Pferd-05 - vegetative Dystonie

 

 

                  Krankheitsbericht 

                       

                    Klinik für Pferde

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                               

Anamnese

 

Die Stute ist aufgrund in besonderen Streßsituationen auftretender Übererregbarkeit und  festgestellter Sinustachykardien in die Klinik überwiesen worden.

 

Signalement

 

Das Pferd von x ist eine sechsjährige Quarterhorsestute namens x. Sie ist einfarbig braun ohne Abzeichen und weist an der linken Vorderextremität cranial in Höhe des Ellenbogengelenkes eine etwa 10 cm lange Narbe auf. Ihr aktuelles Gewicht beträgt 491 kg, das Stockmaß beträgt 155 cm.

Das Tier wird als Sportpferd genutzt und ist temperamentvoll im Habitus.

 

 

Status Präsens

 

1. Allgemeinuntersuchung

Die Pulsfrequenz beträgt 48 Schläge/min. Die Pulswellen sind regelmäßig, gleichmäßig und mäßig kräftig. Die Atemfrequenz beträgt 16 Atemzüge/min, der Atemtyp ist costoabdominal. Die rektal gemessene Temperatur beträgt 37,8°C. Die Körperoberflächentemperatur ist gleichmäßig warm und zu den Akren hin abnehmend. Der Entwicklungszustand ist dem Alter angemessen, der Ernährungszustand ist als gut zu bezeichnen, der Pflegezustand mäßig.

 

2. Spezielle Untersuchung

 Haut- und Haarkleid

Die Haut ist gleichmäßig dick. Die Elastizität ist erhalten und eine aufgezogene Hautfalte

verstreicht sofort wieder.

Das Haarkleid ist dicht, geschlossen, glänzend und anliegend. Es sind keinerlei Veränderungen des Haarkleides erkennbar. An der linken Vorderextremität cranial in Höhe des Ellenbogengelenkes ist eine etwa 10 cm lange Narbe zu sehen.

 

 Sichtbare Schleimhäute

Die Schleimhäute sind blaßrosa, feucht, glatt und glänzend, z.T. pigmentiert und frei von Auflagerungen.

Die Konjunktiven sind rosarot.

 

 Lymphknoten

Die Lnn. mandibulares stellen sich als kirschkerngroße Strukturen medial am Unterkiefer dar. Sie sind prallelastisch, unter der Haut verschieblich, nicht vermehrt warm oder schmerzhaft und haben eine glatte Oberfläche. Andere Lymphknoten sind nicht palpierbar.

 

 Herz- und Kreislaufapparat

Die Auskultationdes Herzens ergibt eine Frequenz von 48 Schlägen/min. Der 1. Herzton ist sehr langgezogen, der 2. Herzton ist akzentuiert. Ansonsten sind die Herztöne regelmäßig, gleichmäßig, kräftig und voneinander abgesetzt. Geräusche können nicht ermittelt werden. Ein Pulsdefizit ist nicht feststellbar. Die A. facialis ist prall gefüllt und deutlich palpierbar. An der V. transvera faciei ist eine starke Pulsation fühlbar.

Die kapilläre Füllungszeit liegt bei zwei Sekunden.

Die Episkleralgefäße sind feingezeichnet und gut voneinander abgrenzbar.

 

 Atmungsapparat

Die Atmung erfolgt gleichmäßig, regelmäßig, aber es ist eine vermehrt abdominale Atmung feststellbar.

Die Auskultation der Lunge bleibt ohne Befund.

Die Ausatmungsluft strömt gleichmäßig aus beiden Nasenöffnungen aus, sie ist warm und ohne auffälligen Geruch. Die Nüstern sind symmetrisch und es ist kein Nasenausfluß zu beobachten.

 

 Verdauungsapparat

Adspektorisch erscheint das Abdomen symmetrisch. Die Auskultation ergibt beidseitig an der Flanke und der rippengestützten Bauchwand gut hörbare Darmgeräusche (+ + ). Eine leichte Bauchdeckenspannung ist fühlbar. Die Kotballen sind rund, fest und von olivgrüner Farbe.

 

 Harnapparat

Es wurde während der Untersuchung kein Harnabsatz beobachtet.

 

 Geschlechtsapparat

Das Gesäuge besteht beiderseits aus je einem Mammakomplex, die beide leicht umfangsvermehrt sind. Es sind keine Auflagerungen oder Verletzungen an den Zitzen zu erkennen. Die Labien sind geschlossen und nicht verdickt. Die Vaginalschleimhaut ist blaßrosa, feucht, glatt und glänzend.

 

 Bewegungsapparat

Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.

Stellung und Winkelung der Gelenke lassen keine Besonderheiten erkennen.

Der Pflegezustand der Hufe ist als schlecht zu betrachten.

 

 Nervensystem

Die erhaltene Oberflächensensibilität ist durch auslösbaren Panniculusreflex nachgewiesen. Durch Überköten der Gliedmaßen ist eine Tiefensensibilität bewiesen. Pupillar-, Corneal-, Lid-, und Analreflex sind auslösbar.

 

 Sinnesorgane

Die Augen sind symmetrisch, und es ist kein Augenausfluß zu beobachten. Die Cornea ist nicht getrübt. Das Sehvermögen ist erhalten ebenso die Fähigkeit zu hören.

 

 

Ergänzende Untersuchungen

 

Als weitere spezielle Untersuchungen im Rahmen des Status Praesens sind eine Laboruntersuchung, eine röntgenologische Untersuchung des Thorax, ein EKG, sowie eine sonographische Untersuchung des Herzens und eine Blutdruckmessung vorgenommen worden.

 

1. Labor

 

Blutbild                                                                                  Blutgas

Hämoglobin                           13.5 mmol / l                           Ruhewerte:     pH         7,38               

Erytrozyten                             8.83 G / l                                                        pCO2   41,8 mmHg

Leukozyten                             9,6 p / l                                                           pO2    102,1 mmHg

Eosinophile                            16 %

Segmentk. Neutrophile          53 %                                    nach Belastung:   pH  7.39

Lymphozyten                         30 %                                                                 pCO2   41.8 mmHg

Monozyten                             1 %                                                                   pO2   43.7 mmHg

Hämatrokrit                            39 %

 

 

2. Röntgenologische Untersuchung

 

In der Thoraxaufnahme lassen sich fokale, interstitielle Infiltrationen im Kaudallappen der Lunge erkennen.

Ansonsten ist die Aufnahme ohne besonderen Befund.

 

 

3. EKG

 

Ruhe-EKG:

Mit Ausnahme der zeitweise erhöhten Frequenz von 60 Schlägen/min sind im EKG keine Abweichungen zu erkennen.

 

Belastungs-EKG:

Nach 15-minütiger Belastung (Galopp) wird folgender Wert gemessen: 140 Schläge/min.

Nach 10-minütiger Beruhigung: 80 Schläge/min.

Vollständige Beruhigung ist nach 20 Minuten eingetreten: 46 Schläge/min.

 

Telemetrie-EKG:

Nur bei Personenkontakt kommt es zu einer Erhöhung der Frequenz auf über 60 Schläge/min.

 

 

4. Sonographische Untersuchung

 

Bei der Untersuchung wird eine Inhomogenität des Septums festgestellt.

Es konnten keine Dimensionsänderungen ermittelt werden.

 

5. Blutdruckmessung

 

Folgende Werte werden ermittelt: 120/80 mmHg.

 

 

 

Diagnose

 

Bei dem Patienten liegt eine vegetative Dystonie vor.

 

 

Differentialdiagnose

 

1.      Sinustachykardie

Unter Sinustachykardie wird eine Erhöhung des Sinusrhythmus über den physiologischen Grenzwert hinaus verstanden.

Beim Pferd ist die paroxysmale reflektorische Sinustachykardie sehr bekannt, bei der eine psychische oder emotionelle Reaktion ( Angst ) sowie die Arbeitsreaktion eine Sinustachykardie hervorruft.

In diesem Fall wird bei der Belastung des Pferdes keine Frequenzerhöhung im Sinne einer Sinustachykardie festgestellt.

 

 

2.      Anämie

Als Anämie bezeichnet man eine Abnahme des Hämoglobingehaltes im peripheren Blut unter seinen physiologischen Wert. Funktionell bedeutet die Anämie eine verringerte Sauerstofftransportkapazität des Blutes.

Die Symptome der Anämie zeigen sich in einer verminderten Arbeitslust, einer Tachykardie, allgemeiner Mattigkeit, einer Hyperpnoe und in blassen Schleimhäuten.

Die Diagnose einer Anämie beruht auf einer Blutuntersuchung und einer eventuellen Untersuchung eines Knochenmarkbioptats.

Die uns vorliegenden Blutergebnisse zeigen einen physiologischen Hämoglobingehalt an.

Bis auf die zeitweise vorhandene Tachykardie, treffen die genannten Symptome der Anämie in diesem Falle nicht zu.

 

 

3.      Respiratorisch bedingte Hypoxie

Durch eine Beeinträchtigung der Lungenfunktion kommt es zu einem behinderten Gasaustausch zwischen Lunge und Blut. Hierdurch ist die Sauerstoffsättigung des Blutes vermindert, reflektorisch darauf erfolgt eine Frequenzerhöhung des Herzens.

Die gemessenen O2- und CO2 Partialdrücke des Blutes sind als physiologisch zu betrachten.

 

 

Ätiologie

 

Psychische Belastung vor allem in Streß- und Konfliktsituationen.

 

 

Therapie

 

Es kann in Streßsituationen mit b-Blockern, z. B. Propranolol, therapiert werden.

 

 

 

Prognose

 

Die Prognose ist als gut zu betrachten, da die aufgetretenen Symptome nur unter besonderen Streßsituationen auftreten. Der Nutzung als Freizeitpferd steht nichts im Wege, da die Belastungswerte im Normbereich liegen.

Laut Vorbericht traten die Symptome erstmalig nach Absetzen ihres ersten Fohlens auf, so daß bei einer weiteren Nutzung des Pferdes als Zuchtstute bei Verschlechterung des Zustandes kurzfristig ß-Blocker gegeben werden können.

 

 

Epikrise

 

Nach gründlicher klinischer Untersuchung und abgeklärter Differentialdiagnostik, ist bei der 6 jährigen Quaterhorsestute “x” eine vegetative Dystonie diagnostiziert worden.

Eine medikamentelle Behandlung der Symptome ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig, jedoch kann bei Verschlechterung des Zustandes eine Therapie mit ß-Blockern eingeleitet werden.

Den Besitzern wird geraten, zusätzliche Streßsituationen und emotionale Belastungen für das Pferd zu vermeiden.

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