Klinik- Nr.: Ma.Nr. x
Patient: Fachsemester: 7
Ausgabetag:18.05.2000
Tierarzt:
Krankheitsbericht
1. Anamnese:Einweisung am 02.05.00 wegen chronischer Hautveränderungen;
zunehmend schlechter Ernährungszustand;
NK-Anämie.
2. Signalement: Name:
Besitzer:
Rasse: Friese
Alter: 7 Jahre
Genus: Stute
Farbe: Rappe
Kennzeichen: - erworbene: keine
- angeborene: keine
3. Status praesens: 1. Untersuchung vom 18.05.00
Habitus:
- Das Tier ist aufmerksam, ruhig
- Pflegezustand ist gut
- Ernährungszustand ist mäßig
- Körperhaltung: gleichmäßige Belastung aller Gliedmaßen, steht mit geradem Rücken, Ohrenspiel und Kopfhaltung sind unauffällig.
Allgemeinbefund:
Puls : ( palpiert an A. facialis)
Freq. 36/Min
Rektale Temperatur: 37,6°c
Atmung: Freq. 8/ min
Haut und Haarkleid:
Fell: dicht, glatt, glänzend. Es fallen über den gesamten Körper verteilte Areale mit noch längeren Haaren auf, welche noch dem Winterfell zuzurechnen sind und sich im Wechsel befinden.
Haut: Hautelastizität ist gut. Oberflächentemperatur unauffällig, vermehrte Bildung kleiner Schuppen. Auffallend sind Effloreszenzen am Brust- und Halsbereich sowie am linken medianen Schenkelbereich. Die betroffenen Stellen sind weitgehend haarlos.
Hufe: Die Hufe sind in einem sehr guten Zustand
spezielle dermatologische Untersuchung:
Adspektion der Effloreszenzen
Lokalisation | Größe | Form |
linker Brustbereich | ca. 2 cm | quer oval |
medianer Brustbereich | ca. 1,5 cm | Rundlich (Biopsiestelle, geklammert) |
Halsansatz rechtsseitig | ca. 0,5 cm | rundlich |
Hals, cranial, mittlere Höhe | ca. 3 cm | rund |
Schulter re., Höhe Buggelenk | ca. 1,5 cm | längsoval |
Innenschenkel hi. Li., median | ca. 0.5 cm | rund |
Alle angeführten Stellen sind weitgehend haarlos; von der Umgebung deutlich, aber nicht entzündlich abgegrenzt, von den Rändern her bereits einsetzende Wiederbehaarung. Hypo- sowie hyperpigmentierte Areale wechselnd. Schwellungen oder erhöhte Temperatur wurden nicht festgestellt. Es bestehen weder Schmerzhaftigkeit noch Juckreiz. Von der Oberfläche sind kleine Bereiche ( Hyperkeratosen) leicht abzulösen.
Besondere Untersuchungen
es sind bereits vorgenommen worden: - Hautgeschabsel
- Biopsie ( Stanzbiopsie)
Schleimhäute
Auge Maul, Nase blaß, rosa, glänzend. Ohne Ausflüsse, jeweilige Umgebung unauffällig.
AnalSH: blaß, rosa, glänzend, Perinealgegend leicht verschmutzt
Vulva: blaß, rosa, glänzend, Schamschluß gegeben.
Lymphonodi
L. retropharyngealis rechts gelappt, etwa 10 cm groß, links nicht aufgefunden.
Herz/Kreislauf
Puls: Freq. 36/Min, regelmäßig, gleichmäßig, schwach, Gefäß ist mäßig gefüllt und gespannt.
Kein Venenpuls
Herz: Palpation Herzstoß links deutlich, rechts schwach
Auskultation Freq. 32/ min.
Stärke mäßig
Rhytm. regelmäßig
Abgesetztheit gut
Geräusche keine
Atmung
Freq. 8/ min, regelmäßig, ruhig, (costo-)abdominaler Typ.
Odor geruchlos.
Adspektion Nüstern, Trachea, Lunge unauffällig
Palpation Larynx, Trachea unauffällig
Perkussion Lunge Lungenfeld beiderseits caudal begrenzt 16-12-6
Auskultation Lunge Beiderseits keine Nebengeräusche festgestellt
Verdauungstrakt
Appetit offensichtlich vorhanden, Kauen und Abschlucken ohne Probleme
Kot von faseriger Struktur, recht dunkel ( Humusfarben).
Rechtsseitig leichter abdominaler Palpationsschmerz (? - nicht ganz eindeutig)
Urogenitale
Vulva s.o.
Harnabsatz unauffällig
Bewegungsapparat
Adspektion in Ruhe: unauffällig; gleichmäßige Belastung aller Gliedmaßen, sicherer Stand
in Bewegung: keine Beeinträchtigungen /Lahmheiten festgestellt
Palpation Gliedmaßen unauffällig
4. Diagnose:
Kontaktdermatitis ( Allergie vom Typ IV). Da ein auslösendes Agens nicht erkannt ist, muß es bei einer Verdachtsdiagnose per Ausschluß der Differentialdiagnosen bleiben.
Zur Begründung:
Für eine Kontaktdermatitis sprechen bei gegebener Symptomatik und Biopsiebefund die Uniformität der Effloreszenzen, der fehlende Pruritus. Bei den Hautveränderungen handelt es sich um sekundäre Effloreszenzen ( squamae et crustae). Histologisch sind als Resultate der Biopsie an der Epidermis eine frequente Akanthosierung, Akantholyse, sowie Lichenifikation festgestellt worden. Das Auftreten von Entzündungszellen ( Mastzellen, Makrophagen, Lymphocyten) ist auf die obere Hautschichten begrenzt.
Der Kontakt mit Sattelzeug als Ursache ist unwahrscheinlich, dagegen spricht die mediane Lokalisation der Effloreszenz an der linken Hintergliedmaße.
Der Verzögerte Wechsel des Winterfelles ist möglicher Weise in Zusammenhang mit dem mäßigen Ernährungszustand des Tieres zu sehen.
5. Ätiologie:
Bei der Kontaktdermatitis handelt es sich um eine Reizung der Haut ohne immunogene Komponente durch direkte, oft chemisch-toxische Wirkung. Mit zeitlicher Verzögerung tritt eine T-Zell-induzierte Immunantwort auf.
Es resultieren lokaler Haarausfall, einhergehend mit zunächst Erythem bis zu vesikulärer Dermatitis, später Crustae. Ein Pruritus kann auftreten. Das auslösende Agens ist nicht immer erkenntlich.
6. Differentialdiagnose:
Ursachen einer Alopezie sind oftmals auch alimentärer Natur. V.a. die Verfütterung von Kartoffeln, Rüben, Rohrzucker und Luzerne kann zu chronischen Verdauungs- und Stoffwechselstörungen führen, in deren folge sekundäre Erkrankungen mit Haarausfall einhergehen.
Im Rahmen der vorgefundenen Symptomatik ist infektiös an Dermatomykosen zu denken (Trichphytie, Mikrosporie). Hier erfolgte ein Ausschluß durch Untersuchung des Hautgeschabsels.
Parasitär käme Onchozerkose in Betracht. Der Ausschluß ist durch den Biopsiebefund erfolgt.
Immunologisch erscheinen 2 Varianten möglich:
- Pemphigus folliaceus ( Allergie Typ II). Dagegen sprechen die Labordaten. Es liegen keine Informationen über eine ( in solchem Falle zu erwartende ) Leukozytose und g-Globulinhyperämie vor. Die Lokalisation der Effloreszenzen entspricht ebenfalls nicht dem dafür typischen Bild.
- induziertes Exanthem aufgrund einer Futtermittelallergie (Urticaria, TypI- Reaktion)). Ausschluß : ebenfalls anhand der Labordaten.
Multifaktoriell :Mauke. Ausschlußkriterium ist primär die Lokalisation der Effloreszenzen (nicht Fesselbeuge).
7. Therapie:
Ziel einer Therapie muß sein die Elimination des auslösenden Agens. Da dieses nicht bekannt ist bleiben nur die lokalsymptomatische Behandlung sowie prophyllaktische Futtereinstellung und Aufstallung.
Lokal: Waschungen mit milder Seifenlösung zur Faktorenelimination (ph 5, nicht desinfizierend), additiv mit Salicilöl (2%) zur Keratolyse.
Der Einsatz von Glucocorticosteroiden ist bei nicht- generalisierten Dermatosen nicht notwendig.
Zur Beschleunigung wäre zusätzliche Behandlung mit Salben möglich.
Fütterung: frischer Hafer, Gerste, nur Langheu. Substituierend kann Vit. A,B,E sowie Ca+-mineralergänzungsfutter gegeben werden.
Einstreu: Altspan.
Bei Verdacht auf bestimmtes Allergen sollte ein Provokationstest in Betracht gezogen werden.
8. Prognose:
Die Prognose ist durchaus günstig; die lokale Therapie zeigt bereits Erfolge ( einsetzende Wiederbehaarung von den Rändern her). Generell ist eine Alopezie nach Ausschalten der Ursache als reversibel anzusehen, gleiches gilt für die Kontaktallergie an sich.
9. Epikrise:
Eine sinnvolle Nachuntersuchung des Pferdes zur Beurteilung des Heilunggeschehens war leider nicht mehr möglich. Entgegen den Ankündigungen der Klinik wurde das Tier bereits am 20.05.00, also nur 1,5 Tage nach o.g. Erstuntersuchung, entlassen.
In Bezug auf die Effloreszenzen bleibt daher zunächst die genannte Prognose bestehen. Generell ist aber mit erneutem Auftreten der Symptomatik zu rechnen, sofern das ursächliche Moment nicht ausfindig gemacht werden kann.
Der Ernährungszustand des Tieres sollte nach erfolgter Futterumstellung und Beseitigung der Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch die Hautveränderungen besser werden; der Wechsel zum Sommerfell wird dann vollständig stattfinden.
Die Kotfarbe sowie der (nicht ganz sicher befundete) abdominale Palpationsschmerz können allerdings auf eine bestehende gastrointestinale Störung hinweisen.
x, den 07.06.2000