Schwein-06 - Hernia umbilicalis

 

Krankenbericht (Schwein) -Außendemo-

 

 

 

Signalement:

 

Bei dem Patienten handelt es sich um eine DL-Hybridzüchtung der Agrargenossenschaft Krahne,

weiblich, mit einem Gewicht von 40 kg. Das Alter geschätzt nach Gewichtszunahme ist demnach

ungefähr ¼ Jahr (12. -13.Woche).

 

Nutzung:

Läuferschwein.

 

Erworbene Kennzeichen:

Kupierter Schwanz, abgeschliffene bzw. abgekniffene Canini.

Ohrmarken:

            

rechts:        

 

 

links:    

 

Anamnese:

 

Läuferschwein der x

aufgefallen durch eine Umfangsvermehrung in der Nabelgegend.

Aufgestallt  in einer Einstreubox.

 

Status Praesens:

 

Adspektion:

Das Schwein ist lebhaft und neugierig (“Stiefelknabbern”), aufmerksam.

Es ist gut genährt und von unauffälligen Körperhaltung.

 

Die Rüsselscheibe ist feucht und ohne Ausfluß, Konjunktiven sind rot, Mundschleimhaut blaß rosa.

 

Auf der rechten Seite ist am Unterhals kurz vor dem Übergang vom Hals zur Schulter eine dunkle

5-Markstück große verschorfte Hautstelle zu sehen. Sonst sind Haut- und Haarkleid unauffällig.

 

Gesäuge, Vulva, After, Schwanz sind o. b. B.

 

Bewegungsapparat ist o. b. B.

 

Regelmäßige, tiefe Atmung, costoabdominal, mit einer Frequenz von 48 Atemzügen/min.

 

Auskultation:

Herzfrequenz von 120 Schlägen/min. Neben den physiologischen Herztönen keine Herzgeräusche festgestellt.

 

Atemgeräusche sind o. b. B.

 

Körpertemperatur:

Wurde erst nach der OP gemessen.

 

 

 

 

 

Palpation:

Bei der im Vorbericht angesprochenen Veränderung in der Nabelgegend handelt es sich um eine sackartige Vorwölbung.

Sie stellt sich als eine faust- bis kindskopfgroße, weiche Umfangsvermehrung dar.

Sie ist weder schmerzhaft noch in irgendeiner Form stärker erwärmt.

Bei leichtem Andehnen der Haut ist diese gegeneinander verschieblich.

Weiterhin sind  Darmschlingen palpatorisch erfaßbar und sowohl gegeneinander als auch gegen die Haut

verschieblich. In der Tiefe stellt sich eine zwei bis drei Finger weite, an den Rändern derb elastische Öffnung zur Bauchhöhle dar. Durch diese “Pforte” ist der Inhalt der Vorwölbung in die Bauchhöhle reponierbar.

 

Diagnose:

 

Das klinische Bild von gegeneinander verschieblichem äußeren (Haut) und inneren (Peritonaeum m. Darmschlingen) Bruchsack sowie die deutlich ertastbare Bruchpforte (Anulus fibrosus), durch die der Bruchsackinhalt vollständig reponiert werden kann, deutet auf einen “einfachen” Nabelbruch (Hernia umbilicalis) hin. (Vorkommen beidergeschlechtlich bei 0,1-0,2 % der Schweine)

 

Differentialdiagnose:

 

Vom “einfachen” Nabelbruch sind ein inkarzerierter, verwachsener (Peritonitis adhaesiva chronica) Nabelbruch, sowie ein Abszeß in der Nabelgegend, eine Harnansammlung im Präputialventrikel (beim Eber) und ein Haematom in diesem Bereich abzugrenzen.

Beim verwachsenen als auch beim inkarzerierten Nabelbruch läßt sich weder eine Bruchpforte ertasten noch läßt sich der Inhalt des inneren Bruchsackes reponieren. Zusätzlich zu einer palpatorisch erfaßbaren nur mäßig eindrückbaren Umfangsvermehrung im Bereich der vermutbaren Bruchpforte bei der Adhaesionsperitonitis treten bei der Inkarzeration Berührungsempfindlichkeit sowie akute Allgemeinstörungen auf (Inappetenz, Fieber, Kreislaufstörungen).

Abzesse in der Nabelgegend sind nicht reponierbar und in der Regel prall fluktuierend.

Eine Harnansammlung im Präputialdivertikel läßt sich unter Druck entleeren.

 

Prognose:

 

Die Prognose des Nabelbruches bei konservativer Behandlung hängt in der Regel von der Weite der Bruchpforte ab.

Während bei einfingerweiten Öffnungen oft eine Selbstheilung eintritt, kommt es bei mittelgroßen und großen, für mehrere Finger passierbaren Bruchpforten oft zu Komplikationen.

Bei den mittelgroßen Bruchpforten, bei denen Darmschlingen durch die Bruchpforte durchtreten,  kann es aufgrund Wachstums zu Inkarzerationen durch Größenzunahme des Darmes bei gleichbleibendem Bruchpfortendurchmesser kommen, und infolge dessen zur Stauung des Darminhaltes oder des venösen Blutabflusses. Dadurch kann binnen 24 Stunden durch ein Ödem und Nekrose des Darmes, Toxinresorption aus dem Darminhalt und Kreislaufkollaps der Tod eintreten.

Bei großen Bruchpforten besteht die Gefahr zur Ausweitung des Bruchsackes, wodurch dekubitusartige Hautläsionen und Verletzungen des Inhaltes durch Boxengenossen entstehen können.

Als weitere Komplikationen können in der Subcutis gelegene Nabelabszesse oder deren Narben  auf den inneren Bruchsack übergreifen und so zu einer Adhäsionsperitonitis führen. Neben Adhäsionsperitonitiden kommen auch bindegewebige Verdickungen des inneren Bruchsackes vor, und es wird von vereinzelt vorkommenden knöchernen Metaplasien im Bruchpfortenbereich berichtet.

Bei den chronisch verlaufenden Prozessen ist mit einer verminderten Mastleistung zu rechnen.

Aufgrund des dadurch entstehenden wirtschaftlichen Verlustes oder den  Kosten eines chirurgischen Eingriffes, der im weiteren Verlauf eine risikolose Mast gewährleisten soll, werden in der Regel männliche Schweine im Läuferalter geschlachtet (Spanferkel).

Bei weiblichen Schweinen kann eine Operation in Betracht gezogen werden. In Hinblick auf die vermutete erbliche Genese des Nabelbruches und die Erbgesundheit des Bestandes sollten diese Patienten sowie Eltern- und Geschwistertiere prophylaktisch von der Zucht ausgeschlossen werden.

 

 

 

 

 

 

Entscheidung:

-Therapievorschlag

 

Unsere Patientin wurde chirurgisch behandelt, um uns Studierenden die chirurgische Behandlungsweise näherzubringen, und so der Kosten- und Zeitaufwand einer solchen Operation wohl zu vernachlässigen ist.

 

 

Die Operation:

 

Zur Operationsvorbereitung sollte der Patient 24 Stunden vorher zur Entlastung der Bauchhöhle nüchtern gehalten werden.

Die Narkose erfolgt über eine Kombination von STRESNIL i.m. (Azaperon, Neuroleptikum aus der Reihe der Butyrophenone, Dosen über 2 mg/kg bewirken eine tiefe Sedation) und HYPNODIL i.p. (Metomidat, Hypnotikum).

 

Die Dosierung beträgt für Schweine unter 50 kg Körpergewicht:

 

STRESNIL    1 ml/20kg (   2mg/kg) intramuskulär oder intraperitoneal

HYPNODIL  4 ml/20kg ( 10mg/kg) intraperitoneal

 

Wirkung:

Sehr kurze Induktionsphase verläuft exzitationslos, Blutdruck kaum beeinträchtigt, Atmung bleibt ruhig und costal, ausgeprägte Bauchmuskelrelaxation.

 

Wirkungsdauer:

Das Toleranzstadium beginnt 4 Minuten nach der intraperitonealen Injektion und dauert ungefähr 30-40 Minuten. Die Tiere bleiben anschließend noch 1-2 Stunden liegen. Wirkungsverlängerung, wenn notwendig, durch Nachinjektion (alle 20 Minuten) von HYPNODIL allein, weil das anfänglich mitinjizierte STRESNIL für weitere 2 Stunden ausreichend sediert.

 

Die Patientin wurde an der Leiter auf dem Rücken liegend ausgebunden. Die Haut zwischen Kniefalten und Rippenbögen gereinigt und desinfiziert sowie mit einem sterilen Tuch abgedeckt

Die OP begann mit einem Hautschnitt mit einem Skalpell median. Die Haut wurde stumpf mit einer Schere abpräpariert und ein spindelförmiger Hautlappen abgesetzt. Ein sehr stark blutendes Gefäß wurde abgeklemmt.

Der innere Bruchsack mußte nicht mehr reponiert werden, er lag schon wieder in der Bauchhöhle. Die Bruchpforte stellte sich klar als dreifingerbreiter Ring dar.

Um das Rezidivrisiko zu minimieren, vernäht man die Bruchpforte, in deren Umgebung wegen geringer Durchblutung nur wenig Granulationsgewebe gebildet wird, mit nichtresorbierbaren Nahtmaterial (Vitacord). Die Bruchpforte wurde in diesem Fall unter Kontrolle, um ein Einnähen von Eingeweideteilen zu vermeiden, mit 4 Sultanschen Diagonalnähten geschlossen, und darüber wurde noch eine einfache durchgehende Muskelnaht gesetzt.

Die Wundränder der Haut wurde mit 7 vertikal rückläufigen Nähten nach Donati mit einem resorbieren Faden (Catgut), wodurch sich das Ziehen der Fäden erübrigt, geschlossen.

Eine Wundversorgung mit Antibiotika erfolgte nicht.

Das Schwein wurde in eine eingestreute Ruhebox gebracht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Epikrisis:

 

Temperatur- und Wundkontrolle:

 

Datum

 

 

Temperatur

Wunde

24.10.

 

39,7 °C

Starke Schwellung (von der Dicke einer Avocado), schmerzhaft, erwärmt, mit Kot beschmutzt.

Das Schwein ist sonst aber sehr lebhaft (spielt mit dem Stroh).

31.10.

 

39,2 °C

Schwellung unverändert, immer noch schmerzhaft.

Laut Anfrage aber nichts Beunruhigendes

14.11.

(Schwein wurde zuvor zum Schlachten gebracht)

 

Daher Annahme einer guten Wundheilung

 

 

---

 

 

---

 

 

Abschließend ist zu sagen, daß das Schwein, wenn es in diesem Mastbetrieb noch Verwendung gefunden hätte, nach dem Eingriff wohl eine bessere Mastleistung bzw. vielleicht als Zuchtsau eine bessere Wurfleistung gebracht hätte, und das Risiko einer Komplikation des Nabelbruches mit möglicher Todesfolge vermieden wurde.

Da aber in einem Ferkelerzeugungsbetrieb Kosten- und Zeitfaktor eine wesentliche Rolle spielen, wäre eine Operation nicht im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen anzusehen und hier eher die Mast zum Spanferkel angezeigt.

>