Pferd-33 - Endocarditis parietalis

 

Krankheitsbericht

 

 

 

 

 

 

 

1.)    Anamnese:          

 

Die Stute, x, wurde von dem TA Dr.x am 16.11.2000 an die Klinik für Pferde eingewiesen. Sie leidet seit fünf Tagen an Fieber und der Allgemeinzustand verschlechtert sich seitdem deutlich. In den letzten vier Jahren sind in halbjährlichen Abständen Kolikerscheinungen mit Kreislaufproblemen beobachtet worden. Seit 10 Tagen hat sie eine Lahmheit vorn links, die zur Kühlung mit essigsaurer Tonerde behandelt wird.

Die Vorbehandlung von x wurde am ersten Tag mit 9 Mio.IE Penicillin eingeleitet, am zweiten Tag mit LZ Penicillin, Baytril und Baypamun, am dritten Tag mit Baytril, Metapyrin und Baypamun, am vierten Tag mit Oxytetracyclin und Metapyrin und am fünften Tag morgens mit Oxytetracyclin, Metapyrin, Catosal und 2 l Infusionslösung, abends mit LZ-Penicillin-Streptipen fortgesetzt.

x steht auf Stroh, tags ist sie auf der Koppel und nachts in der Box, sie bekommt Hafer und Heu und ist gegen Influenza und Tetanus geimpft.

 

 

2.)    Signalement:

 

Es handelt sich um einen hellfuchs Haflinger.     Sie wurde 1982 geboren. x hat einen weißen Stern mit durchgehender, spitz und rechts auslaufender Blesse. Der Rand der Blesse ist auf dem Nasenrücken gestichelt. Auch die Stirn ist gestichelt. Auf der Oberlippe befindet sich eine Schnippe.  In der Regio vertebralis thoracis ist das Fell beidseitig keilförmig gestichelt. Alle vier Gliedmaßen sind unregelmäßig fesselweiß.

Das Stockmaß beträgt etwa 150 cm.

 

 

 

 

 

3.) Klinische Untersuchung:

 

-         Allgemeinuntersuchung:

 

Die Stute steht auf allen vier Gliedmaßen und belastet sie ungleimäßig und unregelmäßig. Sie ist bei Bewußtsein, apathisch und depressiv. Der Ernährungszustand ist mäßig, der Pflegezustand gut. Die Episkleralgefäße sind kräftig gefüllt und gut abgegrenzt. Die Sklera ist leicht gelblich gefärbt. Die Kapillarfüllzeit beträgt ca.1 Sekunde. Die Schleimhäute sind deutlich gerötet. Der Puls beträgt 80 Schläge pro Minute, er ist regelmäßig, gleichmäßig und mäßig kräftig. Die Atemfrequenz beträgt 16 pro Minute. Die Luftstrom ist auf beiden Seiten gleichmäßig, ohne Geräusche und riecht mild aromatisch. Die Körpertemperatur beträgt zur Aufnahmezeit 39,7°C. Die Lymphknoten sind ohne besonderen Befund.

Der Allgemeinzustand ist mäßig.

 

-         Spezielle Untersuchung:

 

Der Harn- und Geschlechtsapparat, das Lymphsystem, das Nervensystem, die Haut und das Haarkleid sind unauffällig.

 

Herz und Kreislauf:

Die Vena jugularis sinistra hat in der Mitte des Halses eine etwa kirschgroße Umfangsvermehrung und ist schlecht anstaubar. Auskultatorisch sind keine pathologischen Geräusche hörbar.

In der Ultraschalluntersuchung rechts kaudal in der langen Achse im vierten Intercostalraum zeigt sich links eine Verdichtung am Ansatz des Sehnenfadens der Mitralklappe.

Im Blutbild beträgt der Hämatokrit 0,38, die Hämoglobinkonzentration 12 g/dl, die Leukocytenkonzentration 15400/µl.

Das Differentialblutbild ergibt 18% stabkernige und 68% segmentkernige neutrophile Granulocyten 2% Monocyten und 11% Lymphocyten.

Am 20.11.2000 ergibt die klinische Chemie für die Kreatininkinase einen Wert von 396 IU/l, die GOT von 260 IU/l, die LDH von 782 IU/l, die a-HBDH von 356 IU/l. Der Fibrinogengehalt beträgt 449 mg/dl, das Gesamteiweiß liegt bei 7,1 g/dl, die a1-Albuminfraktion bei 1,29 g/dl und die a2-Fraktion bei 1,02 g/dl.

Die mikrobiologische Untersuchung des Blutes ist wegen der starken antibiotischen Vorbehandlung nicht sinnvoll.

 

                 Atmungsapparat:

Der Kopf ist beidseitig, links mehr als rechts, geschwollen, schmerzhaft und warm. Die Perkussion der Nasennebenhöhlen ist schmerzhaft und ergibt einen gedämpften Schall. Es ist kein Nasenausfluß zu beobachten. Husten ist nicht auslösbar. Die Lungengrenzen sind physiologisch. Die Auskultation ergibt ein geringgradig verschärftes Atemgeräusch.

Endoskopisch zeigt der Meatus dorsalis sinister mucöses Sekret, linker und rechter Luftsack sowie der Rachenraum sind unauffällig.

Die Röntgenuntersuchung ergibt in der Dorsoventralaufnahme eine Verschiebung des Nasenseptums nach rechts. Die Laterolateralaufnahme zeigt einen deutlichen Flüssigkeitsspiegel in der rechten Kieferhöhle und einen undeutlichen Befund in der linken.

Die Blutgasanalyse gibt keine Hinweise auf respiratorische oder metabolische Störungen.

 

Verdauungsapparat:

Der Appetit des Pferdes ist gut, das Kauen bereitet jedoch Probleme und geht mit starkem Speichelfluß einher. Palpatorisch sind geringgradige Zahnspitzen fühlbar. Das Maul riecht aromatisch. Das Pferd kaut Wickel.

Bei der Einlieferung sind keine Darmgeräusche hörbar, an den folgenden Tagen in der Klinik sind in allen vier Quadranten die physiologischen Darmgeräusche auskultierbar. Die rektale Untersuchung nach 20ml Buscopangabe läßt einen schmierigen pastösen Kot in der Ampulle erkennen, Colon und Caecum sind unauffällig. Die Gekrösewurzel ist höckrig und schmerzhaft.

Das Pferd setzt Kot ab. Die Kotprobe bleibt ohne besonderen Befund.

Die Bauchhöhlenpunktion ergibt eine Laktatkonzentration von 0,92mmol/l Plasma 1,12 mmol/l ).

 

Bewegungsapparat:

Die Ultraschalluntersuchung am linken Vorderbein gibt Auskunft über eine Sehnenscheidenentzündung, die aber nicht vollständig diagnostiziert werden soll.

 

 

 

4.) Diagnose:

 

Die leichte Gelbfärbung der Schleimhäute ist auf einen Inanitionsikterus zurückzuführen, da die Laborwerte keine Hinweise auf einen prähepatischen, hepatischen oder posthepatischen Ikterus geben. Der Hungerzustand mit katabolem Stoffwechsel der Muskulatur induziert den hohen CK-Wert. Die erhöhten LDH- und a-HBDH-Wert mit einem a-HBDH/LDH-Quotienten von unter 0,5 könnten schon Auskunft über degenerative Myocardiopathien geben.

Die Körpertemperatur von 39,7°C ist erhöht. Das Pferd hat Fieber. An der Vena jugularis sinistra hat es eine Thrombophlebitis. Die Verdichtung am Ansatz des Sehnenfadens der Mitralklappe ist eine Endocarditis parietalis. Die Laborwerte ergeben eine Leukocytose, eine regenerative Linksverschiebung, einen erhöhten Fibrinogengehalt, sowie eine deutlich erhöhte a1 und a2-Albuminfraktion, was auf eine akute Entzündung hinweist.

Die Umfangsvermehrung am Kopf, das mucöse Sekret im Meatus dorsalis sinister und das im Röntgenbild verschobene Nasenseptum deuten auf eine Sinusitis hin.

 

 

 

5.)    Differentialdiagnose:

 

Von der Endocarditis parietalis muß man eine Endocarditis valvularis, chordalis, trabekularis und papillaris abgrenzen. Die fehlenden Auskultationsbefunde schließen eine Endocarditis valvularis aus. Die anderen Formen sind ultraschalldiagnostisch auszuschließen.

 

 

 

 

 

 

6.) Ätiologie:

 

Die Genese dieses Falles ist aufgrund der abgebrochenen Diagnositk unklar. Vermutlich handelte es sich um eine zyklische Infektionskrankheit mit einer unbekannten Eintrittspforte. Eventuell war ein Eiterherd im Kopfbereich die bakterielle Ursache ( Häufige Erreger sind Streptokokken und Actinobacillus equuli. ). Die Endokarditis parietalis ist in der Regel bakteriologisch. Es ist unklar, ob primär vielleicht eine Knochenentzündung und dann eine Retentionszyste, oder zuerst eine Zyste und sekundär eine bakterielle Infektion des Sinus frontalis stattgefunden hat.

 

 

 

7.) Therapie:

 

Das Mittel der Wahl zur Bekämpfung der Endocarditis parietalis ist Penicillin. Durch die Vorbehandlung durch Dr.Walter und den vorzeitigen Abbruch der Therapie ist diese im Fall von Urelia kontraindiziert. Die Behandlung erfolgt im akuten Stadium mit einer Infusion ( 3 l Natriumbikarbonat 4,2 % ) und Solu Decortin, einem Prednisolonpräparat zur Kreislaufstabilisation und Prophylaxe von schweren Infektionen und des septikämischen Schocks. Desweiteren erfolgt die antibiotische Behandlung in den folgenden Tagen mit 20ml Excenel ( Cephalosporin ). Zur Immunstimulation könnte man auch weiter mit Baypamun behandeln.

 

 

 

8.) Prognose:

 

Die Prognose quoad functionem, wenn man von starken Belastungen absieht, et restitutionem ist ungewiß, da man nicht weiß, ob die Herzfunktion durch die Entzündung beeinträchtigt wird. Es kann zu Thromboembolien kommen, die im weiteren arterielle und arterioläre Obturationen verursachen und zu Herzmuskel-und Niereninfarkten führen können. Die Endokarditis kann sich auf das Myokard ausdehnen und nach Reparation eine Narbe im Myokard hinterlassen. Das heißt, die Prognose quoad restitutionem wäre in diesem Fall infaust. Quoad vitam kann man bei einem 18jährigen Pferd und ohne Kenninis der Ursache und Diagnose keine Aussage machen, sie kann aber durchaus günstig sein.

 

 

 

9.) Epikrise:

 

Das Pferd x leidet an einer Endokarditis parietalis, die wahrscheinlich durch Erregerabwanderung aus der Sinusitis entstanden ist. Die Stute wird mit Antibiotika, Glucokortikoiden und Infusion behandelt. Da die finanziellen Möglichkeiten eine vollständige Diagnose und Therapie nicht zulassen, bleibt der Fall sowie eine endgültige Prognose offen.

 

 

 

 

 

 

                                                                                

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