämatogene Metastasierung oder eine Erregerausbreitung von den hier vorliegenden Abseßen. Die genaue Genese ist hier allerdings nichr mehr klärbar.

 

 

2.)

Bei den m Bereich der Lendenwirbel vorhandenen Umfangsvermehrungen handelt es sich um Abseße. Für das Zustandekommen dieser Abseße gibt es mehrere Möglichkeiten, die hier nicht abgeklärt werden können.Einerseits könnten sie durch eine Rückenmarksnekrose ent-standensein, wie auch durch eine Einwirkung von außen(z.B. durch Injektionen, die aller-dings in diesem Bereich ungewöhnlich wären). Diese Rückenmarksnekrose ist dann nicht ausgeheilt, was dann zur Abseßbildung geführt hat.  Diesen Abseße tragen zur Beein-trächtigung der Nervenfunktion bei, mechanisch und/oder über Streuung des entzündlichen Prozesses, wodurch die Osteomyelitis bedingt ist.

 

 

3.)

Bei den Hautabschürfungen über den Sitzbeinhöckern, handelt es sich um Dekubiti, deren Entstehung sekundär durch das Festliegen bedingt sind.

 

4.)

Bei den Hautabschürfungen an den Tarsalgelenken handelt es sich ebenfalls um Dekubiti, die sekundär bedingt sind. Durch Fortbewegungs- und Aufstehversuche ist es hier zu einer länger anhaltenden Druckbelastung der betroffenen Regionen gkommen.

Durch diese fortgesetzte Belastung ist am linken Tarsalgelenk zu einer Wundheilungsstörung gekommen, in deren Nachfolge sich überschiessendes Granulationsgewebe(Caro luxurians) gebildet hat.Ebenso ist hier eine Tarsitis entstanden.

 

 

VI. Prognose

 

Die Prognose ist infaust. Die Schwere der Osteomyelitis und die Größe der Abseße, sowie die Dauer der Erkrankung lassen nicht erwarten, daß es dem Tier wieder möglich sein wird die Hintergliedmaße zu belasten. Eine soweit gehende Heilung, das eine Nutzung des Tieres als Zuchtsau wieder möglich wird ist nicht zuerwarten, da das Tier hierzu einer völligen körper-lichen Belastungsfähigkeit bedürfte. Die Auflösung der Knochenschäden ist irreparabel. Die Wieder herstellung der Nervenfunktion ist auch sehr unwahrscheinlich.

 

 

 

 

 

 

VII.Therapievorschlag

 

Das Tier ist möglichst schnell zu töten, um weiteres Leiden zu verhindern. Eine Schlachtung ist nicht möglich, da die vorhandenen Abseße eine Bewertung des Schlachtkörpers als untauglich erwarten lassen.

 

 

VIII.Epikrisis

 

Das Tier wurde am 29.5.1996 getötet und dem Institut für Pathologie überstellt, wo die veränderten Bereiche der Wirbelsäule noch begutachtet werden konnte.

Dort zeigten sich die im Röntgenbild erscheinenden Veränderungen an der Wirbelsäule als eine Auflösung des 2.-4. Lendenwirbels. In der Umgebung dieser Veränderung befanden sich weitreichende Kallusbildungen und ein direkter Kontakt zu den in die Tiefe ziehenden Abseßen der Rückenmuskulatur.

Es handelte sich hier um einen Fall von Osteomyelitis der Lendenwirbel unter Beteiligung einer nicht ausge-heilten Rückenmarksnekrose, in deren Folge es zu einer Beeinträchtigung der austrtenden Nerven und nachfolgendem Festliegen kam. Bedingt durch die ungünstigen Heilungsaussichten wurde das Tier getötet. Ein Zuchtausschluß dieses Tieres wäre auch not-

wendig gewesen, da die Rückenmarksnekrose eine vererbbare Krankheit ist.

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