Schwein-13 - Polyarthritis purulenta

 

                                        Krankheitsbericht

 

 

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1.      Anamnese

 

Bewegungsstörungen bei Saugferkeln. Es handelt sich um ein Bestandsproblem.

 

2.      Signalement

 

2.1.

Ein ca 3,5 Wochen altes, ca 7 kg schweres, männliches, kastriertes Pietrainhybrid-Ferkel. Das Tier ist weiß mit schwarzen Flecken am gesamten Körper. Der Schwanz ist koupiert. Am rechten Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der Nummer X, am linken Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der Nummer X.

 

2.2.

Ein ca 3,5 Wochen altes, ca 6,5 kg schweres, weibliches Pietrainhybrid-Ferkel. Das Tier ist weiß mit schwarzen Flecken am ganzen Körper. Der Schwanz ist koupiert. Am rechten Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der Nummer X, am linken Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der Nummer X.

 

2.3.

Ein ca 3,5 Wochen altes, ca 5,5 kg schweres, weibliches Hybridschwein vom Edelrassetyp. Das Tier ist weiß. Am rechten Ohr befindet sich eine Ohrmarke mit der Nummer X, am linken Ohr ist eine Ohrmarke mit der Nummer X. Der Schwanz ist koupiert.

 

3.      Status praesens

 

3.1.Allgemeine Untersuchung

Die Ferkel 235 und 214 sind ansprechbar, aufmerksam und nehmen an der Umgebung teil. Ferkel 237 ist ebenfalls ansprechbar, aber etwas ruhiger.

Ferkel 235 ist stehfähig und belastet alle vier Gleidmaßen gleichmäßig. Ferkel 214 belastet das linke Vorderbein nicht richtig. Sie hebt das Bein an oder fußt im Bereich des Fesselgelenkes. Ferkel 237 ist nicht stehfähig und drängt in Richtung der Wärmelampe.

Der Pflegezustand ist bei allen gut. Der Enährungszustand ist mäßig bis gut.

Die Körperoberflächentemperatur ist gleichmäßig und nimmt zu den Extremitäten hin ab.

Die Atemfrequenzen liegen bei allen bei 20 Zügen pro min, die Herzfrequenz bei ca 80 pro min. Die Körpertemperatur von 214 beträgt 38,8°C.

 

 

 

 

 

 

3.2. spezielle Untersuchung

 

3.2.1. Haut und Haarkleid

Das Haarkleid aller drei Patienten ist geschlossen und anliegend. Die Haut ist an den unpigmentierten Stellen blaßrosa und hat einen normalen Turgor. Im Bereich der nasalen Augenwinkel befinden sich leichte Schmutzablagerungen.

237 hat an beiden Carpi, 214 am linken Carpus, Hautläsionen mit einem Durchmesser von ca 2 – 3 cm. Bei 214 befindet sich am linken Carpus eine Fistelöffnung, aus der Eiter kommt.

 

 

3.2.1. Schleimhäute

Die Schleimhäute der Mäuler sind rosa, glatt und glänzend. Die kapilläre Füllungszeit beträgt 2 Sekunden. Die Konjunktiven sind bei allen tiefrosa.

 

 

3.2.3. Herz-Kreislaufapparat

Die Herzfrequenz liegt bei allen bei 80 Schlägen pro min. Die Herztöne sind kräftig, gleichmäßig, regelmäßig und abgesetzt.

Die Episkelralgefäße sind haarfein gezeichnet.

 

 

3.2.4. Atmungsapparat

Die Rüsselscheiben sind feucht. Die Atemluft strömt gleichmäßig aus beiden Nüstern aller drei Ferkel.

Die Atmung ist bei ca 20 Zügen pro min regelmäßig und vom costoabdominalen Typ. Die Lungengeräusche sind auskultatorisch schwach zu hören.

 

 

3.2.5. Verdauungsapparat

Die Maulspalte ist bei allen vollständig geschlossen, die Bauchdeckenspannung normal. Bei allen sind die unteren Canini abgeschliffen. Der Appetit ist normal, bei 237 etwas mäßiger als bei den anderen beiden.

Der Analbereich ist bei allen drei etwas verschmiert. Alle setzen dunkelbraunen, geformten Kot ab.

 

 

3.2.6. Harn- und Geschlechtsapparat

235 setzt normal Harn von gelblich durchsichtiger Farbe ab. Bei den anderen Ferkeln wurde ein Harnabsatz nicht beobachtet.

Die Vulvae beider Sauen sind geschlossen und stehen senkrecht. Bei 235 kann man cranial des Präputiums in Nabelbereich einen festen, ca. strohhalmstarken Strang palpieren. Der Strang zieht in die Tiefe.

 

 

3.2.7. Bewegungsapparat

235 belastet alle Gliedmaßen gleichmäßig und läuft in der Bucht herum. 214 belastet das linke Vorderbein teils gar nicht, teils fußt sie auf dem Fesselgelenk. Sie läuft trotzdem in der Bucht herum. 237 kann nicht von alleine aufstehen. Stellt man das Ferkel auf die Beine, kann es sich nur kurz halten und fällt dann hin. Sie bewegt sich langsam robbend vorwärts und liegt mit unter den Bauch gezogenen Hintergliedmaßen.

Bei 235 ist das linken Carpus verdickt. Bei 214 findet sich man linken Carpus eine fast apfelgroße Umfangsvermehrung. In diesem Bereich befinden sich Hautläsionen. Lateral ist ein Fistelkanal aus dem Eiter austritt. Bei 237 sind im Bereich beider Carpi Umfangsvermehrungen und Hautläsionen. Links ist sie etwa walnußgroß, rechts etwas kleiner. Das linke Schultergelenk ist geschwollen, ebenso beide Tarsi und das rechte Knie.

Alle Umfangsvermehrungen sind bei Palpation prall und derb. Sie sind nicht vermehrt warm. Es besteht eine leichte Schmerzhaftigkeit.

 

 

 

3.2.8. zentrales Nervensystem und Sinnesorgane

235 und 214 sind aufmerksam und neugierig. Sie schnüffeln, knabbern und wühlen im Stroh. 237 ist ruhiger, aber ansprechbar und aufmerksam. Alle suchen Sozialkontakt.

 

 

4.      zusätzliche Untersuchungen

 

4.1.

 

4.2.Untersuchung des Blutes

am 19.01.01 von Ferkel 214

 

Erythrocyten           7,85 T/l

Hämoglobin           134 g/l

Hämatokrit             o,4 l/l

Leukocyten           19,9 G/l

MCH                       17,07 pg

MCHC                    335 g/l

Lymphocyten        9,55 G7l

Monocyten                                         0,6 G7l

Segmentkernige Granulocyten       9,15 G/l

Stabkernige Granulocyten               0,6 G/l

 

 

4.2. bakteriologische Untersuchung

Am 19.01.01 wurde bei Ferkel 237 ein Gelenkspunktat bzw. Synovia zur bakteriologische Untersuchung entnommen und eingeschickt.

Es werden hochgradig Keime der Spezies Staphylokokkus epidermidis-Gruppe und geringgradig E. coli (ß-hämolysierend) nachgewiesen.

Das Antibiogramm zeigt eine hohe Sensitivität für Penicillin und Enrofloxacin.

 

 

5.      Zusammenfassung der krankhaften Befunde

 

Bei allen drei Ferkeln liegen derbe Umfangsvermehrungen an mindestens einem Gelenk vor. 214 belastet das linke Vorderbein nicht richtig, 237 ist nicht stehfähig. Bei 235 kann man in der Nabelgegend eine strohhalmstarken Strang, der in die Tiefe zieht, ertasten.

Die bakteriologische Untersuchung zeigt das Vorhandensein von Staphylokokkus epidermidis. Die Blutuntersuchung ist bis auf einen leicht erhöhten Hämoglobingehalt unauffällig.

 

 

6.      Diagnose

 

Es liegt eine Polyarthritis purulenta vor. Es wurde Staphylokokkus epidermidis nachgewiesen. An den Umfangsvermehrungen kam es bereits zum Dekubitus. Da sich die Abzeße der Gelenke derb und kalt anfühlen, sind schon Organisationsprozeße und möglicherweise Umbauvorgänge am Gelenk im Gange.

Der bei 235 palpierte Strang in der Nabelgend deutet auf eine Nabelentzündung hin.

 

 

7.      Differentialdiagnosen

 

7.1.

Morbus Glässer

Bei Morbus Glässer handelt es sich um eine Polyserositis – und arthritis hervorgerufen vorallem durch Hämophilus parasuis. Es kommt zu hohem Fieber bis 42 °C. Die Krankheit verläuft akut.

 

 

7.2.

Mykoplasmen-Polyserositis

Eine serofibrinöse oder fibrinopurulente Serositis mit Exsudation in die großen Körperhöhlen. Die Synovialis ist deutlich verändert. Es kommt zu einer geringradigen wiederkehrenden Temperaturerhöhung. Die Krankheit nimmt einen milderen chronischen Verlauf. Der Erreger ist Mykoplasma hyorhinis polyserositis.

 

8.      Prognose

 

Die Prognosis quad vitam ist bei X und X als günstig, bei X als eher ungünstig zu bewerten.

Die ökonomische Prognose ist mäßig. Die Tiere können nach Ausheilung der Krankheit ausgemästet werden. Durch die chronischen Gelenksveränderungen und durch die schlechten Gewichtszunahmen in der Krankheit, können aber sich nicht die optimalen Schlachtgewichte erreicht werden.

 

9.      Therapie

 

Zunächst muß über mehrer Tage hinweg mit einem Antibiotikum behandlet werden. Laut dem Antibiogramm sind Penicillin oder Enrofloxacin zu nutzen. Bei der ersten Applikation sollte der gesamte Wurf behandelt werden, danach nur noch die kranken Tiere.

Da die Polyarthriden sehr schmerzhaft sind, sollte zusätzlich ein entzündungshemmendes und schmerzstillendes Medikament, z.B. Flunixin verabreicht werden. Das Allgemeinbefinden wird dadurch verbessert und die Tiere nehmen mehr Futter auf.

 

10.  Prophylaxe

 

Staphylokokken kommen physiologischer Weise in geringen Mengen auf den Schleimhäuten und Haut gesunder Tiere vor. Durch Streßfaktoren wie Kälte oder Umstallungen kann es, besonders bei Kümmerern, zu einer endogenen Infektion kommen.

Wundinfektionen nach zootechischen Maßnahmen wie dem Koupieren der Schwänze, dem Kastrieren oder dem Zähneabschleifen kommen vor. Diese Maßnahmen sollten also möglichst unter sterilen Bedingungen ablaufen.

Es kann auch nach Verletzungen an defekter oder nicht zweckmäßiger Stalleinrichtung zur Wundinfektion kommen.

Wichtig sind also eine geringe Verletzungsgefahr und die Hygiene sowohl während zootechnischer Maßnahmen als auch im Stall selbst.

Um Infektionsketten zu unterbrechen, sollte das Rein-Raus-Prinzip mit gründlicher Desinfektion der Stallungen praktiziert werden. Dies beugt auch den Puerperalerkrankungen der Sauen vor, die wiederum kräftigere und gesündere Ferkel aufziehen können. Desweiteren ist auf ein gutes Stallklima und dort besonders auf eine optimale Temperatur zuachten.

 

11.  Epikrise

 

Die drei Patienten wurden mit Bewegungsstörungen in der Klinik vorgestellt. Es handelt sich um ein Bestandsproblem. Es konnte eine eitrige Polyarthritis festgestellt werden. Die bakteriologische Untersuchung weist Staphylokokkus epidermidis als Erreger nach. Das Antibiogramm zeigt Senibilität für Penicillin und Enrofloxacin. Bei der Palpation kann man feststellen, dass sich die Krankheitsprozeße bereits in Organisation befinden, bleibende Gelenkschäden sind sehr wahrscheinlich. Um die Tiere noch ausmästen zu können, sollte eine Antibiotika- und Analgetikatherapie erfolgen. Die Schlachtgewichte werden aber nicht mehr optimal sein.

Da es sich hier um ein Bestandsproblem handelt, sollten die unter 10. angeführten Prophylaxemaßnahmen angewandt werden.

 

 

 

 

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