Rind-04 - Dislocatio abomasi ad sinistram

Krankenbericht

 

Vorbericht, Anamnesis:

Das Tier kalbte am 05.01.98, es handelte sich um eine Schwergeburt.

Die Milchleistung ist gering, die Kuh ist seit der Kalbung inappetent.

Der Kot ist dünnbreiig. Das Tier hat eitrigen Scheidenausfluß und setzt häufig

Harn ab.

 

Kennzeichen, Signalement:

Es handelt sich um eine schwarzbunte Milchkuh.

Abzeichen: Das Tier trägt am Flotzmaul eine Schnippe und auf der Stirn einen

zweihandbreiten Keilstern. Es sind zwei Kehlflecken vorhanden, die etwa fingerbreit

und einen halben Finger lang sind.

Die Schulterbinde ist über dem Widerrist eineinhalb Hände breit. Sie ist links auf Höhe

der Schulter unterbrochen. Rechts verjüngt sie sich zum Ellbogen hin auf etwa zwei

Zentimeter Breite und ist an dieser Stelle auch unterbrochen.

Weiterhin trägt die Kuh einen Beckenfleck zwischen Wirbelsäule und linkem Hüfthöcker.

Unterbrust, Unterbauch und Beine sind weiß.

Das Tier ist enthornt.

Die Ohrmarke trägt die Nummer x.

Das Alter der Kuh ist 5 Jahre, denn die Incisivi sind alle gewechselt und an der Zungenfläche

zu einem Viertel in Reibung.

Die Widerristhöhe beträgt ungefähr 150cm, das Gewicht etwa 450 kg.

 

 

Klinische Untersuchung, Status praesens:

 

Allgemeine Untersuchung:

Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.

Es ist aufmerksam und ist an seiner Umgebung interessiert, sein Verhalten ist sehr ruhig.

Der Körperbau ist eher leicht.

Die Kuh erscheint durch eine Abstufung der Wirbelsäule vor dem Becken etwas überbaut.

Der Ernährungszustand ist mittelgut bis mäßig.

Der Pflegezustand ist mittelgut. Die beiden hinteren Klauen tragen Verbände.

Die Körperinnentemperatur -rektal gemessen- beträgt 38.5°C, die Körperoberfläche ist

gleichmäßig warm.

 

Das Allgemeinbefinden ist geringgradig gestört.

 

Spezielle Untersuchungen:

 

Haarkleid und Haut:

Das Haarkeid ist stumpf. Die linke Körperseite ist rechteckig ausrasiert.

 

Die Rasur ist kranial vom Kaudalrand des Ankonäenwulstes und der Schulter,

kaudal von Hüfthöcker und Kniegelenk begrenzt.

 

Auf der rechten Seite ist ebenfalls eine rechteckige Fläche ausrasiert. Sie beginnt

kaudal des Rippenbogens und reicht kaudal bis Hüfthöcker und Kniegelenk.

Weiter befinden sich eine zweimarkstückgroße haarlose Stelle am Schwanzansatz, je

ein fünfmarkstückgroßer haarloser Bezirk kaudal an den hinteren Fesseln.

Die Haut ist elastisch, eine im Bereich des Rippenbogens aufgezogene Falte verstreicht

zügig.

 

Schleimhäute:

Die Maulschleimhaut ist größtenteils pigmentiert. An den unpigmentierten Stellen ist sie,

ebenso wie die Schleimhäute von Auge und Nase hellrosa, feucht, glatt und glänzend.

Die kapilläre Füllungszeit liegt unter einer Sekunde.

 

Lymphknoten:

Die tastbaren Lymph knoten sind alle verschieblich, haben eine glatte Oberfläche, sind

prallelastisch und nicht schmerzhaft.

Der Buglymphknoten ist etwa fingerlang und fingerdick. Der Kniefaltenlymphknoten ist

zweifingerbreit, einen Finger lang und flach.

Die Kaudalrand des rechten Euterlymphknotens ist gerade noch zu ertasten.

Der linke Darmbeinlymphknoten ist etwa walnußgroß.

Die Aortenlymphknoten sind ungefähr haselnußgroß.

 

Kreislaufapparat:

Der Herzstoß ist kaum sichtbar aber gut fühlbar.

Das Herzdämpfungsfeld ist links etwa handtellergroß.

Die Herzfrequenz beträgt 52 Schläge pro Minute. Die Herztöne sind gut abgrenzbar,

regelmäßig und mittelkräftig. Es sind keine Herzgeräusche wahrnehmbar.

 

Die Pulsfrequenz ist 52/ min. Er ist regelmäßig, gleichmäßig und mittelkräftig.

Die Arteria facialis zeigt mittlere Füllung und Wandspannung.

 

Die Episkleralgefäße sind mittelgradig gefüllt und deutlich konturiert.

Die kapilläre Füllungszeit liegt bei einer Sekunde.

Die Venae jugulares sind bei Adspektion nicht sichtbar.Sie sind anstaubar und laufen

bei Anstauung herzwärts leer.

 

 

Atmungsapparat:

Die Atemfrequenz beträgt 20 Atemzüge pro Minute. DerAtmungstyp ist costoabdominal.

Die Atmung ist regelmäßig, gleichmäßig und mittelkräftig.

 

Die Luft strömt aus beiden Nasenlöchern gleichmäßig und hat keinen auffälligen Geruch.

Das Tier hat einen leichten serösen Nasenausfluß.

Das Flotzmaul ist kühl und feucht.

Die oberen Atemwege (Kehlkopf und Trachea) sind bei Adspektion und Palpation

symmetrisch.

Über der Trachea ist ein leises laryngotracheales Geräusch zu hören.

 

Der Brustkorb ist symmetrisch.

 

Das thorakale Lungenperkussionsfeld beginnt  auf beiden Seiten dorsal unter der

Rückenmuskulatur, kranial hinter Schulterblatt und Ankonäenwulst.

Die kaudale Grenze verläuft dorsal vom vorletzten Intercostalraum im leichten Bogen

über die Mitte der 9. Rippe und endet zwei Fingerbreiten oberhalb des Ellbogens.

In der ventrale Ecke des Lungenfeldes befindet sich das handtellergroße Areal der

relativen Herzdämpfung. Das übrige Lungenfeld zeigt vollen Lungenschall auf beiden

Seiten.

Bei Auskultation der Lunge ist nur ein leises alveoläres Geräusch zu hören.

 

Verdauungsapparat:

Der Appetit des Tieres ist vermindert, es nimmt nur wenig Futter auf.

Die Kuh zeigt Wiederkäuen.

 

Die Maulhöhle ist bei der Besichtigung unauffällig.

Die Speiseröhre ist weder äußerlich sichtbar noch läßt sich etwas Auffälliges ertasten.

 

Das Abdomen ist rechts etwas mehr vorgewölbt als links.

Die Bauchdeckenspannung ist locker.

 

Untersuchung des Pansens:

Die linke Hungergrube ist leicht eingefallen. Bei Palpation erscheint die linke Flanke im

Bereich der Hungergrube bis ins mittlere Drittel der Bauchwand weich, das heißt der

Pansen ist schlecht gefüllt.

Die Perkussion ergibt einen subtympanischen Schall im dorsalen Drittel der Flanke.

Die Dämpfung beginnt erst im unteren Teil des mittleren Drittels und nimmt nach unten

hin zu.

Bei der Auskultation ist die Pansenkontraktion sowohl in der Hungergrube als auch im

rippengestützten Teil der Bauchwand zuhören.

In 2 Minuten ist nur eine Kontraktion zuhören.

Bei der rektalen Untersuchung erscheint der Pansen klein und weich.

 

Untersuchung der Haube:

Schmerzproben:

Beim Rückengriff biegt das Tier die Wirbelsäule nach ventral durch ohne zu stöhnen.

Auch bei der Stabprobe und Sensibilitätsprüfung stöhnt das Tier nicht.

Die Schmerzperkussion wird mit leichtem Zucken an der Schlagstelle beantwortet.

 

Untersuchung des Psalters:

Der Psalter ist bei Perkussion nicht deutlich abgrenzbar, bei Schmerzperkussion zeigt

die Kuh  ein leichtes Zucken.

 

Untersuchung des Labmagens:

Linke Bauchwand:

Bei der Doppelauskultation sind die Pansengeräusche über den Rippen hörbar.

Bei der Schwingauskultation sind Plätschergeräusche hörbar.

Bei der Perkussionsauskultation sind metallische Geräusche zu hören (Steelbandeffekt).

 

Bei der rektalen Untersuchung läßt sich der Labmagen nicht ertasten.

 

Rechte Bauchwand:

Bei Adspektion erscheint die rechte Flanke ganz leicht vorgewölbt. Die Bauchwand ist

bei Palpation locker. Auskulation und Schwingauskultation ergeben unspezifische

Darmgeräusche.

Bei der rektalen Untersuchung ist das Bauchfell über Darmkonvolut und rechter Bauchwand

glatt und verschieblich.

 

Kotabsatz, Kotbeschaffenheit:

Die Kuh setzt Kot ab. Er ist von mittelbreiiger Konsistenz, die Farbe ist dunkelolivgrün.

Es sind noch kleine strukturierte Anteile zu erkennen. Der Kot ist frei von fremden Beimengungen und ohne Auflagerungen.

Der Geruch ist nicht abstossend.

 

Untersuchung der Leber:

Die Leber stellt weder adspektorisch noch palpatorisch dar.

Perkussion:

Das Leberdämpfungsfeld schließt sich der rechten Lungengrenze kaudal an und ist etwa

handflächengroß.

 

Harnapparat:

Die Kuh setzt den Harn im kräftigen Strahl ab.

 

Der mittels Katheter gewonnene Harn ist gelb, leicht getrübt und enthält wenige weiße,

etwas weniger als Nadelkopf große Flöckchen.

 

Die Harnblase ist rektal als etwa pampelmusengroßes, weiches Gebilde mit leicht fluktuierendem Inhalt zu fühlen.

Der kaudale Pol der linken Niere läßt sich mit der Hand umfassen.Sie scheint vergrößert

Die Renikuli sind ebennoch zu fühlen, sie erscheinen verstrichen. Die Oberfläche ist glatt.

Die Niere ist nicht schmerzhaft.

 

Geschlechtsapparat:

Die Schamlippen stehen senkrecht, sind etwa 12cm lang und je zweieinhalbfingerbreit.

Ihre Haut ist leicht gefältelt und sie sind weich elastisch.

Sie sind mit einem zähen, schmierigen hellgelben Sekret behaftet.

Die Schleimhaut des Vestibulums ist gerötet und zeigt eine Gefäßinjektion, auch hier ist

das gelbe Sekret zu finden.

Die Schwanzunterseite und die Sitzbeinhöcker sind eben falls mit dem Sekret verschmiert.

Die breiten Beckenbänder sind straff.

 

Rektale Untersuchung:

Die Cervix ist etwa dreifingerstark und weich. Der Uterus ist mit der Hand nicht abgrenzbar.

Er läßt sich nicht auf den Beckenboden ziehen.

Die Gebärmutter ist sehr weich und hat einen fluktuierenden Inhalt.

 

Untersuchung des Euters:

Die Kuh hat ein leichtes Stufeneuter. Die Viertel liegen der Bauchwand aber fest an.

Die Vorderviertel sind gleichgroß. Das rechte Hinterviertel ist etwas breiter als das linke.

Die  Zitzen sind etwa 10cm lang und an der Basis 3cm breit.

Die Euterhaut ist rosaweißlich, die oberflächlichen Gefäße stellen sich gut dar.

 

Beim Rollgriff ist der Strichkanal reiskorngroß an allen vier Zitzen zu fühlen.

Bei Palpation der Zitzenzysterne ist deren Schleimhaut andeutungsweise zu fühlen.

Das Gewebe der Drüsenzysterne ist an allen vier Zitzen fühlbar.

Die Euterhaut ist mittelwarm, abziehbar und elastisch. Das Drüsengewebe ist überall

fein- bis mittelkörnig.

 

Bewegungsapparat:

Die Kuh liegt in Brust-Seitenlage.

Das Aufstehen erfolgt rasch, sie richtet sich zunächst in der Nachhand auf und stemmt

sich dann vorne hoch.

Im aufrechten Stand belastet sie alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.

Die Stellung der Gliedmaßen ist vorne und hinten gerade.

Die Vorderklauen sind etwas stumpf gewinkelt und die Außenklauen länger als die

Innenklauen. Die Hinterklauen tragen beide einen Verband.

Die Vorderklauen, deren Krone und Saumband sind gleichmäßig- und mittelwarm.

Sowohl die distalen und proximalen Gelenke sind ohne Umfangsvemehrungen.

Knochen: Die Gliedmaßenachsen sind gerade, alle Gliedmaßen werden gleichmäßig

belastet. Die Vorderextremitäten sind in der Schulter etwas abgeblattet.

Die Muskulatur hat einen mittleren Tonus.

 

Zentrales Nervensystem:

Schädel: Die Kopfhaltung ist aufrecht und locker, die knöchernen Hüllen sind symmetrisch

und der Schädel zeigt klare Konturen.

Wirbelsäule: Bis auf eine Abstufung vor dem Becken ist die Wirbelsäule gerade.

 

Psyche: Das Tier ist aufmerksam und nimmt an seiner Umgebung teil. Sein Verhalten ist sehr

ruhig.

 

Sensibilität:

Hautsensibilität: Das Tier zeigt bei Berührungsreizen,gesetzt durch einen Kugelschreiber,

am Stamm und Extremitäten normästhetische Abwehrreaktionen.

Tiefensensibilität: Die Körperstellreflexe sind vorhanden.

 

Motorik:

Die Bewegungsabläufe sind koordiniert. Die Muskulatur zeigt einen mittleren Tonus.

 

 

Reflexe:

Korneal-, Pupillar-, Anal- und Schwanzreflex sind ebenso wie die Sehnenreflexe

vorhanden und mittelstark.

 

Sinnesorgane:

Augen: Die Lidspalte ist entspannt geöffnet

Die Lider und Bulbi sind symmetrisch. Die Cornea ist an beiden Augen glatt und spiegelnd.

Die Iris ist braun gefärbt. Beide Pupillen sind mittelweit geöffnet.

Auf die Drohgebärde reagiert das Tier mit raschem Zurückziehen des Kopfes.

 

Ohren: Die Ohren sind aufgerichtet, das Tier zeigt Ohrenspiel und reagiert auf Geräusche.

Die Ohrmuscheln sind außen und innen frei von Auflagerungen.

 

Zusammenfassung der diagnostisch richtungsweisenden klinischen Befunde:

Verdauungsapparat:

Der Pansen ist klein, weich und wenig gefüllt. Es liegt eine Hypokontraktilität vor.

Bei der Schwingauskultation sind Plätschergeräusche, bei der Perkussionsauskultation

ein Steel-Band-Effekt an der linken Bauchwand zuhören.

Harnapparat:

Der Harn ist leicht getrübt und enthält kleine weiße Flöckchen.

Bei Palpation der linken Niere erscheint diese vergrößert und die Renikuli verstrichen.

Geschlechtsapparat:

Die Kuh hat einen zähen gelben Scheidenausfluß, die Vestibulumschleimhaut ist gerötet.

Der Uterus ist flüssigkeitsgefüllt.

Bewegungsapparat:

Beide Hintergliedmaßen tragen einen Klauenverband.

 

Zur weiteren Abklärung erfolgte eine sonographische Untersuchung von linker Bauchwand,

Niere , Blase und Uterus sowie eine Cytoskopie und bakteriologische Untersuchung des Harns.

 

Sonographische Untersuchung:

Bei der sonographischen Untersuchung stellt sich unter dem rippengestützten Teil der Bauchwand im mittleren Drittel anstatt der dicken Pansenwand einen dünne Linie dar,

der schallkopffern faltige Strukturen folgen. Es handelt sich hierbei um die Wand

des Labmagens.

 

Rektale Sonographie von Niere und Blase:

Die Blasenwand ist verdickt, denn die Wanddicke beträgt 5,5mm. Das Lumen ist

flüssigkeitsgefüllt. In dieser sich  schwarz darstellenden Flüssigkeit schwimmen

kleine echogene Partikel, die sich beim Anstossen bewegen.

Die linke Niere zeigt verstrichene Renikuli, und im Inneren dunkle Hohlräume,

die eine Ausweitung der Nierenkelche bedeuten.

 

Der Uterus hat eine verdickte Wand. Die Hörner haben ein schwarzes Lumen, sie sind mit

Flüssigkeit gefüllt.

 

Zytoskopie:

Die Blasenschleimhaut ist fleckig gerötet und rauh. Die fleckigen Bezirke sind hellrot,

die übrige Schleimhaut erscheint hellbeige.Im Harn schwimmen einige weiße kleine Flöckchen

 

Die bakterielle Untersuchung ergab, daß es sich um eine Mischflora mit vorwiegend Escherischia coli handelt.

 

 

Symptomatische Diagnosen:

Verdauungsapparat:

Es liegt eine mittelgradige Dislocatio abomasi ad sinistram vor.

Harnapparat:

Das Tier leidet an Pyelonephritis und Cystitis purulenta.

Geschlechtsapparat:

Hier ist eine Endometritis purulenta festzustellen.

 

Ätiologische Diagnosen:

Die Dislocatio abomasi ad sinistram ist eine Folge der Puerperalstörung und

Aufgasung des Labmagens.

Bei der Entzündung von Niere, Nierenbecken und Blase handelt es sich um eine

Pyelonephritis bacteriticia bovis und eine Cystitis bacteriticia infolge einer Infektion

mit einer von E. coli dominierten Mischflora.

Auf die gleiche Weise kam die eitrige Endometritis zustande.

 

Differentialdiagnosen:

Verdauungsapparat:

Zu nennen sind hier der Bauchhöhlenabszeß, die Reticuloperitonitis traumatica und

das Hoflundsche Syndrom.

Alle drei konnten durch rektale Untersuchung, Fremdkörperproben beziehungsweise

Auskultation des Herzens ausgeschlossen werden.

Der Bauchhöhlenabszeß konnte vorallem durch die Sonographie ausgeschlossen werden.

 

 

Harnapparat:

Möglich wären hier Infektionen mit anderen Erregern wie beispielsweise

Corynebacterium renale.

Eine Differentialdiagnose allein zur Nierenvergrößerung wäre die Amyloidnephrose,

die aber aufgrund der übrigen klinischen Befunde auszuschliessen ist.

 

Prognose:

Sie ist in Hinblick auf die Pyelonephritis und Endometritis fragwürdig.

Es besteht Aussicht auf Heilung, jedoch können bei der Niere Parechymschäden

irreparabele Parenchymschäden bereits vorhanden sein.

Durch die Entzündung kann das Endometrium geschädigt werden, so daß fraglich ist,

ob die Kuh bei einer erneuten Belegung wieder trächtig wird.

Die Prognose der Cystitis hingegen ist gut.

 

Die sofortige Schlachtung der Kuh ist ausgeschlossen, da sie aufgrund der Organveränderungen untauglich würde.

 

Eine Behandlung sollte also versucht werden. Sie darf allerdings in ihren Kosten

den Betrag des Schlachtgewinnes nicht übersteigen.

 

Therapievorschlag:

Aufgrund der bakteriellen Infektion muß eine Chemotherapie erfolgen.

Da bei der Pyelonephritis der Infektionsort schwer zugänglich ist, muß ein gut

gewebegängiger antibakterieller Wirkstoff gewählt werden.

Hier ist Enrofloxazin das geeignete Antibiotikum. Es besitzt zudem ein breites

Wirkungsspektrum gegenüber grampositiven und gramnegativen Bakterien.

 

Die Therapie der Pyelonephritis sollte mit der systemischen Verabreichung

von Enrofloxazin (Baytrilâ) in einer Dosierung von 3mg/kg/Tag subcutan erfolgen.

 

Die Endometritis soll ebenfalls mit Enrofloxazin, hier aber lokal mit

Uterusstäben (200mg Enrofloxazin/ 1000mg Procainbenzylpenizillin) behandelt werden,

wobei jeweils drei im Abstand von zwei Tagen in die Gebärmutter einzuführen sind.

 

Cystitis: Die Blase kann täglich nach Entleerung mit 2%iger Rivanol-Lösung gespült

werden.

 

Bei Enrofloxazin ist die Wartezeit zu beachten.

Diese beträgt für eßbare Gewebe 7-9 Tage und für die Milch 3 Tage.

 

 

 

 

 

Epikrise:

Das Tier war durch die vorangegangene Schwergeburt für die Entstehung der vorliegenden Erkrankungen prädisponiert.

Aus der Anamnese geht nicht hervor, was die genauen Probleme bei der Geburt waren.

In jedem Fall ist jedoch anzunehmen, daß während der Geburt die weichen Geburtswege traumatisiert, und damit eine Eintrittspforte für die Erreger geschaffen wurde.

Da die Geburt und die hiermit verbundenen Stoffwechselumstellungen Streßfaktoren

sind, wird wohl die Immunabwehr des Tieres geschwächt worden sein, so daß sich die Endometritis entwickeln konnte.

Man kann davon ausgehen,daß sich dann vom Uterus und Vagina aus Keime in die

Blase absiedelten und auch hier zu einer Infektion führten.

Die Pyelonephritis entstand durch den Aufstieg der Erreger aus der Blase über die Harnleiter ins Nierenbecken.

Durch die Krankheit wurde das Allgemeinbefinden der Kuh beeinträchtigt, sie wurde inappetent.

Infolge dessen ist der Pansen wenig gefüllt und der aufgegaste Labmagen konnte sich zwischen Pansen und Netzmagenhindurch auf die linke Seite schieben.

 

Ob mit der Therapie eine vollständige Wiederherstellung - vorallem in bezug auf die

Fruchtbarkeit- zu erwartet werden kannist fraglich.

Außerdem ist es wahrscheinlich, daß, sollte das Tier wieder tragend werden, ähnliche Komplikationen erneut auftreten.

Die Infektion muß aber beseitigt zu werden, um wenigstens den Schlachterlös zu erhalten.

 

Es handelt sich um eine unspezifische Infektion mit Fäkalkeimen.

Gerade im Winter, wenn viele Tiere auf engem Raum gehalten werden, kann, bei

schlechter Lüftung und mangelnder Stallhygiene die Erregerkonzentration stark steigen.

Bei hoher Erregerdichte ist es wahrscheinlich, daß eine Besiedlung der Schleimhäute von

Vestibulum, Vagina und äußerem Muttermund schon ante partum stattgefunden hat.

In diesem Zusammenhang wäre es von Bedeutung zu wissen, ob bei mehreren Tieren des Bestandes im Puerperium auch Endometritiden auftraten.

Eine Verbesserung der Lüftung und der Stallhygiene wären dann anzustreben.

 

Ebenso müßte festgestellt werden, ob in dem Betrieb gehäuft Schwergeburten auftreten.

Wenn dies der Fall ist, müssen die Ursachen erforscht und beseitigt werden.

 

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