Fortpflanzung-17 - Eber: Klinisch gesundes Tier mit Normospermie

 

Datum:           08.08.2001

Von:                 

 

 

Untersuchungsauftrag

Der Eber steht seit einiger Zeit auf einer Besamungsstation. Fundamentmängel treten in letzter Zeit häufiger auf, das Tier kann daher nicht regelmäßig abgesamt werden. Es soll daher an einen Kleinzüchter verkauft werden, und soll jetzt neben der üblichen Verkaufsuntersuchung (Zuchtauglichkeit)  auch auf das Vorliegen einer Impotentia coeundi untersucht werden.

Nationale

Tierart:                       Schwein

Name:                        x

Rasse:                       Pietrain

Geschlecht:                 männlich

Geburtsdatum:              24.06.96

Zuchteinsatz:            18.03.97    

Ohrmarkennummer:    x

Herdbuchnummer:       x

Gewicht:                      ca. 250 kg

Besitzer:                        x

 

 

Vorbericht

Allgemeine Erhebungen über den Betrieb

Der Betrieb in x besteht aus 150 Ebern verschiedener Rassen. Neue Tiere werden stets hinzugekauft. Der Betrieb ist wegen seiner guten Zuchtergebnisse bekannt. Die Tiere werden in Einzelboxen gehalten, die mit Stroh eingestreut werden. Das Futter besteht für alle Tiere aus Heu, Pellets und Kraftfutter sowie Silage. Es finden regelmäßige tierärztliche Kontrollen – ca. 2 mal im Monat -statt.

Allgemeine Erhebungen zum Eber

Der Eber steht seit dem 18.03.1997 im Besamungsbetrieb von x, geboren und aufgezogen wurde er im Betrieb von Herrn x. aus xg.

Seit seinem ersten Deckeinsatz hat er hervorragende Zuchtergebnisse aufgewiesen (ca. 50 000 Nachkommen). Es sind keine Erkrankungen bekannt. Seit etwa 1 Monat treten bei dem Tier Schwierigkeiten beim Aufspringen auf. Fresslust war gut, Kot und Harnabsatz waren stets unauffällig. Der Eber wurde in der letzten Woche nicht zur Besamung herangezogen.

Spezielle Erhebungen über dem Eber

Der Eber soll weiterhin zur künstlichen Besamung eingesetzt werden, da er hervorragende Zuchtergebnisse geliefert hat. Da er jedoch beim Aufspringen auf das Phantom Schmerzgeschehen zeigte, das bis zum Abbruch der Begattung führen konnten, stellt sich die Frage einer Eignung für den speziellen Betrieb.

 

 

 

Allgemeine Untersuchung

Das Tier ist ein Pietraineber mit dem für Geschlecht und Rasse entsprechendem Habitus.

Verhalten: ruhig und aufmerksam. Ernährungs- und Pflegezustand sehr gut, Temperatur 38,2° C, Die Schleimhäute sind blaßrosarot, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen.

Das Haarkleid ist geschlossen, glatt und anliegend

Die Cervicallymphknoten und Subiliakallaymphkonten lassen sich nicht palpieren.

Die Auskultation des Herzens ergab eine Frequenz von 70 Schlägen pro Minute. Die Herzaktion ist regelmäßig, die Herztöne sind deutlich voneinander abgesetzt. Es sind keine Nebengeräusche zu vernehmen.

Die Pulsfrequenz, palpiert an der Ohrarterie, entspricht der des Herzens. Der Puls ist regelmäßig und kräftig. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet und mäßig gefüllt.

Bei der Adspektion ist eine rhythmische, costoabdominale Atmung feststellbar, die Frequenz beträgt 16 Atemzüge pro Minute. Die Bewegung des Brustkorbes ist symmetrisch und die Ausatmungsluft strömt aus beiden Nasenlöchern gleichmäßig aus. Die Nasenöffnungen sind feucht und die Rüsselscheibe fühlt sich kühl an. Sowohl Perkussion als auch Auskultation des Lungenfeldes sind ohne besonderen Befund.

Die Fresslust des Tieres ist gut und der abgesetzte Kot von geformter Konsistenz. Die Schleimhäute von Maulhöhle, Zahnfleisch und Zunge zeigen sich bei der Adspektion blaß und unversehrt.

Das Abdomen ist symmetrisch, die Bauchdecke weist eine physiologische Spannung auf.

Die Perkussion des Leberfeldes ergibt keinen besonderen Befund.

Das Tier belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.  Beim Vorführen zeigen sich keine Lahmheiten. Die Gelenke der Vordergliedmaßen, und die der Hintergliedmaßen sind symmetrisch, nicht vermehrt gefüllt, trocken und gleichmäßig warm.

 

 

 

 

Spezielle Untersuchung

A.     Präputium

Bei der Adspektion ist festzustellen, dass das freie Ende des Präputiums kurz und straff ist mit  fingerbreitem Abstand zur Bauchdecke. Es ist gut und in seiner vollen Länge am Unterbauch befestigt. Die Öffnung ist waagerecht und nach kranial gerichtet. Umfangsvermehrungen sind nicht zu erkennen. Bei der Palpation waren keine Schmerzhaftigkeit, Verengung, Verdickung oder Neubildungen zu fühlen.

 

B. PENIS

Im nicht ausgeschachteten Zustand kann der Penis nur durch Palpation untersucht werden. Die Penisspitze liegt ungefähr im vorderen Teil des Präputiums. Der Peniskörper ist ungefähr daumenstark und weist eine derb-elastische Konsistenz auf. Schmerz kann durch die Palpation nicht erzeugt werden. Das parietale Schleimhautblatt ist gut gegen das viszerale verschiebbar. Umfangsvermehrungen oder Knickungen können nicht festgestellt werden.

 

C. SCROTUM

Adspektion: Das Scrotum ist kaudal gut sichtbar, was für diese Spezies charakteristisch ist. Die Aufhängung des Skrotums ist symmetrisch. Auf der unpigmentierten Haut des Scrotums, die vollständig, aber schwach von kurzen, hellen Haaren bedeckt ist, sind keine Veränderungen bezüglich Farbe und Umfang zu sehen.

Bei der Palpation ergibt sich eine prallelastische Konsistenz des Scrotums. Die Hautschichten des Hodensackes (Tunica dartos, Tunica vaginalis) sind gut gegeneinander verschiebbar. Es gibt keine Hinweise auf Entzündungen (Wärme, Schmerzhaftigkeit).

 

D. TESTES

Hoden

Adspektion: Die beiden Hoden sind ca.17cm lang und ca. 10cm breit, sie haben längsovale Form mit horizontaler Längsachse. Sie sind hinsichtlich Größe und Form symmetrisch und beidseitig vollständig in den Hodensack abgestiegen.

Bei der Palpation ergibt sich zusätzlich eine prallelastische Konsistenz der Hoden. Es können keine Wärmebildung, Schmerzhaftigkeit und auch keine Auflagerungen festgestellt werden.

 

 

Nebenhodenkopf

 

Palpation: Die Nebenhodenköpfe sitzen kappenförmig auf dem distalen Hodenpol. Beide Nebenhodenköpfe sind ohne Befund. Beide weisen eine derb-elastische, feinkörnig granulierte Konsistenz auf. Schmerzhaftigkeit, Wärmebildung, Umfangsvermehrungen konnte nicht festgestellt werden.

 

Nebenhodenkörper

Palpation: Sie sind beiderseits die Fortsetzung der Nebenhodenköpfe und steigen kaudomedial am Hoden herab. Ihre Konsistenz ist derbelastisch und ihre Oberfläche glatt. Der rechte Nebenhodenkörper ist etwa strohhalmstark, der linke ist kleiner und schwer palpierbar. Es gibt weder einen Hinweis auf Entzündung (Wärme, Schmerz), noch sind Umfangsvermehrungen feststellbar.

 

Nebenhodenschwanz

Die Nebenhodenschwänze, die sich am jeweiligen proximalen Hodenpol befinden, sind deutlich vom Hoden abgsetzt. Beide Nebenhodenschwänze sind ohne besonderen Palpationsbefund. Durch Druck ist keine Schmerzempfindung auslösbar, außerdem sind die Nebenhodenschwänze nicht vermehrt warm. Die Konsistenz ist derbelastisch und die Oberfläche glatt.

 

Samenstränge

Durch Palpation konnte festgestellt werden, dass der rechte Samenstrang eine rundlich-konische Gestalt besitzt, mit einer breiten Basis auf den distalen Hodenpol sitzt und mit einem schlanker werdenden proximalen Teil zum Leistenspalt zieht. In der Mitte dieses Verlaufes ist der rechte Samenstrang ungefähr fingerstark. Seine Konsistenz ist derbelastisch und er ist innerhalb des Scheidenhautfortsatzes leicht verschiebbar.

 Der linke Samenstrang entsprach den vorgehenden Befunden.

Wärme, Schmerzhaftigkeit, Ein- oder Auflagerungen konnte an den Samensträngen nicht festgestellt werden.

 

E.  Rektale Untersuchung

Entfiel

 

 

  1. ULTRASCHALLUNTERSUCHUNG

entfiel

  1. PROBENNAHME

 

Kotprobe

Eine Kotprobe wurde rektal entnommen und zur parasitologischen Untersuchung eingesandt. Die Ergebnisse stehen noch aus.

 

Blutprobe

 Eine Blutprobe wurde entnommen und zum Nachweis von Antikörpern gegen Erreger von  Genitalinfektionen wie z.B Brucellen, Leptospiren, Smedi-Virus-Komplexeingesandt. Die Ergebnisse stehen noch aus.

 

H.    Spermagewinnung

untersuchung der Potentia Coeundi 

Beim Probedeckakt wurde eine hervorragende Libido und ein regelhafter Ablauf der Paarungsreflexkette (Erkennen, Kontaktaufnahme, Erektion, Ausschachten, Abgang der Vorsekrete, Aufsprung, Umklammerung) festgestellt. Die Annahme der künstlichen Scheide war sehr gut. Es waren keine Schmerzreaktionen beim Aufspringen feststellbar.

 

G. SPERMAUNTERSUCHUNG

Untersuchung der Potentia generandi

Der Eber wurde am 8.08.2001 abgesamt. Die Untersuchung des Sperma, das mit der künstlichen Scheide gewonnen wurde, ergab folgendes Spermiogramm:

 

Grobsinnliche Untersuchung

Volumen:                               100 ml einschließlich der Bulbourethraldrüsensekrete.

Aussehen, Konsistenz:           wässrig-milchig, nicht homogen

Farbe:                                     weißlich-grau

Beimengungen:                      keine

 

Mikroskopische Untersuchung

Die Dichte des Ejakulats wird mit der Blutkörperchen-Zählkammer bestimmt.

Ergebnis:    800 000/µl

            Die Bewegungsaktivität wird mit einem Phasekontrast-Mikroskop bestimmt und ergab

            folgende Werte:

Einzelbewegung: Sich vorwärtsbewegende Spermien in %: V  70/ sich am Ort bewegende Spermien: O 20/ unbewegliche Spermien:  U 10

            Die Supravitalfärbung ergab einen Prozentsatz von 15% gefärbten (=toten) Spermien.

Der Anteil der morphologisch defekte Spermien beträgt 15%.

Morphologie: Tuscheausstrich, 300 Spermien ausgezählt: primäre Anomalien des Kopfes 3%, des Schwanzes 2%; sekundäre Anomalien: Krümmlinge 6%, abgelöste Köpfe 4%.

Fremdzellinhalt und Beimengungen : -; es wurden weder  Samenzellvorstufen oder Spermiophagen, keine Epithelzellen, keine Erythrozyten oder Leukozyten noch Schmutzpartikel gefunden

             Chemisch-physikalische Untersuchung

Der pH-Wert der Samenprobe wurde an der unverdünnten Probe ermittelt, er lag bei 7,2; Schalmtest war negativ.

Fremdzelldifferenzierung

Wurde nicht durchgeführt (keine Indikation).

 

Mikrobiologische Untersuchung der Samenprobe

Ein Teil der Samenprobe wurde zur mikrobiologischen Untersuchung eingesandt. Es soll festgestellt werden, ob sie eventuell Keime aus dem Bereich der Zeugungsorgane, der akzessorischen Geschlechtsdrüsen und der Samenwege enthalten. Die Ergebnisse stehen noch aus.

 

Erbgesundheit

Um eventuelle Erbmängel aufzudecken, ist nach Möglichkeit die Vererbungslinie des Ebers im Zuchtbuch nachzuprüfen.

Phänotypisch weist nichts auf eventuelle Erbmängel hin.

 

Diagnose

Klinisch gesundes Tier mit  Normospermie;

Potentia coerundi: leider war das Schmerzgeschehen im Gelenkbereich bei der heutigen Untersuchung nicht nachvollziehbar. Es wird empfohlen, den Eber in kürze wieder auf dieses spezielle Problem hin zu untersuchen.

Potentia generandi : kein Hinweis auf Störungen . Die Ergebnisse der klinischen Untersuchung sowie das gute Ergebnis der letzten Decksaison  weisen bei diesen Eber auf eine ungestörte Fortpflanzungsfähigkeit hin. Natürlich sind die Ergebnisse der Laboruntersuchungen abzuwarten.

Prognose:

Quo ad Fertilitatem: günstig, Resultate der sonstigen Untersuchungen sollten abgewartet werden.

Epikrise:

Da die Spermagewinnung bei diesem Eber völlig problemlos durchgeführt wurde, er ein ungestörtes Allgemeinbefinden zeigt, alle untersuchten Gelenke sich adspektorisch und palpatorisch  unauffällig darstellten, waren die im Vorbericht geschilderten Beschwerden nicht nachvollziehbar. Da sie aber sehr glaubhaft geschildert wurden, ist hier unbedingt nachzuhaken. Ich würde eventuell eine Röntgen- und Sonographische Untersuchung der Gelenke vorschlagen – wenn der Zuchtwert des Tieres dies rechtfertigt. Ich denke auch, dass die Tatsache, dass der Eber eine Woche nicht abgesamt wurde – also eine Woche lang unbelastet blieb, eine Rolle bei dieser Erscheinung spielt. Mehrere Sprünge in kurzen Abständen könnten die Schmerzerscheinungen wieder hervorbringen, und damit eine nähere Untersuchung gestatten. Eventuell spielen alters- und beanspruchungsbedingte Verschleißerscheinungen hier eine wichtige Rolle.

 

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