Rind-16 - Bronchopneumonie

 

 

                                                              Krankenbericht

       

 

Der Fall wurde am 11.01.00 im Rahmen der klinischen Demonstrationen in der Klinik für Klauentiere von x ausgegeben.

 

 

1.  Anamnese:

 

Es handelt sich um eine Kuh, die zunächst unter respiratorischen Störungen leidend in der Klinik vorgestellt wurde. Nun zeigt sie allgemeine Abgeschlagenheit und Inappetenz

 

 

2.  Signalement:

 

Es handelt sich um ein weibliches Tier, der Rasse Schwarz-Bunte mit einem geschätzten Gewicht von 450 kg bei einer Widerristhöhe von ca. 1,40 m.

Die Kuh ist durch einen weißen Bauch  sowie eine unterbrochene Schulter- und Beckenbinde gekennzeichnet. Beide Vorderextremitäten sind bis zu den Carpalgelenken unregelmäßig hoch weiß.

An den Hinterextremitäten sind beide Gliedmaßen unregelmäßig Fessel hoch weiß eingefärbt.

Der Kopf  ist durch einen Keilstern gekennzeichnet.

Die Kuh ist ca. 3 ½ bis 4 Jahre alt. Sie hat ein vollständiges Gebiß von 32 Zähnen. Ein Schneidezahnwechsel ist an den Zangen, inneren Mittelzähnen und äußeren Mittelzähnen abgeschlossen. Die Zangen sind leicht gelockert. Das Rind besitzt einen Vorbiß.

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3.  Status Präsens:

 

Allgemeine Untersuchung:

 

Liegt die Kuh, so befindet sie sich in Brust- Bauchlage. Sie ist schwer auftreibbar. Beim aufrechten Stehen entlastet sie die vordere linke Gliedmaße. Die Kuh zeigt eine breitbeinige Stellung und das vordere linke Ellenbogengelenk ist leicht nach außen gedreht. Der Kopf wird frei bewegt, wird allerdings etwas gesenkt gehalten. Der Schwanz liegt dem Körper an. Körperbau und Entwicklungszustand. Die Kuh macht einen matten , traurigen und appatischen Eindruck..

Sie nimmt vermindert an ihrer Umwelt teil. Ein Ohrenspiel ist vorhanden, aber reduziert.

Die Kuh frißt schlecht. Sie verweigert das ihr gebotene Kraftfutter. Ein Wiederkauen ist im Beobachtungszeitraum kaum dingfest zu machen. Sie trinkt vermehrt

Der Ernährungszustand ist mäßig. Des gleichen der Pflegezustand. Die Kuh hat ein stumpfes, mattes und struppiges Fell. Es liegt dicht an. An beiden vorderen Gliedmaßen sind im Carpalbereich Liegeschwielen (Dekubitus) zu lokalisieren. Die Hautoberflächentemperatur wird physiologischerweise zu den Extremitäten hin kühler. Die Körperinnentemperatur liegt bei 38,4°C.

Die Herzfrequenz beträgt 68 Schläge pro Minute, die Atemfrequenz ist unregelmäßig und liegt bei 10 Atemzüge pro Minute.

Pansengeräusche sind unregelmäßig ca. ein mal pro Minute zu hören

 

Insgesamt zeigt die Kuh ein durchaus gestörtes Allgemeinbefinden.

 

 

Spezielle Untersuchung:

 

Haarkleid, Haut und Unterhaut:

Das Haarkleid ist geschlossen und vollständig vorhanden. Es ist dicht anliegend. Die Haare sind stumpf, trocken, matt und struppig. Wieterhin ist es geruchsneutral. Es ist ein leichter Schuppenbefall feststellbar. Krusten sowie Anzeichen von Parasiten sind nicht feststellbar. Der Bereich um den After ist etwas kotverschmiert.

 

Die Beschaffenheit der Haut ist weich, sie besitzt eine gewisse Fettigkeit und ist dunkel pigmentiert.

Die Hautdicke ist physiologisch. Juckreiz ist spontan nicht vorhanden und auch nicht auslösbar.

Nach Aufziehen einer Hautfalte verstreicht diese sofort wieder. Die Haut zeigt Veränderungen im Bereich des Carpalgelenks an beiden Vordergliedmaßen. Es handelt sich um einen Dekubitus.

Die Haut ist verschieblich und es sind keine Gewebeverdichtungen unter ihr zu fühlen.

 

Schleimhäute:

Die sichtbaren Schleimhäute sind abgesehen von der Zungenunterseite an den meisten Stellen dunkel pigmentiert. Sie sind glatt, glänzend und feucht, sowie frei von Auflagerungen und oberflächlichen Defekten.

 

Lymphapparat:

Am Kopf sind nur die Lnn. mandibulares als gut haselnußgroße, glatte, verschiebliche Gebilde palpierbar. Die Lnn. parotidei und retropharyngealis med. sind nicht zu spüren. Die Lnn. cervicalis supf. sowie subiliaci stellen sich als ca. 8cm lange und etwa fingerstarke gebilde dar. Von den Lnn. mammarii ist einer etwa haselnuß- bis knapp walnußgroß, der andere zumeist bis taschenuhrgroß.

Sie sind glatt, prall- elastisch und verschieblich. Sie zeigen keine Schmerzempfindlichkeit.

 

Kreislaufapparat:

Der Herzstoß ist auf der linken Seite palpierbar. Bei der Perkussion ergab sich ein 1-2 handtellergroßes Herzdämpfungsfeld in Höhe des linken Ellenbogens.

Die Auskultation ergab eine Herzfrequenz von 68 Schlägen pro Minute. Die Intensität der Herztöne ist kräftig und die Frequenz ist gleichmäßig. Beide Herztöne sind deutlich voneinander zu trennen, Herzgeräusche sind nicht vorhanden.

Der Puls der Arteria facialis ist gleichmäßig und leicht unterdrückbar.

Die Episkleralgefäße sind mittelgradig gefüllt und deutlich konturiert.

Die kapilläre Füllungszeit beträgt zwei Sekunden.

Bei der Venenstauprobe staut sich die Vena jugularis cranial der Staustelle und wird palpierbar. Ein positiver oder negativer Venenpuls ist nicht feststellbar.

 

 

Atmungsapparat:

Die Atemfrequenz beträgt 10 Atemzüge pro Minute. Es liegt physiologisch ein costoabdominaler Atemtyp vor, wobei man das Rind als vermehrt costal einstufen kann. Die Atmung ist unregelmäßig.

Das Tier hustet alle zwei bis drei Minuten spontan zwei bis drei mal in Folge. Der Husten ist trocken und ohne Auswurf. Der Hustenstoß läßt sich durch Druck auf die Trachea sowie Atemhemmung auslösen. Befindet sich das Tier in Ruhe ist ein leichtes Atemgeräusch zeitweilig feststellbar, das wie ein Stöhnen klingt. Ausstrom der Atemluft ist über beiden symmetrisch geöffneten Nasenöffnungen schwächer als physiologisch zu spüren.

 

Das Flotzmaul ist feucht, warm und glänzend., Ausfluß ist nicht vorhanden.

Adspektorisch sind Nasen- und Nebenhöhlen  symmetrisch. Bei der Perkussion ist ein resonanter Schall zu hören, Schmerzhaftigkeit ist nicht vorhanden. Es ist beidseitig ein serös bis muköser Nasenausfluß feststellbar.

An Rachen, Kehlkopf und Trachea sind adspektorisch und palpatorisch keine Besonderheiten festzustellen. Beim Auskultieren hört man ein deutliches exspiratorisches Atemgeräusch am Kehlkopf.

Der Brustkorb ist symmetrisch. Das Lungenfeld wird dorsal durch den M. longissimus dorsi, cranial durch die Anconäenmuskulatur begrenzt und reicht caudal bis  zum vorletzten Interkostalraum dorsal und führt dann im leichten Bogen bis zum Ellenbogenhöcker. Bei der Perkussion ist ein voller Lungenschall zu hören. Es ist keine Schmerzhaftigkeit feststellbar. Bei der anschließenden Auskultation der Lunge  sind krankhafte Atemgeräusche zu hören. Sie gleichen einem“giemen“ bis leicht knatterndem Geräusch.

 

Verdauungsapparat:

Das Rind bekommt Kraftfutter und es wird Rauhfutter in Form von Heu angeboten. Das Tier frißt schlecht (das Kraftfutter bleibt in der Futterkrippe liegen), trinkt viel und kaut unregelmäßig wieder.

Das Abdomen ist symmetrisch und die Bauchdecke ist leicht gespannt. Auskultatorisch werden Pansengeräusche festgestellt, die etwas unregelmäßig etwa ein mal pro Minute zu hören sind.

An der rechten Bauchwand sind schwach gluckernde Darmgeräusche wahrnehmbar. Da Verdacht auf eine Labmagenverlagerung besteht, ist eine Steelband-Effekt Probe sinnvoll. Sie fällt als mir das Tier vorgestellt wurde negativ aus.

Die Kotkonsistenz ist fest- breiig, der Kotabsatz  war zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht kontrollierbar.

 

Harnapparat:

Das Tier setzt gleichmäßig Harn im Strahl ab. Der Harnabsatz erfolgt ohne Schwierigkeiten. Der Harn ist adspektorisch hellgelb, klar und dünnflüssig.

 

Bewegungsapparat:

Das Rind liegt in Brust- Bauchlage. Das Aufstehen erfolgt nach mehreren Versuchen des Auftreibens. Steht das Tier so entlastet es die vordere linke Gliedmaße. Es steht in einer nahezu breitbeinigen Stellung und das Ellenbogengelenk ist nach außen gedreht.

Die Stellung der Hintergliedmaßen ist physiologisch.

Die Klauen der Vorder- und Hinterextremitäten weisen eine regelmäßige form auf. Das Horn der Klauen hat eine glatte und geschlossene Oberfläche und zeigt keine Substabzverluste oder Zusammenhangstrennungen. Bei der Papation ist kein Druckschmerz auslösbar.

 

 

 

 

Zentrales Nervensystem:

Die Untersuchung des Schädels und der Wirbelsäule ergab keinerlei Hinweise auf abnorme Haltung, Verletzungen  oder Deformationen.

Das Rind ist eingeschränkt aufmerksam seiner Umwelt gegenüber. Es registriert die Abläufe in seiner Umgebung , reagiert aber in abgeschwächter Form, was sich z.B. in einem reduzierten Ohrenspiel bemerkbar macht.

Die Bewegungsabläufe sind zielgerichtet und laufen koordiniert ab.Oberflächensensibilität ist am ganzen Körper nachweisbar. Beim Druck auf den Kronsaum wird die Extremität zurückgezogen.

Lid- und Pupillarreflex sind auf beiden Seiten positiv und sind prompt und gut ausgeprägt.

Anal- und Schwanzreflex sind ebenfalls vorhanden.

Das Sehvermögen desTieres ist nicht beeinträchtigt. Die Lidspalten sind Symmetrisch und weit geöffnet. Es sind keinerlei Ausfluß und Verletzungen am Auge festzustellen

 

 

4.  Diagnose:

 

Es handelt sich um eine Bronchopneumonie, welche sowohl sporadisch als auch enzootisch auftreten kann. Konkreter beschrieben könnte es sich um eine eitrig-abszedierende Bronchopneumonie (Bronchopneumonia suppurativa et apostematosa)  handeln. Die Abgrenzung  zu anderen Formen der Bronchopneumonien gestaltet sich schwierig.

Erkrankte Tiere zeigen einen eitrigen, oft übelriechenden, fadenziehenden Nasenausfluß und pathologische, mitunter auch veränderte Perkussions- oder Auskultationsbefunde der Lunge.

Angestrengte Atmung, wechselndes Fieber, Leukozytose und Granulozytose, wechselhaftes Allgemeinbefinden, Inappetenz und häufig wiederkehrende Rezidiv- Schübe gehören zu den Begleitsymptomen.

 

5.   Differentialdiagnose:

 

Nach ihrer klinischen Form sind die katarrhalische, eitrig-abszedierende, fibrinöse und gangränöse

Bronchopneumonie zu unterscheiden. Die Abgenzung ist oft schwierig. Weiterhin sind Differentialdiagnostisch insbesondere die spezifischen Bronchopneumonien zu berücksichtigen:

Kälberpneumonie, Rindergrippe, Pneumokokkose, IBR/ BHV-1- Infektion, Pasteurellose.

 

6.  Therapie:

 

Für die Behandlung ist die Klärung, ob es sich um ein sporadisches oder enzootisches Geschehen handelt von großer Wichtigkeit. Da es sich häufig um sekundäre bakterielle Infektionen handelt, steht die antibakterielle Therapie im Vordergrund. Sporadische Bronchopneumonien sprechen in der Regel gut auf antibiotische Behandlung an. Verabreichen von Betamimetikern z.B. Ventipulmin bzw.

Sekretolytika können als unterstützende Therapie erfolgen. Um eine Stabilisierung des Allgemeinbefindens zu erzielen sind Infusionen eine gute Maßnahme.

 

7.  Prognose:

 

Die Prognose ist als vorsichtig einzustufen. Sie hängt von vielen Faktoren ab, wobei neben Ursache, klinischer Form und Allgemeinzustand derTiere auch Haltung, Resistenzverhalten der Keime gegen Antibiotika und Art der Therapie wichtig sind.

 

 

 

8.  Ätiologie:

 

Die spezifischen, enzootischen Bronchopneumonien können primär durch Viren, Bakterien, Endoparasiten oder auch von Pilzen hervorgerufen werden.

Bakterien und Pilze  siedeln sich auch sekundär an eine Primärinfektion an.

 

9.  Epikrise:

 

Das Rind  wurde mir am 11.01.00 mit respiratorischen Störungen, allgemeiner Abgeschlagenheit und Inappetenz vorgestellt. Es handelt sich hierbei  um eine Bronchopneumonie. Da anzunehmen ist, daß das Tier aufgrund zusätzlicher  Probleme mit dem Verdauungstrakt später auch noch an einer Labmagenverlagerung erkrankte, ist die Prognose insgesamt als vorsichtig bis schlecht  zu beurteilen.

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