Pferd-25 - Pododermatitis infectiosa purulenta profunda, AV-Block zweiten Grades

 

 

 

 

KRANKHEITSBERICHT PFERD

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Anamnese

 

 

Das Pferd zeigt ungefähr seit dem 7.Oktober 2000 vorne rechts eine deutliche Lahmheit. Da eine Behandlung mit Angußverbänden und der Gabe von Entzündungshemmern und Antibiotika keine Verbesserung brachte, wurde das Tier von der behandelnden Tierärztin Frau X in die Klinik für eingewiesen. Aufnahmedatum ist der 13. Oktober 2000, die behandelnde Tierärztin ist Y.

 

 

2. Signalement

 

 

Das Pferd „x“ ist ein brauner Mecklenburger Warmblut-Wallach. Die Widerristhöhe wird auf 165 cm geschätzt.

Als Abzeichen trägt es auf der Stirn einen etwa 8cm durchmessenden Stern, der nach oben links ca. 2cm spitz ausläuft. Der Schopf ist rötlich-braun.

An der Lateralseite der rechten Hinterfessel befindet sich eine fünfmarkstückgroße, bis zu 5cm dicke haarlose, borkige kühle Narbe.

Bei der Zahnalterbestimmung wird ein rundlicher Zahnbogen festgestellt, die Molaren sind durchgebrochen. Die Incisivi des Unterkiefers sind komplett gewechselt, im Oberkiefer sind Zange und Mittelzahn gewechselt. Das Tier hat ein Zangengebiß. Anhand dieser Befunde wird das Pferd auf etwa viereinhalb Jahre geschätzt, was sich mit den Angaben des Einstellungsbogens deckt.

 

 

3. Untersuchungsbefunde vom 31.Oktober 2000

 

 

3.1 Allgemeinbefunde

 

Die Pulsfrequenz beträgt 36 Schläge pro Minute, die Pulswellen sind regelmäßig und gleichmäßig.

Die Atemfrequenz beträgt 10 Atemzüge pro Minute. Der Atemtyp ist costoabdominal.

Die innere Körpertemperatur beträgt 38,3°C; die Temperatur der Körperoberfläche ist gleichmäßig verteilt und nimmt an Nasenrücken, Schweifwurzel und distaler Gliedmaßenregion ab.

 

 

3.2 Status praesens

 

 

3.2.1 Allgemeinverhalten:

 

Bei der Untersuchung in der Box am 31.Oktober verhält sich das Pferd ruhig und aufmerksam. Es steht aufrecht in der Box und kann alle vier Gliedmaßen belasten, entlastet aber zeitweilig das rechte Vorderbein. Der Appetit ist gut.

 

 

 

3.2.2 Kot-und Harnabsatz:

 

Während der Untersuchung setzt das Pferd einmal mittelbraunen, gut geformten Kot ab. In der Box sind ebenfalls gut geformte braune Kotballen sichtbar. Harnabsatz kann nicht beobachtet werden.

 

3.2.3 Schleimhäute:

 

Die Maulschleimhaut ist zum großen Teil schwarzgrau pigmentiert, ansonsten blaßrosa, feucht, glatt und glänzend. Die Augenbindehäute sind rosafarben, feucht und glänzend, im Bereich des dritten Augenlids sind auf der rechten Seite geringgradige Erhöhungen zu sehen. In den medialen Augenwinkeln befinden sich Tränenspuren.

Die kapilläre Füllungszeit liegt unter zwei Sekunden.

 

3.2.4 Lymphknoten:

 

Die Kehlgangslymphknoten sind im Durchmesser bis zu einen Zentimeter groß und erbsenförmig und weisen bei fester Konsistenz eine unregelmäßige Oberflächenstruktur auf. Sie sind druckunempfindlich, gegen die Haut verschieblich und der Körpertemperatur entsprechend warm. Außerdem ist der rechte Retropharyngeallymphknoten tastbar, der bis zu 0,5cm groß und fest ist.

 

3.2.5 Konstitution,Kondition und Pflegezustand:

 

Bei der Untersuchung fallen keinerlei konstitutionelle Mängel auf. Der konditionelle Zustand kann nicht beurteilt werden, da das Pferd Boxenruhe hat. Der Ernährungszustand ist als gut, der Pflegezustand ebenfalls als gut zu beurteilen.

 

3.2.6 Haut und Haarkleid:

 

Das Deckhaar ist abgesehen vom Bereich der oben beschriebenen Narbe an der gesamten Körperoberfläche glatt, glänzend, dicht und anliegend. Die Haut läßt sich problemlos vom Unterhautgewebe abheben, die dadurch gebildete Hautfalte verstreicht sofort.

 

 

3.3 Spezielle klinische Befunde

 

 

3.3.1 Herz-Kreislauf-System:

 

An der A. facialis ist der Puls gleichmäßig, regelmäßig und gut abgesetzt, die Arterie ist gut gefüllt. Die Jugularvenen sind beiderseits gut anstaubar und zeigen dabei negativen Venenpuls. Die Herzfrequenz liegt entsprechend der Pulsfrequenz bei 36 Schlägen in der Minute. Die Auskultation des Herzens zeigt unregelmäßig lange Überleitungen von Vorkammern zu Kammern mit zwischenzeitlichem Ausfall einer Kammerkontraktion; die Kammerkontraktionen sind ansonsten deutlich abgesetzt und von gleicher Intensität. Nach einem später stattfindenden Vortraben des Pferdes folgt auf jede Vorkammerkontraktion nach annähernd gleichmäßiger Dauer auch eine Kammerkontraktion

 

3.3.2 Bewegungsapparat:

 

Bei der Einstellungsuntersuchung am 13. Oktober 2000 geht der Wallach hochgradig lahm und belastet das rechte Vorderbein äußerst kurz, wobei er nur mit der Hufspitze auffußt. Das Röhrbein ist derb-phlegmonös und zeigt Schmerzhaftigkeit bei Berührung. Am rechten Vorderfuß zeigt sich hochgradige Pulsation. Das Fesselbein reagiert deutlich schmerzhaft auf Palpation. Am medialen Ballen zeigt sich eine Umfangsvermehrung. Eine Untersuchung mit der Hufzange ist wegen der Schmerzhaftigkeit nicht möglich. Die innere Körpertemperatur liegt dabei bei 39,5°C.

Eine Röntgenuntersuchung der Zehe vorne rechts zeigt im Bereich der medialen Eckstrebe eine aufgehellte Zone, die auf Eiter hindeuten kann.

In der Schmiede zeigt das Ausschneiden der Hufsohle, daß der gesamte Strahl unterminiert ist; es fließt eine gelbe, dickflüssig-rahmartige stinkende Flüssigkeit -Eiter - ab. Mediale Eckstrebe und Ballen sind vom Huf losgelöst.

 

3.3.3 Verlaufskontrolle und weitergehende Untersuchungen:

 

Das Pferd ist seit dem 13.Oktober 2000 in der Klinik eingestellt. Am  Abend des 13.Oktobers – nach erfolgter Behandlung - belastet der Wallach das rechte Vorderbein wieder und frißt gut.

 

Ab dem Mittag des folgenden Tages entlastet „x“ das rechte Vorderbein zusehends; der Verbandswechsel am 16.Oktober zeigt weiterhin ein verdickt-teigiges Röhrbein, die Strahllederhaut zeigt seröse Wundsekretion.

 

Eine Blutuntersuchung an diesem Tag ergibt folgendes:

 

Hämoglobin:                              8,5 g/dl       

Erythrozyten:                          4,93 x 1012/l   

Leukozyten:                           11,8 x 109/l     

Hämatokrit:                                 24%           

Eosinophile Granulozyten:           2%           

Stabkernige Granulozyten:         12%          

Segmentkernige Granulozyten:  54%          

Lymphozyten:                             27%          

Monozyten:                                   5%          

 

Da der Wallach das rechte Vorderbein auch weiterhin nicht gut belastet, wird am 18.Oktober in der Schmiede die mediale Strahlfurche nochmals nachgeschnitten, weil weiterhin Eiter unter dem Strahl vorliegt.

Der linke Vorderfuß zeigt geringfügige Pulsation, eine Thermographie ist geringgradig positiv.

 

Am 19.Oktober belastet das Pferd das rechte Vorderbein besser, ist munter und legt sich von Zeit zu Zeit hin.

 

Beim Verbandswechsel am 20.Oktober wird weiterhin eitrige Sekretion aus der medialen Strahlfurche festgestellt; bei der großflächigen Entfernung der nekrotischen Lederhaut werden zwei weitere tiefe Kanäle in Richtung des Kronsaumes bzw. des medialen Ballens eröffnet, wobei Eiter abfließt.

 

Am 23.Oktober belastet das Pferd gut, die Phlegmone ist deutlich zurückgegangen. Es besteht noch eine geringgradige Lederhautnekrose mit geringgradiger Sekretion.

 

Die Phlegmone vorne rechts hat sich am 25.Oktober weiterhin verbessert, im Schritt erfolgt gute Belastung der rechten Vorderhand. Der mediale Ballen ist noch immer geschwollen und schmerzhaft. Die Strahlfurche ist noch nicht trocken.

 

Am 03.November zeigt sich erstmals an den Strahlfurchen keine weitere Wundsekretion; die Sohle ist vollständig trocken.

 

Bei der Untersuchung am 06.November zeigen sich vorne rechts im unteren Drittel der Beugesehne massive Druckstellen, die durch den Verband verursacht worden sind. Ansonsten ist der Huf weiter in Heilung und trocken; das Pferd belastet das rechte Vorderbein gut.

 

Am 07.November belastet „x“ alle Gliedmaßen gleichmäßig und zeigt im Schritt und Trab keine Lahmheit. In der Schmiede werden erneut der Verband und die Keile des rechten und linken Vorderhufes zur Kontrolle abgenommen. Der Kleberand der Hufschuhe ist nicht mehr dicht und muß nachgeklebt werden. Ansonsten ist eine positive Heilungstendenz erkennbar, so daß der Wallach zur weiteren Behandlung nach Hause entlassen werden kann.

 

 

4. Diagnose

 

 

·        Pododermatitis infectiosa purulenta profunda

·        AV-Block zweiten Grades

 

 

5. Ätiologie

 

 

Eine infektiöse Pododermatitis kann durch eine Verletzung der Lederhaut und Schädigung des Hufhornes bewirkt werden, infolge dessen Erreger in die tieferen Anteile des Hufes eintreten können. Ursache für eine Zusammenhangstrennung des Hufhornes können unter anderem sein:

·        eingetretene Fremdkörper, wie z.B. Nägel, Glasscherben oder spitze Steine

·        Hornspalten

·        Tragrandbruch bei unbeschlagen laufenden Pferden

·        Vernagelung bei Aufbringen eines Hufeisens

·        Falsches Ausschneiden.

Fremdkörper treten am ehesten an den weichen Hornabschnitten der Sohle, wie beispielsweise den Strahlfurchen oder der weißen Linie, durch das Horn.

Welche Ursache im vorliegenden Fall ausschlaggebend war, läßt sich wegen der großflächigen Veränderungen der Sohle und der Huflederhaut nicht mehr ermitteln.

 

Abhängig von Tiefe und Lage der Verletzung und von der Pathogenität der Mikroorganismen kann sich die Verletzung bis in die Tiefe der Lederhaut erstrecken, wobei eine Pododermatitis superficialis auf die tieferen Schichten der Lederhaut übergreifen kann. Das infizierte, entzündliche Exsudat breitet sich über die ursprüngliche Gewebeschädigung hinaus aus, unterminiert Teile der Sohle und kann sich bei Tragrandnähe entlang der Hufwand ausbreiten und gegebenenfalls am Kronrand spontan nach außen durchbrechen, was aber eher selten vorkommt.

Dabei bleibt es nicht mehr bei einer Trennung zwischen Lederhaut und Hornkapsel; es werden Lederhautblättchen und –zöttchen ergriffen und durch den eitrigen Prozeß eingeschmolzen. Der dickflüssige Eiter kann Abszeßhöhlen bilden (Hufabszeß). Der eitrige Prozeß kann insbesondere bei Verletzung im Gebiet der Strahlspitze ballenwärts nicht nur in die Lederhaut, sondern auch ins Hufgelenk oder in die Podotrochlea einbrechen.

 

Je nach Tiefenausdehnung der Entzündung zeigt das Pferd Schmerzen und eine meist hochgradige Stützbeinlahmheit mit größtmöglicher Entlastung der betroffenen Gebiete, z.B. durch deutliche Hufspitzenfußung; weitere typische Zeichen eines Hufabszesses sind pochende Pulsation der Hauptmittelfußarterie, vermehrte Wärme des Hufes und ödematöse Vorgänge am betroffenen Mittelfuß. Durch die Schmerzen zeigt das Pferd deutliche Abwehrreaktionen; das Allgemeinbefinden ist deutlich gestört, die Körpertemperatur sowie Puls- und Atemfrequenz sind erhöht.

 

Der AV-Block zweiten Grades tritt bei Jungpferden im Trainingsbeginn häufig auf und kann als klinisch unbedeutend angesehen werden. In diesem Fall handelt es sich um eine Trainingsbradycardie, die bei einer Erhöhung des Vagotonus z.B. durch Belastung oder Aufregung verschwindet.

 

 

6. Differentialdiagnosen

 

 

·        Pododermatitis superficialis

·        Pododermatitis diffusa aseptica (Hufrehe)

·        Fractura phalangis distales

·        Fractura ossis sesamoideum distalis

·        Podotrochlose

 

 

7. Therapie

 

 

Zur Behandlung der hochgradigen Lahmheit wird das Pferd am 13.Oktober 2000 mit 2ml Sedivet und 20ml Polamivet sediert ; im Anschluß daran wird in der Schmiede mit dem Hufmesser die Hufsohle eröffnet, damit der Eiter abfließen kann. Der betroffene, nekrotische Bereich wird abgetragen. Zur Tetanusprophylaxe bekommt das Pferd 10ml Tetanusserum i.m.. 

 

Da das Pferd weiterhin die vier Gliedmaßen nicht gleichmäßig belastet, bekommt es nach dem ersten Verbandswechsel am 16. und 17.Oktober einen Angußverband vorne rechts mit 1% Braunol-Lösung, der die Wundheilung beschleunigt und leicht bakterizid, fungizid und virozid wirkt.

Damit das linke Vorderbein nicht durch die Gewichsverlagerung von rechts überlastet wird, erhält „x“ vorne links einen Stützverband.

 

Am 18.Oktober wird die mediale Strahlfurche nochmals nachgeschnitten, um weiterhin vorhandenen Eiter abzulassen; in die Strahlfurche werden Tupfer mit Jodoformäther gesteckt, der antiseptisch, granulationsfördernd und sekretionshemmend ist. Um die Sohle abzudecken und zu entlasten, wird ein Hufschuh mit Keil angeklebt, und auch vorne links erhält das Pferd Hufschuh und Keil, da durch die Gewichtsverlagerung hier Pulsation und Thermographie ebenfalls leicht positiv sind. An beiden Vorderbeinen erhält der Wallach Stützverbände, links wird zusätzlich  unter den Verband Dolobene aufgetragen. Von diesem Tag an bekommt er täglich 2x10ml MPAund 2x5ml Quadrisol gegen die Schmerzen.

 

Weil weiterhin Eiter aus der medialen Strahlfurche abfließt, wird am 20.Oktober nochmals die nekrotische Lederhaut großflächig entfernt, wobei zwei weitere tiefe Kanäle, die Richtung Kronsaum bzw. medialen Ballen ziehen, eröffnet werden und Eiter abfließt. Diese Kanäle werden mit Braunollösung gespült, in die Strahlfurchen und auf den Ballen wird Braunolsalbe aufgetragen. Anschließend wird ein neuer Verband angelegt.

 

Die Strahlfurchen werden nochmals am 02.November freigeschnitten und ein Verband mit Furacin in den Strahlfurchen und Lorbeersalbe auf der Sohle angelegt. Zusätzlich werden 2x12ml MPA verabreicht.

 

Bei der abschließenden Untersuchung am 07.November wird die Sohle nochmals gereinigt; in die Strahlfurchen wird Socatyl , auf die restliche Sohle Lorbeersalbe gebracht, dann werden die Keile (auch der linken Vordergliedmaße) wieder aufgeschraubt; der Hufschuh wird, um das Eindringen von Erregern zu verhindern, neu verklebt. Das Pferd erhält vorne rechts einen bis unter das Karpalgelenk reichenden Stützverband, unter den Tensolvet zur Vermeidung der Ödembildung aufgetragen wird.

 

Die weitere Behandlung wird die Haustierärztin zusammen mit dem zuständigen Schmied übernehmen. Treten keine Komplikationen auf, kann eine vollständige Heilung in ca. drei Monaten abgeschlossen sein.

 

Der AV-Block zweiten Grades bedarf bei diesem vierjährigen Pferd zunächst keiner Behandlung, sollte aber zukünftig beobachtet werden.

 

 

8. Prognose

 

 

Es kann davon ausgegangen werden, daß sämtliche Eiterherde eröffnet worden sind, der gesamte Eiter ablaufen konnte und alle nekrotischen Anteile der Huflederhaut entfernt wurden. Da das Pferd bei Entlassung lahmfrei ist und sich auf der Sohle bereits beginnende Granulation zeigt, kann bei korrekter Nachbehandlung durch die Haustierärztin bzw. den Schmied eine vollständige Wiederherstellung der Hufmechanik angenommen werden. Dennoch muß die Prognose für „x“ vorsichtig gestellt werden, da der Abszeß erst nach mehr als einer Woche nach Lahmheitsbeginn eröffnet wurde; es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Infektion bzw. bereits der eitrige Prozess in das Hufgelenk oder in die Hufrolle eingebrochen ist, was Unbrauchbarkeit bzw. Tötung des Pferdes zur Folge haben könnte. Da außerdem die Ursache für den Hufabszeß nicht geklärt werden konnte, kann ein erneutes Auftreten eines Hufabszesses vorkommen. Wird jedoch der Huf regelmäßig auf Fremdkörper kontrolliert, regelmäßig korrekt ausgeschnitten bzw. beschlagen und im Verdachtsfall sofort richtig behandelt, ergibt sich für den Wallach insgesamt eine gute Prognose für eine Nutzung als Reitpferd, solange es nicht zu den genannten Komplikationen kommt.

Der AV-Block hat keine prognostische Bedeutung.

 

 

9. Epikrise

 

 

Das Pferd „x“ wird am 13.Oktober 2000 mit einer bereits eine Woche bestehenden hochgradigen Lahmheit  vorne rechts und einer Vorbehandlung mit Angußverbänden, Antiphlogistika und Antibiotika durch die Haustierärztin in die Klinik für Pferde eingestellt.  Das rechte Vorderbein wird extrem kurz und nur an der Hufspitze belastet; das Röhrbein ist derb-phlegmonös und – wie auch das Fesselbein - deutlich schmerzhaft. Es ist eine hochgradige Pulsation wahrnehmbar. Am medialen Ballen der rechten Vordergliedmaße zeigt sich eine Umfangsvermehrung. Die Röntgenbilder weisen eine Aufhellung im Bereich der medialen Eckstrebe auf. Durch die Schmerzhaftigkeit kann eine Untersuchung mit der Hufzange nicht erfolgen. Zusätzlich hat das Pferd mit 39,5°C eine erhöhte Körpertemperatur.

In der Schmiede zeigt das Ausschneiden der Hufsohle, daß der gesamte Strahl eitrig unterminiert ist und mediale Eckstrebe und Ballen vom Huf losgelöst sind.

Eine Blutuntersuchung ergibt eine erhöhte Leukozytenzahl mit einer Linksverschiebung in der Reihe der neutrophilen Granulozyten, die mit der Störung des Allgemeinbefindens und der eitrigen Entzündung im Huf korreliert.  

 

Die Diagnose Pododermatitis infectiosa purulenta profunda kann gestellt werden, da die dickflüssig-cremige, gelbe Beschaffenheit des Eiters verbunden mit gestörtem Allgemeinbefinden, erhöhter Körpertemperatur, hochgradiger Lahmheit und klopfender Pulsation der Mittelfußarterie charakteristisch für einen Hufabszeß sind.

 

Differentialdiagnostisch können Frakturen von Huf- und Strahlbein röntgenologisch ausgeschlossen werden; bei einer oberflächlichen Huflederhautentzündung stellt sich der Eiter dünnflüssig und grau-schwarz dar, die Huflederhaut zeigt keine Nekrosen.  Bei Hufrehe stellt das betroffene Pferd die Vorderbeine weit vor sich, um die Sohle zu entlasten, setzt also die Hufspitze möglichst nicht auf.  Ein Pferd mit Podotrochlose lahmt meist auf beiden Vorderbeinen; bei Untersuchung mit der Hufuntersuchungszange oder bei Beklopfen zeigt das Pferd im allgemeinen keine oder nur geringgradige Schmerzhaftigkeit.

 

Als Therapie wird das gesamte unterminierte Horn abgetragen und so der Eiterherd vollständig freigelegt. Die nun freiliegende Lederhaut wird desinfizierend gespült und abgedeckt. Zur Entlastung der Sohle wird ein Hufschuh mit Keil zur Unterstützung der Eckstreben aufgeklebt; um eine gleichmäßige Belastung zu erreichen, wird auch unter den linken vorderen Huf  ein Hufschuh mit Keil geklebt; beidseitig werden Druckverbände angelegt. Gegen die fiebrige Allgemeinerkrankung werden Antibiotika verabreicht.

Am Entlassungstermin am 07.November zeigt das Pferd in Schritt und Trab keine Lahmheit mehr und belastet alle vier Beine gleichmäßig; die Wundflächen zeigen hellrote, trockene Granulation als Zeichen einer beginnenden Re-Epithelisierung und anschließender Verhornung.

 

Die unregelmäßigen, zum Teil ausfallenden Überleitungen von Herzvorkammern zu den Kammern deuten auf einen partiellen AV-Block (AV-Block zweiten Grades) hin.

Der AV-Block verschwindet bei Bewegung und kann somit für ein vierjähriges Pferd im Trainingsbeginn als Normalbefund gelten. Eine Abgrenzung von pathologischen AV-Blocks erfolgt durch Verschwinden der Symptome bei Belastung, was im Krankheitsfall nicht erfolgt. Für eine Trainigsbradycardie sprechen auch die verminderten Hämoglobin- und Hämatokritwerte und die erniedrigte Zahl an Erythrozyten. Klinisch hat dieser AV-Block keine Bedeutung.

 

Die Erkrankung des Pferdes „x“ wäre weit weniger schwer verlaufen, wenn die Haustierärztin sofort bei auftretender Lahmheit den Eiter abgelassen und die nekrotischen Bereiche abgetragen hätte.

 

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