Krankheitsbericht
I. Signalement
Tierart/Rasse : Hund, Schnauzer
Alter : 13 Jahre (geb.: 31.03.83)
Geschlecht : weiblich, kastriert (Aug. 93)
Name des Tieres : x
bes. Kennzeichen : Warzen im Kopfbereich
Besitzer : x
II. Anamnese
18.11.1996: Die Besitzerin möchte Abklärung darüber, ob bei x ein Hyperadreno- cortizismus vorliegt.
In der Praxis von x wurde am 29.05.1996 eine Blutuntersuchung auf Thyroxin (T4) und Cortisol in Auftrag gegeben. Die Befunde aus dem Tiermedizinischen Labor x
T4 1,3 mg/dl
Cortisol 2,8 mg/dl (Basalwert?)
Der Hund wurde im August 1993 kastriert, aufgrund mehrerer Schein- trächtigkeiten und zur Vorbeugung von Mammatumoren. Ein halbes Jahr später begann sie inkontinent zu werden. Seit einem Jahr bekommt sie dagegen Camephedrin® 20, anfangs 2 * 1, jetzt 1 * 1 Tablette, sonst keine Medikation. Von der Klinik wurden x 2/Tag Progynova®-Tropfen mit dem Wirkstoff Estradiolvalerat (2 mg) gegen die Kastrateninkontinenz verschrieben, zusätzlich 2 * 50 mg/Tag Furadantin® mit dem Wirkstoff Nitrofurantoin (1 Kapsel = 100 mg) (Human-Präparat).
Das Tier hat seit der Kastration einen sehr guten Appetit, dennoch hält sie seit Jahren ihr Gewicht von 18 kg. Die Besitzerin gibt 300g Futter (Frischfleisch und Flocken) und ein wenig Hundekuchen. Seit zwei Jahren liegt die Trinkmenge bei drei Liter pro Tag. Der Hund würde wahr- scheinlich noch mehr trinken, wenn möglich. Aufgrund dieser hohen Trinkmenge kommt es zu Polyurie.
III. Status praesens
| 18.11.96 | 10.01.97 |
Ernährungszustand |
| gut |
Pflegezustand |
| gut |
Verhalten |
| müde, schlapp, aufmerksam |
Temperatur | 38,2°C |
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Atmung |
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Puls |
| 60 |
Organbefunde: |
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Haut/Haarkleid | an der Kruppe schütteres | kurz, glatt, glänzend, anliegend, |
| Haarkleid und Hyper- | im Kruppenbereich schütter, |
| pigmentation, Haut trocken, | Hyperpigmentation im Bauch- |
| teilweise dünn, geringgradige | und Lendenbereich, einige |
| Komedonenbildung, am | Komedonen, Warzen im Kopf- |
| Nasenspiegel andeutungs- | bereich |
| weise Hyperkeratose |
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Schleimhäute |
| feucht, glatt, glänzend, rosa |
Lymphknoten |
| o.b.B. |
Herz/Kreislauf | HG I-II°, sonst belastbar | Hfz 68 arr., HG I-II° |
Atmungsapparat |
| o.b.B. |
Verdauungsapparat |
| o.b.B. |
Harnapparat |
| Polyurie (alle 1,5 h), inkontinent |
Genitaltrakt |
| kastriert, sonst o.b.B. |
Bewegungsapparat |
| o.b.B. |
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Fspezielle klinische Untersuchung:
Röntgenbefund vom 18.11.96:
Thorax: verkalkte Bronchien, Kardiomegalie
Abdomen: Hepatomegalie, sonst keine Beurteilung möglich, wegen Darmfüllung
F Laborbefunde:
| Normwerte | 18.11.96 | 03.12.96 | 09.12.96 | 08.01.97 | 10.01.97 | nachm. |
Blutbild: |
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Hb | 16,5 - 19,5 g/100ml | 18 | 15,1 | 14,4 | 18,6 | 19,2 | 18,3 |
Ery | 5,5 - 7,5 * 106/ml | 7,09 | 7,15 | 6,29 | 8,05 | 7,93 | 7,85 |
Leukos | 5,9 - 11,5 * 103 /ml | 10900 | 10700 | 8500 | 11900 | 12800 | 14700 |
Hkt | 44 - 52 % | 48 | 49,4 | 43,1 | 52,7 | 52,2 | 51,3 |
Thrombos | 150 - 500 * 103 /ml | 219000 | 281000 | 273000 | 692000 | 401000 | 380000 |
BSG: |
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1 h | 1 mm | 2 |
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| 5 | - |
2 h | 3 mm | 9 |
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| 10 | - |
24 h | 8 mm | 45 |
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| 68 | 75 |
Blutzucker | 61-81 mg/100ml bzw.90-150 mg/100ml | 92 | 107 | 107 | 99 |
| 100 |
Diff. BB: |
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baso. | 0 - 1 % | 0 |
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| 0 | 0 |
eos. | 0 - 4 % | 5 |
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| 2 | 1 |
stab. | 0 - 4 % | 2 |
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| 3 | 0 |
seg. | 55 - 75 % | 78 |
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| 88 | 95 |
Lymph. | 12 - 30 % | 10 |
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| 4 | 3 |
Mono. | 0 - 4 % | 5 |
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| 3 | 1 |
Elektrolyte: |
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Na+ | 142 - 152 mval/l | 149 | 149 | 150 | 150 | 151 | 151 |
K+ | 4,04 - 4,8 mval/l | 4,5 | 4,6 | 4,2 | 3,9 | 3,1 | 3,2 |
Ca2+ | 2 - 3 mmol/l | 2,8 | 2,8 | 2,8 | 2,9 | 2,7 | 2,7 |
P | 1,4 - 2,3 mmol/l | 1,69 | 1,54 | 1,58 | 1,36 | 1,32 | 1,41 |
Enzyme: |
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GPT | 7 - 40 mU/ml | 94 | 149 | 148 | n.m. | 56 | 49 |
GLDH | 2 - 4 mU/ml | 27,6 | 28,5 | 34 | 14,7 | 9,8 | 5,6 |
AP | < 100 (Lettow) | 478 | 882 | 890 | 860 | 1081 | 1117 |
Lipase | < 250 U/l (Kraft) | 123 | 301 | 105 | 136 | 98 | 174 |
a-Amylase | 1600 + 370 mU/ml | 670 | 555 | 703 | 672 | 872 | 941 |
CPK | < 80 U/l | 98 | 61 | 77 | 44 |
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TAG | 15 - 65 mg/dl | 313 | 157 | 323 | 540 | 682 |
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Cholesterin | 125 - 335 mg/100ml | 376 | 284 | 329 | 337,4 | 336 | 249 |
Eiweiß | 5,8 - 7,2 g/100ml | 6,97 | 7,01 | 7,17 | 7,22 | 6,9 |
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Albumin | 30 - 50 % von G.E. | 4 | 4,3 | 4,5 | 4,2 |
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Harnstoff | 28 - 52 mg/100ml | 36 | 18 | 18 | 22,4 | 14 | 27 |
Kreatinin | < 1,3 mg/dl (enzym.) | 0,67 | 0,69 | 0,61 | 0,52 | 0,51 | 0,7 |
Typisch für einen Hyperadrenocortizismus sind die erhöhten Werte der Alkal. Phosphatase,
bedingt durch die Glucocorticoide die die Bildung eines leberspezifischen Isoenzym induzieren.
Auch GPT und GLDH durch die Hepatomegalie erhöht sind.
Das Cholesterin und die TAG sind aufgrund der lipolytischen Wirkung der Glucocorticoide ebenfalls erhöht.
Beim roten Blutbild fällt auf, daß die Erythrocytenzahl leicht erhöht ist, sowie die
Leukocytenzahl und die BSG.
Beim weißen Blutbild stellt sich eine leichte Neutrophilie dar.
Auffallend ist weiterhin, das der Kalium-Gehalt im Laufe der Behandlung abgefallen ist.
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FFunktionstests
1. Dexamethason- Screening- Test
Mit diesem Test lassen sich spontaner Hyperadrenocortizismus und ungestörte Nebennierenrindenfunktion unterscheiden.
Dazu wird nach der Blutentnahme 0,01 mg/kg KG Dexamethason i.v. appliziert, und nach 3 bzw. 8 Stunden weitere Blutproben entnommen.
Bei ungestörter Nebennierenrindenfunktion ist die Cortisolkonzentration bis zur 8. Stunde deutlich supprimiert.
Cortisol | basal | 3,1 mg/dl |
| 4 h supp | 1,9 mg/dl |
| 8 h supp | 2,6 mg/dl |
2. Dexamethason-Suppressions-Test (3.12.1996)
Mit diesem Test lassen sich ein Nebennierenrindentumor von einem hypophysenabhängigen Hyperadrenocortizismus unterscheiden.
Dazu werden 0,1 mg/kg KG Dexamethason, z.T. auch weit höhere Dosen i.v. appliziert. Die Blutentnahme erfolgt wie oben.
Bei einem Nebennierenrindentumor ist auch mit sehr hohen Dosen keine oder nur geringe Suppression der Cortisolkonzentration zu erzielen, während sie beim hypophysenabhängigen Hyperadreno- cortizismus deutlich abfällt, da es zur Unterdrückung der erhöhten ACTH-Sekretion einer höheren Glucocorticoidgabe bedarf.
Problem hierbei ist allerdings, daß ein Nebennierenrindentumor nicht von einem autonomen Hypophysentumor abzugrenzen ist.
Cortisol | basal | 3,3 mg/dl |
| 3 h supp | 1,0 mg/dl |
| 8 h supp | 0,7 mg/dl |
Es wurde Harn für eine Laboruntersuchung gewonnen.
Ergebnisse: spezifisches Gewicht: 1005
pH-Wert: 7,0
Zucker: negativ
Eiweiß (+)
Urobilinogen: negativ
Bilirubin: negativ
Nitrite: negativ
Blut: +++
Harnsediment: Erythrozyten: +(+)
Leukozyten: (+)
Bakterien: (+)
Plattenepithelien (+)
Rundepithelien massenhaft
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Harnstatus vom 13.01.1997
Ergebnisse: spezifisches Gewicht: 1006
pH-Wert: 7-8
Zucker: negativ
Eiweiß Spuren
Bilirubin: negativ
Blut: negativ
Harnsediment: Leukozyten: vereinzelt
Plattenepithelien vereinzelt Zum Harnstatus ist zu bemerken, daß das spezifisch Gewicht sehr niedrig ist, was allerdings für x Krankheit typisch ist.
IV. Diagnose
Bei x wurde ein hypophysenabhängiger Hyperadrenocortizismus durch die Funktionstests diagnostiziert.
Mit dem Dexamethason-Screening-Test wurde nachgewiesen, daß es sich hier um einen Hyperadrenocortizismus handelt, da sich der Cortisolwert nach 8 Stunden nur gering vom Ausgangswert (Basalwert) unterscheidet. Physiologisch sollte der Wert gegen Null streben, da Dexamethason ein stark wirkendes Glucocorticoid ist und die Funktion des körpereigenen Cortisols übernimmt.
Durch den Dexamethason-Suppressions-Test wurde bestätigt, daß es ein hypophysenabhängiger Hyperadrenocortizismus ist, da durch die erhöhte Dexamethason-Gabe die ACTH-Ausschüttung der Hypophyse unterdrückt wurde.
V. Differentialdiagnose
Für die beiden Symptome Polyurie und Polydipsie gibt es noch weitere Diagnosen, welche ausgeschlossen werden müssen. Zu ihnen gehören chronische Nieren- und Lebererkrankungen, Diabetes mellitus und insipidus, psychogene Polydipsie, Hypoadrenocortizismus, weiterhin ist eine Störung des Elektrolytgleichgewichtes und eine Hyperthyreose möglich.
1) eine chronische Nierenerkrankung ist auszuschließen, weil im Serum die Na+- und K+-Werte im Normbereich liegen und der Harnstoff nicht erhöht ist.
2) eine chronische Lebererkrankung ist auszuschließen, weil auch hier sowohl der Harnstoff als auch das Gesamteiweiß, speziell das Albumin im Normbereich liegen.
3) Diabetes mellitus ist aufgrund der im Normbereich liegenden Blutzuckerwerte ebenfalls auszuschließen.
4) auch der Diabetes insipidus kommt bei x nicht in Frage, da Symptome wie Hyposthenurie, Ischuria paradoxa, starke Unruhe und Inappetenz, damit verbundener Gewichtsverlust, sowie Vomitus bei Wasseraufnahme nach längerem Dursten hier nicht vorliegen.
5) da x keinen Streß- oder Schocksituationen ausgesetzt wurde, kann eine psychogene Polydipsie ausgeschlossen werden.
6) schon allein die Gewichtskonstanz spricht bei x gegen einen Hypo-adrenocortizismus (Morbus Addison).
7) Störung des Elektrolytgleichgewichtes liegt nicht vor, da die Blutwerte für die Elektrolyte im Normbereich liegen.Eine Hyperthyreose ist beim Hund eher selten, überwiegend die Folge eines Tumors und kann hier somit ausgeschlossen werden.
VI. Therapie
Bei einem hypophysenabhängigen Hyperadrenocortizismus ist eine adrenolytische Therapie ratsam. Beim Hund hat sich eine cytostatische Therapie mit Lysodren® bewährt, deren wirksame Substanz O,p-Dichlordiphenyldichlorethan (O,p`DDD, Mitotane) ist. Der Wirkungsmechanismus dieser Substanz ist unklar, es wurde jedoch eine relativ selektive Cytotoxizität zur Nebennierenrinde (Zona fasciculata und Zona reticularis) nachgewiesen. Dadurch wird die Synthese des Cortisol und später auch die des Aldosterons blockiert. Diese Wirkung ist sowohl zeit- als auch dosisabhängig.
Die Initialphase ist unter sorgfältiger Beobachtung des Tieres und wiederholten Laborkontrollen, wie Serumelektrolyte, Blutzucker,Harnstoff, Leukozyten-,Lymphocyten- und Eosinophilenzahl (s.S. 3) durchzuführen, und sie erstreckt sich über 4 - 14 Tage. Die Richtdosis liegt hier bei 50 mg/kg KG und Tag, kann aber im Einzelfall erheblich variieren. Bei x reichen 29 mg/kgKG/Tag als Initialtherapie aus.
Die häufigsten Nebenwirkungen der Initialtherapie sind Anorexie, Lethargie, Apathie, Schwäche, Vomitus, Diarrhoe und Dyselektrolytämie. Eine kleine Tagesdosis von Prednison® (0,2 mg/kg KG) mit dem Wirkstoff Prednisonkann helfen, die meisten Probleme, die mit einer schnellen Reduktion der Plasmacortisolspiegel einhergehen, zu lindern. Bei signifikanten Nebenwirkungen sollte die Dosis reduziert oder die Initialtherapie vorübergehend unterbrochen werden und gegebenenfalls Glucocorticoide appliziert werden.
Während der Initialtherapie (Schädigungsphase) sollte die Sekretionsreserve der Nebennierenrinde mit dem ACTH-Test überprüft werden, um den richtigen Zeitpunkt zum Übergang zur Erhaltungstherapie abzupassen. Unter exogenem ACTH sollte die Cortisolkonzentration an der Obergrenze des normalen Basalbereichs liegen.
Sobald sich der Durst des Tieres normalisiert, im Blutbild eine Zunahme der eosinophilen Granulocyten und/oder der Lymphocyten zu verzeichnen ist, kann auf die Erhaltungstherapie umgestellt werden.
Bei der Erhaltungstherapie liegt die Richtdosis bei 50 mg/kg KG/Woche, die benötigte Lysodren® Menge kann aber erheblich variieren. Therapeutisch günstig ist es, die Dosis auf zwei Gaben pro Woche zu verteilen, oder, wie in xs Fall, auf vier Tage/Woche.
Mit Lysodren® ist eine weitgehende Remission zu erzielen. Die Therapie muß ein Leben lang durchgeführt werden, da es bei einem Abbruch zu erneutem Auftreten von Symptomen kommt.
Hunde, die unter chronischer Erhaltungstherapie stehen, reagieren im Allgemeinen mit dem Verschwinden der klinischen Symptome des Morbus Cushing innerhalb von 4 - 6 Monaten.
Bei ca. 50 % der Hunde mit erfolgreicher Induktion und Erhaltungstherapie treten die Symptome innerhalb der ersten 12 Monate der Behandlung erneut auf. Zur Vorbeugung und zur Überwachung der Krankheit sollte daher der ACTH-Stimulationstest alle 3-6
Monatewiederholt werden. Zeigt das Tier eine adrenocorticale Reaktion auf ACTH,
sollte die Initialtherapie wieder für 5-10 Tage aufgenommenund von einer höherenwöchentlichen Erhaltungsdosis gefolgt werden (75 mg/kg KG/Woche). Bei einigen Tieren kann sogar eine Dosierung von 100-300 mg/kg KG/Woche erforderlich werden, um eine sichere Langzeitkontrolle zu erreichen.
Die Therapie wurde für x am 16.12.1996 wie folgt festgelegt:
Am Samstag, den 04.01.1997 Beginn der Initialtherapie mit einer Tablette Lysodren®/Tag (= 29mg/kg KG/Tag) verteilt auf 4 * 1/4 Tablette mit Futter und Öl. Besitzerin führt Therapieprotokoll und Terminvereinbarung für den ACTH-Test am 08.01.1997.
Am 5. Tag der Initialphase Veränderung der Lysodren®-Gabe auf 3 * 1/3 Tablette/Tag alle 8 Stunden.
Ergebnisse des ACTH-Test vom 08.01.1997
Cortisol basal: 3,1 mg/dl
Cortisol stimuliert: 7,9 mg/dl
Am 6. Tag der Initialphase bekam sie wie oben beschrieben 3* 1/3 Tabletten Lysodren® alle 8 Stunden. Am 12.01.1997 konnte aufgrund der guten Ergebnisse des ACTH-Tests mit der Erhaltungsphase begonnen werden. Nun bekommt sie 4 * 1/4 Tablette Lysodren® auf Sonntag, Dienstag, Donnerstag und Samstag verteilt.
Am 10.01.1997 wurde ein ACTH-Test zur Kontrolle mit folgenden Ergebnissen durchgeführt: Cortisol basal: 2,3 mg/dl Cortisol stimuliert: 4,6 mg/dlDiese Werte sind zufriedenstellend, so daß die Erhaltungstherapie weiter induziert ist. x muß weiterhin unter Kontrolle bleiben.
VII. Prognose
Die Prognose ist bei einem hypophysenabhängigen Hyperadrenocortizismus ohne Therapie sehr schlecht, da Komplikationen durch chronische Erhöhung des Cortisols im Plasma auftreten und so zum Tod des Tieres führen können. Mit einer Lysodren®-Therapie ist die Prognose wesentlich günstiger und die durchschnittliche Überlebens-dauer beträgt 22 Monate, kann aber auch bei guter Kontrolle und guter Zusammenarbeit mit dem Besitzer bei 6 bis 7 Jahren liegen. Mögliche Gefahren sind eine Über- oder Unterdosierung des Lysodren®, wobei es durch eine Überdosierung zu einer Nebennierenrindeninsuffizienz, und durch eine Unterdosierung zu einem anhaltenden Cortisolüberschuß kommt.
In x`s Fall ist die Prognose günstig, da die Besitzerin gut kooperiert und die Erkrankung frühzeitig erkannt wurde.
VIII. Verlauf
x hat sehr gut auf die Therapie reagiert. Zu Anfang war sie noch sehr schlapp und schlief sehr viel. Durch die Kontrolle der Serumelektrolyte stellte sich heraus, daß sie eine Hypokaliämie hatte, welche ab dem 10.01.1997 durch Gabe von Kaliumchlorid sublimiert wird. Der Erfolg zeigte sich einige Tage später, indem der Hund lebhafter wurde und nicht mehr soviel schlief, wie zu Beginn der Therapie.
Der Appetit ist während der ganzen Zeit sehr gut geblieben. Die Polydipsie verbesserte sich erst, nachdem das Wasser durch Orangensaft für das Tier nicht-schmackhaft gemacht wurde. Höchstmengen von 4000 ml konnten durch diese Methode auf 1200 ml reduziert werden. Im allgemeinen kann man sagen, daß diese Therapie für x die Richtige ist.
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IX. Epikrise
Durch Ihren hypophysären Hyperadrenocortizismus ist x ihr Leben lang auf eine Lysodren®-Therapie angewiesen. Diese Therapie muß alle 3 - 6 Monate durch den ACTH-Stimulationstest kontrolliert werden, damit die Nebennierenrinden nicht in eine Insuffizienz oder eine erneute Überproduktion von Glucocorticoiden abgleitet, wie es bei Langzeittherapien der Fall sein kann.
Die Lebensqualität des Tieres hat sich mit der Therapie bereits verbessert, denn x ist wieder aufmerksamer, verspielt und nicht mehr so schnell ermüdet.
Da die Therapie bei x erfolgreich scheint, hat sie eine höhere Lebenserwartung.
Die Kastrateninkontinenz wird weiterhin bei Bedarf mit Progynova® therapiert.
Ein letztes Problem sind die Polyurie und die Nykturie, bedingt durch die Polydipsie, die aber durch Gabe von Kamillentee bzw. etwas Orangensaft ins Trinkwasser behoben werden kann.
VI. Therapie
Bei einem hypophysenabhängigen Hyperadrenocortizismus ist eine adrenolytische Therapie ratsam. Beim Hund hat sich eine cytostatische Therapie mit Lysodren® bewährt, deren wirksame Substanz O,p-Dichlordiphenyldichlorethan (O,p`DDD, Mitotane) ist. Der Wirkungsmechanismus dieser Substanz ist unklar, es wurde jedoch eine relativ selektive Cytotoxizität zur Nebennierenrinde (Zona fasciculata und Zona reticularis) nachgewiesen. Dadurch wird die Synthese des Cortisol und später auch die des Aldosterons blockiert. Diese Wirkung ist sowohl zeit- als auch dosisabhängig.
Die Initialphase ist unter sorgfältiger Beobachtung des Tieres und wiederholten Laborkontrollen, wie Serumelektrolyte, Blutzucker,Harnstoff, Leukozyten-,Lymphocyten- und Eosinophilenzahl (s.S. 3) durchzuführen, und sie erstreckt sich über 4 - 14 Tage. Die Richtdosis liegt hier bei 50 mg/kg KG und Tag, kann aber im Einzelfall erheblich variieren. So sollte z.B. bei diabetischen Tieren mit einer Insulinresistenz eine niedrigere Dosis von 20-25 mg/kg KG und Tag verabreicht werden, um einer schnellen Reduktion der Plasmacortisolspiegel und den damit einhergehenden Schwierigkeiten bei der Einstellung der Insulintherapie vorzubeugen. Die häufigsten Nebenwirkungen der Initialtherapie sind Anorexie, Lethargie, Apathie, Schwäche, Vomitus, Diarrhoe und Dyselektrolytämie.
Eine kleine Tagesdosis von Prednison® (0,2 mg/kg KG) mit dem Wirkstoff Prednison®kann helfen, die meisten Probleme, die mit einer schnellen Reduktion der Plasmacortisolspiegel einhergehen, zu lindern.
Bei signifikanten Nebenwirkungen sollte die Dosis reduziert oder die Initialtherapie vorübergehend unterbrochen werden und gegebenenfalls Glucocorticoide appliziert werden.
Während der Initialtherapie (Schädigungsphase) sollte die Sekretionsreserve der Nebennierenrinde mit dem ACTH-Test überprüft werden, um den richtigen Zeitpunkt zum Übergang zur Erhaltungstherapie abzupassen. Unter exogenem ACTH sollte die Cortisolkonzentration an der Obergrenze des normalen Basalbereichs liegen.
Sobald sich der Durst des Tieres normalisiert, im Blutbild eine Zunahme der eosinophilen Granulocyten und/oder der Lymphocyten zu verzeichnen ist, kann auf die Erhaltungstherapie umgestellt werden.
Bei der Erhaltungstherapie liegt die Richtdosis bei 50 mg/kg KG/Woche, die benötigte Lysodren® Menge kann aber erheblich variieren. Therapeutisch günstig ist es, die Dosis auf zwei Gaben pro Woche zu verteilen.
Mit Lysodren® ist eine weitgehende Remission zu erzielen. Die Therapie muß ein Leben lang durchgeführt werden, da es bei einem Abbruch zu erneutem Auftreten von Symptomen kommt.
Hunde, die unter chronischer Erhaltungstherapie stehen, reagieren im Allgemeinen mit dem Verschwinden der klinischen Symptome des Morbus Cushing innerhalb von 4 - 6 Monaten.
Hunde mit Diabetes mellitus brauchen meist eine lebenslange Insulintherapie, jedoch kann die Dosierung zur Kontrolle meist niedriger sein, und die Hyperglykämie wird leichter beherrscht. Selten hat ein Diabetiker genügend b-Zell-Reserven, um das Insulin nach erfolgreicher Kontrolle des Hyperadrenocortizismus absetzen zu können.
Bei ca. 50 % der Hunde mit erfolgreicher Induktion und Erhaltungstherapie treten die Symptome innerhalb der ersten 12 Monate der Behandlung erneut auf. Zur Vorbeugung und zur Überwachung der Krankheit sollte daher der ACTH-Stimulationstest alle 3-6
Monatewiederholt werden. Zeigt das Tier eine adrenocorticale Reaktion auf ACTH,
sollte die Initialtherapie wieder für 5-10 Tage aufgenommenund von einer höherenwöchentlichen Erhaltungsdosis gefolgt werden (75 mg/kg KG/Woche). Bei einigen Tieren kann sogar eine Dosierung von 100-300 mg/kg KG/Woche erforderlich werden, um eine sichere Langzeitkontrolle zu erreichen.
Die Therapie wurde für x am 16.12.1996 wie folgt festgelegt:
Am Samstag, den 04.01.1997 Beginn der Initialtherapie mit einer Tablette Lysodren®/Tag (= 29mg/kg KG/Tag) verteilt auf 4 * 1/4 Tablette mit Futter und Öl. Besitzerin führt Therapieprotokoll und Terminvereinbarung für den ACTH-Test am 08.01.1997.
Am 5. Tag der Initialphase Veränderung der Lysodren®-Gabe auf 3 * 1/3 Tablette/Tag alle 8 Stunden.
Ergebnisse des ACTH-Test vom 08.01.1997
Cortisol basal: 3,1 mg/dl
Cortisol stimuliert: 7,9 mg/dl
Am 6. Tag der Initialphase bekam sie wie oben beschrieben 3* 1/3 Tabletten Lysodren® alle 8 Stunden. Am 12.01.1997 konnte aufgrund der guten Ergebnisse des ACTH-Tests mit der Erhaltungsphase begonnen werden. Nun bekommt sie 4 * 1/4 Tablette Lysodren® auf Sonntag, Dienstag, Donnerstag und Samstag verteilt.
Am 10.01.1997 wurde ein ACTH-Test zur Kontrolle mit folgenden Ergebnissen durchgeführt:
Cortisol basal: 2,3 mg/dl
Cortisol stimuliert: 4,6 mg/dl
Diese Werte sind zufriedenstellend, so daß die Erhaltungstherapie weiter induziert ist. x muß weiterhin unter Kontrolle bleiben.