Krankheitsbericht
I. Signalement
Patient: Läuferschwein, Nr. x, Deutsche Landrasse-Hybrid, ca. 18 - 20 kg, etwa
2,5 - 3 Monate alt, weiblich, je eine Ohrmarke in jedem Ohr
Nutzungsart: Mastschwein
Patientenbesitzer: x
II. Anamnese
Das Läuferschwein ist aufgefallen durch eine Umfangsvermehrung im Afterbereich, und wurde am 20.01.1997 in die Klinik eingestellt.
III. Status praesens
28. Jan. 1997: F Das Tier ist apathisch.
F Die Atmung ist vermehrt abdominal, die Frequenz liegt bei 20/min und der Rhythmus ist regelmäßig.
F Die Herzfrequenz beträgt 148/min und der Rhythmus ist regelmäßig.
F Die Temperatur wurde aufgrund der schmerzhaften Umfangsver-mehrung nicht gemessen.
F Das Tier hat ein langes, rauhes, struppiges Haarkleid, und die Haut ist blaßrosa.
F Die Schleimhäute sind blaß, die Konjunktiven rosa gefärbt und die Episkleralgefäße kaum injiziert.
F Der Ernährungszustand des Tieres ist schlecht, da die Dornfortsätze der Wirbelsäule stark hervorgetreten sind und der Flankenbereich eingefalen ist.
spezielle Untersuchung:
Die adspektorische und palpatorische Untersuchung ergab eine etwa 10 cm lange Umfangsvermehrung in der Aftergegend, die schwarzbraun verfärbt, schmerzhaft, verschieblich, nicht reponierbar und nicht ablös- bar ist.
IV. Zusammenfassung krankhafter Befunde
Das Läuferschwein Nr. x hat, wie oben beschrieben, eine Umfangsvermehrung in der Aftergegend, die schmerzhaft und nicht reponierbar ist.
V. Diagnose
Mastdarmvorfall
Der Mastdarmvorfall ist eine durch Umstülpung und Herauspressen eines ringförmigen Rektumabschnittes aus der Afteröffnung entstandene Umfangsver- mehrung unterschiedlicher Größe. Durch eine Abschnürung der abführenden Gefäße durch den Afterschließmuskel kommt es zunächst zu einer Ödematisierung und später durch die anhaltende Gefäßstauung zu einer Nekrotisierung des vorgefallenen Darmabschnittes.
Bei jungen Mastschweinen, wie diesem Läuferschwein, kann der Vorfall durch einen starken Husten, Diarrhoe und damit verbundene Darmspasmen oder durch Obstipationen und somit vermehrtes Pressen hervorgerufen werden.
VI. Differentialdiagnose
Es gibt hierbei keine Differentialdiagnose, da die Diagnose eindeutig ist.
VII. Prognose
Bei frühzeitiger Erkennung ist die Prognose durch Reposition des vorgefallenen Darmabschnittes günstig, solange noch keine Verletzungen vorliegen.
Auch bei einer Resektion der verklebten oder verletzten Mastdarmvorfälle ist die Prognose mit einer Operation nach MÖLLER-FRICK günstig.
Vor allem durch den schlechten Allgemeinzustand dieses Tieres und die Dauer des Bestehens des Mastdarmvorfalls ist die Prognose in diesem Fall äußerst ungünstig.
VIII. Entscheidung Therapievorschlag
Da das Tier durch den Mastdarmvorfall und die damit verbundenen Folgen bereits in einem schlechten Allgemeinzustand ist, ist eine Operation induziert, obwohl die Prognose schlecht ist.
Zur Durchführung der OP muß das Tier in einem nüchternen Zustand sein, weshalb es 24 Stunden vorher nicht gefüttert werden darf.
Operation:
Als Narkose wird eine Neuroleptanalgesie verwendet, jedoch keine klassische, da kein starkes opioides Analgetikum gegeben wird.
1 ml Stresnil® (Azaperon) i.m.
1,5 ml Hypnodil® (Metomidat) i.v., da eine intraperitoneale Gabe wegen extremer Harnblasenfüllung nicht möglich war.
Bei der hier angewandten Operation nach MÖLLER-FRICK wird zunächst durch Anlegen von vier Zügeln ein Zurückgleiten der cranialen (inneren) Darmabschnitte in die Bauchhöhle verhindert. Die Zügel werden so angelegt, daß sie bereits im gesunden Gewebe liegen.
Anschließend wird das nekrotische Gewebe mit einer Schere entfernt, und die gesunden Darmabschnitte nach Ligatur der Mesenterialgefäße durch Knopfhefte anastomosiert.
Das hierbei verwendete Nahtmaterial ist ein nicht-resorbierbarer Faden für die Knopfhefte, da sie dem Druck des Kotabsatzes standhalten müssen.
IX. Epikrisis
Da bei der Resektion des nekrotischen Darmabschnittes nicht alles nekrotische Gewebe entfernt werden konnte, war eine End-zu-End-Anostomose der gesunden Darmteile und damit eine erfolgreiche Operation nicht möglich.
Aufgrund des ohnehin schlechten Allgemeinzustandes und des nekrotischen cranialen Darmabschnittes wurde das Tier in der Narkose mit 10 ml Narcoren® (16 g Pento- barbital, 3 g Benzylalkohol) intracardial euthanasiert.