Fortpflanzung-07 - Kuh: trächtig, und sonst nischt

Krankenbericht

 

 

 

1. Signalement

 

Bei dem zu untersuchenden Tier handelt es sich um eine rotbunte Kuh mit geschätztem Zahnalter von 4-5 Jahren, einer Schulterhöhe von ca. 140 cm und einem geschätztem Gewicht von 600 kg.

Die Kuh ist enthornt.

Ohrmarken: Links weiße Ohrmarke mit der Kliniknummer x und gelbe Ohrmarke mit der Nummer x, rechts gelbe Ohrmarke mit der Patientennummer x.

 

 

 

2. Vorbericht:

 

Die Kuh wurde am 28.3.98 besamt. Sie ist jetzt hochtragend (247. Trächtigkeitstag) und soll am 18.01.99 abkalben. Eingestellt wurde sie am 26.11.98 wegen Inappetenz. Außerdem trippelt sie seit dem 01.12.98.

Weitere Fragen ergaben, daß die Kuh trockengestellt ist. Es ist wahrscheinlich ihr  3. Kalb.

Ziel der Untersuchung ist es, den Geburtstermin zu bestimmen.

 

 

 

3. Allgemeinuntersuchung:

 

Ernährungszustand:

Der Ernährungszustand kann anhand des Körperkonditionsindexes auf 3,5 festgelegt werden.

 

Pflegezustand:

Der Pflegezustand ist mit gut zu beurteilen.

 

Haltung:

Die Kuh belastet alle vier Gliedmaßen beim Laufen und Stehen gleichmäßig. Die Rückenlinie ist gerade.

Verhalten:

Die Kuh ist während der Untersuchung aufgeregt und unruhig, im Stall verhält sie sich aber ruhig.

 

Körperinnentemperatur:

Die rektal gemessene Körpertemperatur beträgt 38,6°C und liegt im physiologischen Bereich.

 

Haut und Haarkleid:

Das Winterfell ist dicht und geschlossen. Der Hauttugor ist erhalten. Es finden sich eine haarlose, circumscripte Stelle cranial des Sitzbeinhöckers (5-Markstückgroß) und eine diffuse, dünn behaarte Stelle (handgroß) mit schuppigen und krustigen Auflagerungen.

 

Kreislaufapparat:

Die Herzfrequenz liegt bei 80 Schläge/min, die Herztöne sind deutlich hörbar, rein, gut voneinander abgesetzt und regelmäßig aufeinander folgend. Die Pulsfrequenz ist der des Herzens äquivalent. Die kapilläre Füllungszeit liegt unter 2 sec, die Venenstauprobe ist negativ. Die sichtbaren Schleimhäute sind blaß-rosa, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet.

 

Atmungstrakt:

Die Atemfrequenz beträgt 36 Atemzüge/min. Die Atmung ist gleichmäßig und regel-mäßig. Der Atemtyp ist costo-abdominal mit leichter abdominaler Betonung. Das Flotzmaul ist feucht, glatt und glänzend.

 

Verdauungsapparat:

Mittlerweile ist der Appetit wieder gut, Futteraufnahme, Kauen, Schlucken und Wiederkäuen erfolgen physiologisch. Auskultatorisch konnten 3 kräftige Pansen-kontraktionen in 2 Minuten festgestellt werden. Der Pansen ist deutlich geschichtet. Das Tier setzt breiigen, oliv-braunen, aromatisch riechenden Kot ab, der frei von unverdauten Futterbestandteilen ist.

 

 

 

IV Spezielle Untersuchungen:

 

Adspektion:

Das Abdomen ist aufgrund der Trächtigkeit asymmetrisch nach rechts gewölbt.

Das Becken fällt leicht nach caudal ab.

Weder an der Vulva noch an der Schwanzunterseite sind Sekretspuren vorhanden.

 

Palpation:

Der caudale Rand der breiten Beckenbänder ist straff gespannt.

Im Bereich der rechten Flanke sind foetale Bewegungen fühlbar.

 

Geschlechtsapparat:

 

Äußere Genitale:

Die Vulva ist geschlossen, senkrecht, geringgradig ödematisiert, leicht gefältelt und circa handbreit.

Vaginale Untersuchung (mittels Spekulum):

Die Schleimhaut ist blaß-rosa und sehr feucht (B IV). Die Portio vaginalis cervicis liegt am Scheidenboden, ist geschlossen und rosettenförmig (R 0). Es ist ein mini-maler klarer Schleimpfropf sichtbar. Beim Herausziehen des Spekulums sind keine Verletzungen zu sehen.

 

Rektale Untersuchung:

Der innere Beckeneingang ist palpabel. Die Cervix ist derb, aber leicht verstrichen. Der Uterus ist nicht abgrenzbar (G VI), flüssigkeitsgefüllt und asymmetrisch (As+++, rechtes Horn wesentlich größer als das linke). Der Uterus ist schlaff und wenig kontraktil (K I). Es sind Fruchtteile und kastaniengroße Kotelydonen palpierbar. Es ist ein deutliches Uterinenschwirren fühlbar. Es sind 3 Beine zu fühlen, die nach links caudoventral gerichtet sind, was für eine Bauchquerlage spricht. Ein Zwischen-klauenreflex ist auslösbar.

 

 

Milchdrüse:

 

Adspektion:

Es handelt sich um ein Schüsseleuter. Die Zitzen der hinteren Viertel sind divergierend (Spreizzitzen). Vorne stehen die Zitzen parallel. Die Zitzen zeigen eine erwünschte Form und sind circa 8 cm lang. Die Zitzenkuppen sind abgerundet. Auf der linken Seite befindet sich zwischen der vorderen und hinteren Zitze eine Zwischenzitze. Die Euterhaut ist recht stark behaart.

 

Palpation:

Die Euterhaut ist abziehbar und gleichmäßig warm. Das Drüsengewebe hat eine leicht grobkörnige Konsistenz und ist weich elastisch. Rollgriff und Zisternengriff ergeben keinen besonderen Befund.

 

Sekretuntersuchung:

Vorne und hinten links ist das Gemelk weiß-gelblich, honigartig mit einzelnen Flocken. Rechts vorne und hinten milchig-wässriges Sekret.

 

 

 

V. Diagnose:

 

Das Allgemeinbefinden der Kuh ist ungestört. Das Tier ist im Endstadium der Trächtigkeit. Das Kalb lebt, da Reflexe auslösbar sind. Das Kalb liegt in Bauchquerlage. Es bestehen keine Anzeichen für Störungen der Trächtigkeit.

 

 

VI. Differentialdiagnosen:

 

1.  Eihautwassersucht: Ist adspektorisch (keine starke symmetrische Umfangs-vermehrung) und rektal auszuschließen, da der Uterus nicht gespannt und ballonartig ausgedehnt ist und der Mastdarm nicht eingeengt ist. Außerdem wären Kotelydonen und Fruchtteile nicht spürbar.

2.  Zwillingsträchtigkeit: Dagegen spricht die Asymmetrie des Abdomens und der Uterushörner.

3.  Torsio uteri: Ist anhand der vaginalen (keine Verdrehung) und rektalen Befunde (keine Verlagerung und Spannung der Mutterbänder) auszuschließen.

4.  Bauchbruch: Ist auszuschließen, da das Tier keine Schmerzäußerungen von sich gibt, Puls und Atmung nicht erhöht sind und die Schleimhäute nicht blaß sind. Adspektorisch wäre zuerst ein Ödem, später ein scharf abgrenzbares Gebilde sichtbar. Beides ist hier nicht der Fall.

 

 

 

VII. Therapievorschläge:

 

Weder Trächtigkeit noch Euter erfordern zur Zeit eine Therapie. Es ist jedoch empfehlenswert, die Kuh restriktiv zu füttern und erst in den letzten drei Wochen der Trächtigkeit Kraftfutter zuzufüttern.

 

 

 

VIII. Prognose:

 

Im weiteren Verlauf der Trächtigkeit und während der Geburt sind keine Komplika-tionen zu erwarten. Dafür sprechen das ungestörte Allgemeinbefinden der Kuh, der lebende Fötus sowie die Beschaffenheit des Geburtsweges, der keinerlei Ver-letzungen, Narben oder Einengungen aufweist.

Postpartal kann der sehr gute Ernährungszustand zu Stoffwechselentgleisungen führen, es besteht die Gefahr einer Ketose.

 

 

 

IX. Zusammenfassende Beurteilung:

 

Das Tier ist gesund und bedarf keiner Behandlung. Der physiologische Geburts-ablauf wird nicht beschrieben werden können, da das Tier einer Sectio caesarea im Rahmen einer Übung eingeteilt ist.

 

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