Katze-06 - Lochiometra

 

Datum:           17.08.2001

Von:                 

 

Untersuchungsauftrag

Die einjährige Perserkatze „x“ wurde mit Wehenschwäche nach Geburt eines Welpen in der Nacht zum 10.08.2001 notfallmäßig in die  Kleintierabteilung der Gynäkologischen Tierklinik eingeliefert. Nach Röntgenaufnahme wurde eine Sectio caesarea conservativa durchgeführt. Beide noch im Uterus verbliebenen Welpen überlebten den Eingriff nicht. Nun soll der Zustand der Mutter und des überlebenden Welpen eine Woche post operationem beurteilt werden.

Nationale

Mutter

Tierart:                       Katze

Name:                        x

Rasse:                         Perser silver shaded

Geschlecht:                weiblich

Geburtsdatum:            16.04.2000

Tätoviernummer:        x

Gewicht:                      3,5 kg

Besitzer:                    x

 

        Welpe

Tierart:                       Katze

Name:                       Jules

Geschlecht:                männlich

Geburtsdatum:           09.08.2001

Rasse:                         Perser  silver shaded

Gewicht:                     100 g

 

 

 

Vorbericht

Allgemeine Angaben zu den Patienten

„x“ wurde in der Nacht zum Freitag, den 10.08.2001, in die Gynäkologische Kleintierklinik eingeliefert. Sie hatte bereits um 19.00 einen Welpen geboren. Danach stockte die Geburt, die Katze zeigte laut Besitzer keine Wehentätigkeit mehr, und das Allgemeinbefinden des Tieres verschlechterte sich zusehends.

„x“ ist seit etwa 10 Monaten im Besitz von x,

Die Katze wird in einer Zucht mit zwei weiteren Vollgeschwistern, ausschließlich in der Wohnung, gehalten. Sie wird mit frischem Fleisch, Trocken- und Dosenfutter gefüttert, es ist nichts über Vorerkrankungen bekannt. Die Katze ist zuletzt am 10. Januar 2001 gegen Katzenschnupfen, Katzenseuche und Leukose geimpft, sowie entwurmt worden.

 

Spezielle Angaben zu den Patienten

 

Die Katze wurde am 3. Juni durch einen Silver Shaded Perserkater aus der Zucht von Frau x gedeckt. Es ist die erste Trächtigkeit dieser Katze. Während der Trächtigkeit wurde die Katze zweimal vom Tierarzt untersucht, ohne das besondere Befunde zu erheben gewesen wären. Der Tierarzt untersuchte das Tier mit dem Ultraschallgerät und konnte das Vorhandensein mehrerer Früchte feststellen, ohne die genaue Anzahl angeben zu können.

Der errechnete Geburtstermin war erreicht. Die Geburt des ersten Welpen fand in einem vom Besitzer eingerichteten Wurfnest statt, der Geburtsvorgang konnte vom Besitzer genau beobachtet werden, er fand ohne Komplikationen statt. Der Welpe wurde in Vorderendlage ausgetrieben, er lebte und schien dem aber Besitzer etwas schwach und klein. Der Welpe wurde in der Klinik gewogen, er brachte 60 g auf die Waage, was für die Tierart/Rasse viel zu wenig ist.

Die Geburt geriet nach der Entwicklung des ersten Welpen ins stocken. Das Allgemeinbefinden der Katze verschlechterte sich rapide, so dass der Besitzer sich entschloss in die Klink zu fahren. Dort wurde eine Röntgenaufnahme gemacht, um die Lage und die Anzahl der noch verbleibenden Welpen einzuschätzen. Es waren zwei, keiner davon war in den Geburtsweg eingetreten. Eine Ultraschalluntersuchung ergab Lebenszeichen von einem Welpen.

Die behandelnde Tierärztin entschloss sich aufgrund des Röntgen- und Ultraschallbefundes, und des Zuchtwertes der Katze zu einer Sectio caesarea conservativa.  Die Katze wurde zur Operationsvorbereitung mit Levomethadon: Polamivet® 0,2ml/kg , 1mg Diazepam/Rompun® i.v. behandelt, die Narkose wurde mit Halothan (ca. 1,5%) und Lachgas, O2 durchgeführt. Die Welpen wurden durch einen Medianschnitt mit Uterusvorlagerung entwickelt, der Uterus wurde mit einer doppelten, fortlaufenden Lembert-Naht, die Wunde in drei Schichten verschlossen. ZurAntibiose wurde der Katze Amoxicillin 10mg/kg (1ml Clamoxyl ®/20 kg KGW) parenteral verabreicht, ein mal täglich bis fünf Tage post operationem, sie erhielt Oxytocin 0,5 IE über Infusion., sowie Rimadyl/Caprufen® als Analgesie. Leider starb der lebende Welpe während der Operation, der andere zeigte keinerlei Anzeichen von Verwesung. Beide Welpen wurden zur genaueren Untersuchung in das Institut für Pathologie gesandt. 

Die Katze erholte sich nach der Operation sehr langsam, der überlebende Welpe wurde von ihr zwar gesäugt aber nicht ausreichend versorgt, so dass er zusätzlich vom medizinischen Fachpersonal gepflegt werden musste.

Der Besitzer berichtete von Wehenschwäche und Geburtskomplikationen die vor einem Jahr bei einer Vollschwester aufgetreten sind.

 

 

 

Allgemeine Untersuchung

Katze

Das Tier ist eine Perserkatze mit dem für Geschlecht und Rasse entsprechendem Habitus.

Ernährungszustand: gut; Pflegezustand: mäßig.

Verhalten: aufmerksam und ruhig. Temperatur 39,3° C, Die Schleimhäute sind blaßrosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen.

Das Haarkleid entspricht der Rasse, es ist matt und leicht verfilzt.

Die Mandibularlymphknoten, die Cervicallymphknoten und der Kniekehllymphknoten sind ohne besonderen Befund.

Die Auskultation des Herzens ergab eine Frequenz von etwa 200 Schlägen pro Minute. Die Herzaktion ist regelmäßig. Aufgrund der Frequenz ist die Beurteilung etwaiger Herzgeräusche unmöglich.

Die Pulsfrequenz, palpiert an der Arteria femoralis, entspricht der des Herzens. Der Puls ist also beschleunigt. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet und mäßig gefüllt.

Bei der Adspektion ist eine beschleunigte, costoabdominale Atmung feststellbar, die Frequenz ist stark erhöht und wird mit etwa 200 Atemzüge pro Minute geschätzt, die genaue Anzahl der Atemzüge war aufgrund der Frequenz nicht feststellbar. Die Bewegung des Brustkorbes ist symmetrisch und die Ausatmungsluft strömt aus beiden Nasenlöchern gleichmäßig aus. Die Nasenöffnungen sind trocken und der Nasenspiegel fühlt sich kühl an.

Die Fresslust des Tieres ist leicht reduziert. Das Abdomen ist symmetrisch, die Bauchdecke weist im Bereich der OP-Wunde eine leicht erhöhte Spannung auf.

Der Bewegungsapparat des Tieres weist bei Adspektion und Palpation keine besonderen Auffälligkeiten auf.

 

Welpe

Das Neugeborene hat den dem Alter und der Rasse entsprechenden Habitus. Seine Augen und Ohren sind geschlossen.

Der Welpe hat einen ausgeprägten Saugreflex, wie beim Anlegen an die mütterliche Milchleiste festzustellen ist. Das Abdomen ist durch den Saugvorgang vergrößert, symmetrisch  und weich.

Das Tier ist für sein Alter viel zu leicht, er hat jetzt erst das übliche Geburtsgewicht (100g) erreicht.

Die Herzschlagzahl ist aufgrund der hohen Frequenz nicht feststellbar, der Puls ist zwar an der Arteria femoralis palpierbar, aber zu frequent um korrekt beurteilt zu werden.

Die Atmung ist regelmäßig und sehr schnell, also dem Alter entsprechend, Atmungstyp costoabdominal. Der Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig und symmetrisch. Die Atemluft strömt aus beiden Nasenlöchern.

Die Temperatur konnte aufgrund der Kleinheit des Tieres nicht rektal gemessen werden. Die Hautoberfläche fühlte sich jedoch warm an.

Das Tier wirkt matt, sein Verhalten ist zu ruhig.

 

Spezielle Untersuchung

A.     Op-Wunde

Bei der Adspektion ist festzustellen, dass die Wunde etwa  6cm lang ist. Sie ist trocken, ohne Sekretion, leicht gerötet und nicht geschwollen. Bei Palpation war, wie oben berichtet, eine leicht erhöhte Spannung der Bauchdecke festzustellen. Die Wunde scheint nicht sehr schmerzhaft, das Tier läßt eine Palpation zu, ohne sich zu wehren. Die Wunde ist nicht vermehrt warm. Nach der Untersuchung wurden die Fäden gezogen.

 

B. Äußeres Genital/Inneres Genital

Äußeres Genital

Adspektorisch ist wenig seröser Ausfluss zu bemerken, die Vulva ist blassrosa, nicht geschwollen, symmetrisch, es lassen sich keine farblichen Veränderungen oder Auflagerungen feststellen. Das äußere Genital ist nicht vermehrt warm und fühlt sich weich an.

Das innere Genital wurde nicht untersucht.

 

C. Milchleiste

Adspektion: drei vergrößerte Mammarkomplexe, zwei auf dem distalen Drittel der linken Milchleiste, einer auf der distalen Hälfte der rechten Milchleiste. Optisch sind keine besonderen Auffälligkeiten zu bemerken.

Palpation: Die Mammarkomplexe fühlen sich weich und elastisch an, sie sind nicht vermehrt warm. Der Milchfluß war durch Palpation auszulösen. Die Milch war weiß, es waren keine Flocken oder Beimengungen erkennbar.

 

  1. ULTRASCHALLUNTERSUCHUNG

entfiel

  1. PROBENNAHME

Die beiden tot geborenen Welpen wurden zur genaueren Untersuchung eingesandt. Die Ergebnisse stehen noch aus.

Von den beiden Patienten wurden keine Blut oder Kotproben genommen.

Ein Vaginalausstrich wurde nicht durchgeführt.

Diagnose:

Lochiometra

Die Wundheilung verläuft optimal.

Der Welpe ist in der Entwicklung zurückgeblieben und schwächlich. Die Mutter nimmt das Junge nicht an.

Differentialdiagnose

Entfällt

Ätiologie/Pathogenese

Sekundäre Wehenschwäche, wie sie sich hier zeigte, ist nur selten ein Problem bei ersten Trächtigkeiten der jungen Katze. Ursachen könnten sein: Rassedisposition, zu intensive Geburtsüberwachung durch den Besitzer, Konstitutionsschwäche, Tod des Welpen.

Prognose:

Mutter

Quo ad Vitam: günstig

Quo ad Fertilitatem: günstig bis vorsichtig

Welpe

Quo ad vitam: vorsichtig

Nachbehandlung:

Der Welpe muß, um überleben zu können,  weiterhin warm und in ausreichender Luftfeuchte  gehalten werden. Zur Unterstützung der Miktion und Defäkation muß die Analgegend mit in warmen Wasser angefeuchteten Tüchern gesäubert werden. Die Milchaufnahme und das Gewicht müssen ständig kontrolliert werden

 

Epikrise:

Sekundäre Wehenschwäche, wie sie sich hier dargestellt hat, kann, wie in diesem Fall sehr wahrscheinlich, durch den Tod eines oder mehrerer Welpen ausgelöst werden; deren Tod kann wiederum durch verschiedene Faktoren verursacht werden: hormonelle Störungen, Infektionen wie Feline Virale Rhinotracheitis, Panleukopenie, Feline Leukämie und Toxoplasmose. Hinweisend für abgestorbene Früchte können sein: erhöhte innere Körpertemperatur, im Geruch und Aussehen veränderte Geburtswässer, Spalding Zeichen (Röntgen):  dachziegelartige Überlagerung der Schädelknochen, schmaler Weichteilschatten, fehlender Nachweis des fetalen Herzens oder der Nabelgefäße im Ultraschall. Da bei Hund und Katze bei der Geburt die Welpen – wenn beide Hörner belegt sind -  aus dem rechten und linken Uterushorn jeweils abwechselnd ausgestoßen werden, kann es bei dem Tod einer Frucht, , zum Sistieren des Geburtsvorgangs kommen. Das Cortisol, das von der Frucht als Geburtssignal in der Nebenniere ausgeschüttet wird, bleibt aus. Es kann also nicht auf die Plazenta wirken, worauf Oestrogenbildung  ausbleibt, und es zum Abbruch der für die Geburt wichtigen Hormonkaskade kommt, die letztendlich zum fehlen von Prostaglandin- und Oxitocin-Ausschüttung führt. Diese Hormone sind unter anderem für Verstreichen der Zervix und Stimulierung der Muskeltätigkeit verantwortlich. Durch den Tod der Frucht fehlt auch das wichtige Signal der Dehnung des Myometriums. Um bakterielle oder virale Ursachen des Welpentods auszuschließen und sich genaue Klarheit über den Grund des Todes zu verschaffen,  werden die Früchte pathologisch untersucht. Wichtig ist dies vor allem im Hinblick auf eine erneute Belegung dieses wertvollen Zuchttieres.

Das Puerperium bei der Katze dauert nur wenige Tage, während derer es zur  Uterusinvolution und Abschwächung der Placentationsstellen im Endometrium kommt und die Schamschwellung langsam zurückgeht, es kann teilweise schon 1 bis 2 Tage post partum eine erneute Raunze beobachtet werden. Hier, in diesem Fall, stellt sich das Puerperium physiologisch dar.

Auffällig ist, das die Katze in diesem Fall ihren Welpen vernachlässigt. Er wird zwar gesäugt, es ist keine zusätzliche Fütterung notwendig, aber die lebensnotwendige Pflege bleibt aus. Der Grund hierfür ist nicht genau nachzuvollziehen. Er kann in allgemeiner Schwäche durch die Operation liegen, oder darin, dass es sich hier um die erste Trächtigkeit handelt, oder in der Stresssituation vor, während und nach der Geburt: Wechsel der gewohnten Umgebung, Schmerz, zu intensive Beobachtung der Geburt durch den Besitzer. Für ein Überleben des Welpen ist eine gründliche Überwachung der Futteraufnahme, der täglichen Gewichtszunahme und der Körpertemperatur essentiell, sowie Stimulierung der Miktion und Defäkation mittels feuchter, warmer Tücher bis zum 28 Lebenstag und Abstimmen der Umgebung: das Tier muss vor allem in den ersten Lebenstagen warm, also etwa bei 27 - 30°C, und zugfrei gehalten werden. Wichtig ist auch eine ausreichende Luftfeuchte – etwa 50%. Zusatzfutter kann ab der siebten bis achten Woche verabreicht werden. Komplikationen drohen durch Hypothermie, mangelnder Stimulierung der Defäkation und daraus resultierende Koprostase. Wenn ein Welpe auch ausschließlich per Hand gefüttert werden muss, droht bei nicht sachgemäßer Fütterung eine nichtinfektiöse Diarrhoe.

Die Katze ist ein Zuchttier, soll also wieder belegt werden. Durch die komplikationslose Wundheilung ist von der organischen Seite her die Prognose als günstig zu beurteilen. Es ist jedoch auch auf die Totgeburt und die Vernachlässigung des überlebenden Welpen hinzuweisen, die durchaus auch rassebedingte Ursachen haben können.

 

 

 

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