Krankheitsbericht
Signalement
Tierart: Hund
Rasse: Mischling (klein)
Geschlecht: männlich kastriert
Gewicht: 12 kg
Geburtsdatum: 11.10.19994
Rufname: x
Besitzer: x
Anamnese
Der Patient wurde am 21.11.2000 in der Klinik für Kleintiere vorgestellt, da er an diesem Tag einen Kreislaufzusammenbruch hatte. Der Besitzer berichtete, dass der Hund in letzter Zeit ruhiger war als sonst.
Der Hund wird in der Wohnung gehalten und mit Dosenfutter gefüttert. Zuletzt wurde er im März 1999 geimpft, er ist nicht entwurmt.
Das Tier wurde bereits am 29.10.2000 wegen der gleichen Symptomatik in der Klinik vorgestellt. Zusätzlich traten damals Atemnot und Erbrechen auf.
Der Hund wurde damals eingestellt, es wurden folgende Befunde erhoben: Anämie, Thrombozytopenie, Hypokaliämie, Leukozytose, geringgradig erhobener Blutzucker, erhöhte Leberwerte und erhöhter Gesamteiweißgehalt. Zusätzlich wurde ein Herzfehler festgestellt, eine Ultraschalluntersuchung ergab eine mittelgradige Aszites.
Ein Coombs-Test und eine Untersuchung auf Ehrlichiose, Babesiose und Thrombozyten-Antikörper wurden durchgeführt und fielen alle negativ aus.
Der Hund bekam damals Blut- und Plasmatransfusionen. Zusätzlich wurde eine Infusionstherapie mit Sterofundin eingeleitet. Das Erbrechen wurde mit Metoclopramid und Cimetidin behandelt. Außerdem wurden Furosemid zum Entwässern (wegen des Aszites) und Heparin (wegen einer Thrombophlebitis) verabreicht.
Das Tier wurde am 06.11.2000 ohne Medikamente entlassen.
Status praesens
Allgemeine Untersuchung
Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Der Hund ist aufmerksam und sehr lebhaft. Er befindet sich in einem guten Pflegezustand und ist adipös.
Die Körperoberflächentemperatur ist gleichmäßig verteilt und nimmt zu den Extremitäten hin ab.
Die Körperinnentemperatur beträgt 38,4°C
Die Pulsfrequenz beträgt 104/min, die Atemfrequenz 24 Atemzüge/min.
Die kapilläre Wiederfüllungszeit liegt unter 2 Sekunden, die äußeren Schleimhäute sind blass-rosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen.
Spezielle Untersuchung
Haut und Haarkleid
Das Haarkleid ist gleichmäßig dicht, geschlossen und anliegend.
Die Haut lässt sich leicht vom Unterhautgewebe abheben. Eine aufgezogene Hautfalte verstreicht zügig.
Schleimhäute
Die Maul- und Nasenschleimhäute sind blass-rosa, feucht, glatt und glänzend. Die Konjunktiven sind blass-rosa, mäßig feucht und glatt. Die Episkleralgefäße sind fein injiziert.
Lymphknoten
Die Lnn. cervicales und inguinales superficiales sind adspektorisch und palpatorisch unauffällig. Sie sind derb-elastisch, verschieblich, druckunempfindlich, symmetrisch zueinander und nicht vermehrt warm.
Zirkulationsapparat
Die Auskultation ergibt eine Herzfrequenz von 98 Schlägen/min. Die Herztöne sind von mäßiger Intensität, regelmäßig und gut voneinander abgesetzt.
Es ist ein systolisches Herzgeräusch dritten Grades zu hören. Am deutlichsten ist es auf der linken Seite im vierten Interkostalraum.
Die Pulsfrequenz beträgt 104 Schläge/min. Der Puls ist regelmäßig, gleichmäßig und kräftig.
Respirationsapparat
Bei einem costoabdominalem Atmungstyp hat der Hund eine Herzfrequenz von 24 Atemzügen/min. Die Atmung ist gleichmäßig und tief.
Die Auskultation der Lunge blieb ohne besondere Befunde.
Digestionsapparat
Bei der Adspektion der Maulhöhle fiel massiver Zahnstein auf. Zusätzlich hatte der Hund Gingivitis.
Die Palpation des Abdomens ergibt keine auffälligen Befunde
Der Kotabsatz ist ungestört, der Kot ist geformt, von fester Konsistenz und sein Geruch ist unauffällig.
Harn- und Geschlechtsapparat
Der Harnabsatz ist ungestört. Die äußeren Genitale sind unauffällig, der Hund ist kastriert.
Bewegungsapparat
Die Oberschenkelmuskulatur erscheint geringgradig atrophiert. Der Bewegungsablauf ist ungestört.
Weiterführende Untersuchungen
Blutuntersuchung
Hb 6,2
Ery 2,5
Hkt 15,7
Thrombozyten 40000
Blutzucker 122
Alkalische Phosphatase 263
Im Differentialblutbild ist der Anteil an Monozyten erhöht (13%)
Alle nicht aufgeführten Werte befinden sich im physiologischen Bereich.
Röntgenuntersuchung
Zur weiteren Untersuchung wurde der Thorax in zwei Ebenen geröngt. Die Lunge weist Verschattungen auf, die auf ein Lungenödem hindeuten. Das Herz ist vergrößert ( vier Interkostalräume breit). Ansonsten sind die Thoraxaufnahmen unauffällig.
Vom Abdomen wurde eine laterolaterale Aufnahme angefertigt. Das Bild erscheint leicht verwaschen. Das Darmkonvolut ist erkenn- und abgrenzbar und nur wenig gefüllt. Die Harnblase ist kein und mäßig gefüllt. Der Milzschatten ist undeutlich aber sichtbar. Die linke Niere ist deutlich sichtbar und zwei Wirbelkörper lang.
Ultraschalluntersuchung
Leber, Milz, Nieren und Blase sind unauffällig. Inguinal befindet sich eine Umfangsvermehrung von hodenähnlicher Struktur. Sie ist 1,5 x 2,5 cm groß.
Knochenmarkspunktion
Es sind nur wenig Megakaryozyten aber viele Plasmazellen zu finden. Die Anzahl an Proerythroblasten und Normoblasten ist erhöht. Die myeloische Reihe ist unauffällig.
Präputialausstrich
Es konnte kein Hinweis auf eine Östrogeneinfluss festgestellt werden
Zusätzliche Untersuchungen
Ein Coombs-Test und eine Untersuchung auf Babesiose, Ehrlichiose und Thrombozyten-Antikörper wurden wiederholt. Der Coombs-Test fiel diesmal positiv aus, die anderen Untersuchungen ergaben wieder negative Ergebnisse.
Diagnose
Der Hund hat eine autoimmunhämolytische Anämie.
Dafür spricht vor allem das positive Ergebnis des Antiglobulintests nach Coombs, mit dem sich ein an Erythrozyten gebundener Antikörper nachweisen lässt, welcher zur Herabsetzung der Lebensdauer der Erythrozyten bzw. zu deren Zerstörung führt. Dies führt dann zur Anämie.
Außerdem tritt bei einer autoimmunhämolytischen Anämie häufig auch eine Thrombozytopenie auf, wie es bei diesem Patienten der Fall war. Allgemein können auch die blassen Schleimhäute und der Kreislaufkollaps als deutliche Symptome einer Anämie gewertet werden.
Weitere Symptome einer hämolytischen Anämie, wie z.B. ein erhöhter Bilirubingehalt im Blut, Leukozytose und vergrößerte Lymphknoten sind in vorherigen Untersuchungen festgestellt worden, konnten zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht mehr beobachtet werden.
Ätiologie
Bei der autoimmunhämolytischen Anämie werden Antikörper gegen die eigenen Erythrozyten gebildet, wodurch es zur Hämolyse derselben kommt.
Man kennt bei dieser Krankheit zwei Verlaufsformen, eine idiopathische und eine symptomatische. Die letztere Form ist häufiger und steht meist im Zusammenhang mit lymphatischer oder myeloischer Leukose.
Eine genetische Prädisposition wird angenommen.
Differentialdiagnosen
Massive Blutverluste:
Anamnestisch ließen sich hierfür keine Anhaltspunkte finden.
Hämolysedurch:
a)Parasiten: Hier wurde auf Babesiose untersucht, das Testergebnis
war jedoch zwei Mal negativ.
b)Vergiftungen: Im Rahmen der Anamnese gab es keinen Hinweis auf
eine Aufnahme von giftigen Substanzen. Weitere
Vergiftungserscheinungen außer der Anämie konnten nicht gefunden
werden.
c)Infektionen: Hierbei treten meist noch Nierenfunktionsstörungen und
Fiebeer auf, beides konnte hier nicht beobachtet werden.
d)Milztumoren: Bei der Ultraschalluntersuchung der Milz konnten keine
Auffälligkeiten festgestellt werden.
Erythropoesesstörungen
a)primäre: Hierbei stoppt das Knochenmark selektiv die Bildung von
roten Blutkörperchen, während weitere Zellreihen nicht betroffen sind.
Bei der Knochenmarkspunktion wurde jedoch ein erhöhter Gehalt an
Proerythroblasten festgestellt. Zusätzlich waren hier auch mehrere
Zellreihen verändert.
b)sekundäre: Ursachen für eine sekundäre Erythropoesestörung wären
zum Beispiel Neoplasien, endokrine Störungen oder chronische
Nieren- und Lebererkrankungen. Aufgrund der Blutwerte und der
Ergebnisse der Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen wurde dies
als Ursache für die hier vorliegende Anämie jedoch ausgeschlossen.
Hämoglobinsynthesestörung:
Eisen- Kupfer- oder VitaminB-Mangel können zu Ursachen hierfür sein. Es kommt dann zu einer mikrozytären und hypochromen Anämie. In diesem Fall waren die Erythrozytenindices jedoch nicht verändert.
Aplastische Anämie
Hierbei ist ein azelluläres oder hypozelluläres Knochenmark auffällig, wodurch es zur Panzytopenie kommt. Ursache hierfür könnten Knochenmarksneoplasien, Knochenmarksentzündungen, Ehrlichiose und Hyperöstrogenismus sein.
Ein Nachweis von Ehrlichiose konnte hier allerdings nicht gelingen.
Hyperöstrogenismus beim Rüden kann durch Sertolizelltumoren verursacht werden, welche gehäuft bei Kryptorchiden auftreten. Da deswegen hier ein deutlicher Verdacht bestand, wurde der inguinale Hoden operativ entfernt. Ein nachfolgender Präputialausstrich zeigte jedoch keine Anzeichen eines Östrogeneinflusses.
Prognose
Die Prognose ist gut, da die Mehrheit eine Besserung ohne große Probleme zeigt. Die Mortalität beträgt 1-2%.
Therapie
Der Hund wird zunächst mit Kortikosteroiden in hoher Dosierung behandelt ( Prednisolon 2-4mg/kg 2x täglich p.o.). Zusätzlich wird die Diurese durch reichliche Flüssigkeitszufuhr und Gabe von Furosemid ( 1-2mg/kg 3x täglich) angeregt, um Nierenschädigungen zu vermeiden.
Wenn sich nach 10-14 Tagen eine Besserung einstellt, wird die Prednisolondosis verringert und die Gabe bis zum Ende der vierten Woche ausschleichend beendet.
Zeigt sich keine Besserung, sollte eine Therapie mit Immunsuppressiva begonnen werden (z.B. Ciclosporin 2,5mg/kg 2x täglich). Gleichzeitig sollte dann die Prednisolondosis auf die Hälfte bis ein Viertel verringert werden.
Bluttransfusionen sollten wenn möglich vermieden werden, sie sind erst bei einem Hämatokrit von unter 10% angezeigt.
Epikrise
Nach mehreren Untersuchungen wurde bei x eine autoimmunhämolytische Anämie diagnostiziert. Er hat auf die Therapie gut angesprochen und wurde wieder entlassen.
Es besteht trotzdem eine Rezidivgefahr, im allgemeinen sprechen diese Rückfälle auf eine erneute Behandlung jedoch gut an.