Obduktion-30 - Hund: Fibrinöse Pleuritis nach Bißverletzung

Sektionsbericht

 

 

 

 

Ausführlicher Bericht über die Zerlegung eines Hundes

 

Am 05.11.1999, in der Zeit von 11 Uhr bis 12.15 Uhr, wurde in der Sektionshalle des Instituts für Veterinär-Pathologie der Freien Universität Berlin die Sektion eines Hundes vorgenommen. Der Bericht wurde von x ausgegeben; als Zeugen waren anwesend: ...

 

Das Tier ist unter der Sektionsnummer x registriert und wurde am 02.11.1999 von der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere an der Freien Uni­versität Berlin eingesandt. Besitzer des Tieres ist ...

 

 

Vorbericht und klinische Diagnose

 

Aus dem Vorbericht läßt sich entnehmen, daß das Tier wegen Bißverletzungen beidseits am Thorax in die Klinik für kleine Haustiere eingeliefert wurde. Das Tier hatte großflächige Quetschverletzungen am Thorax, die gesamte Muskulatur war zerfetzt und wie gekocht. Die rechte Brusthöhle war eröffnet und das rechte Schulterblatt völlig von der darunterliegenden Muskulatur abgerissen.

Das Tier wurde sediert, intubiert und in Narkose gelegt. Dann wurde die verletzte Haut großflächig exzidiert und die eröffnete Brusthöhle per Naht verschlossen. Das abgerissene Schulterblatt wurde, soweit möglich, wieder adaptiert. Die Wunden wurden weiterhin mit 5 Pensoe und 1 Jodoformdrain versorgt und genäht. Das Tier verstarb am 02.11.1999 um 11.22 Uhr.

 

Die klinische Diagnose lautet "Bißverletzungen Thorax bds", mit der Bitte um Abklärung der Todesursachen.

 

 

Befundbeschreibung

 

Äußere Besichtigung

 

Bei dem Tierkörper handelt es sich um einen Hund der Rasse West-Highland-Terrier. Das Fell ist weiß und lockig. Das Tier ist gemäß Vorbericht 8 Jahre alt, männlich und wiegt 4,7 kg. Der Ernährungs- und Pflegezustand ist sehr gut.

 

Die Zerlegung des Tierkörpers erfolgte ca. 72 Stunden nach dem Tod des Tieres. Der Tierkörper befindet sich in linker Seitenlage und ist vollständig vorhanden. Das Tier ist auf beiden Körperseiten feucht, im Kopf- und Halsbereich ist das Fell mit roter Flüssigkeit durchtränkt. Auf der rechten Thoraxseite fehlt ein ca. männerfaustgroßes Stück der äußeren Haut, sodaß die Muskeln und einige Rippen zu sehen sind. Auf der linken Thoraxseite fehlt ein ca. 20 cm langes und bis zu 8 cm breites Stück der äußeren Haut zwischen Rücken und Brustbein. Auch hier sind Muskeln und Rippen zu sehen. Die Haut ist im Rücken- und Brustbereich mit diversen Einzelnähten versehen. An der linken Halsseite ist ein dünner Kunststoffschlauch angebracht, der aus dem Körper herausragt und mit Nähten und Heftpflastern fixiert ist.

 

Die Totenstarre ist im Bug-, Ellenbogen-, Hüft- und Kniegelenk nicht mehr vorhanden. Das Kiefergelenk läßt sich nur schwer passiv öffnen. Der Tierkörper ist kalt und blaß. Totenflecken und Fäulniserscheinungen sind nicht festzustellen.

 

An den Augen ist kein Ausfluß festzustellen. Die Schleimhaut der Konjunktiven ist hellrosa mit schwarzen Pigmenteinlagerungen im Unterlid. Die Augäpfel liegen leicht eingesunken in der knöchernen Augenhöhle und weisen einen leicht erniedrigten Innendruck auf. Die Hornhaut der Augen ist trübe, trocken und leicht eingesunken. Eine Eröffnung der Augen wurde nicht vorgenommen.

Die Nase ist rosafarben, trocken und ohne Ausfluß.

Die unpigmentierte Haut der innenliegenden Anteile des äußeren Gehör­ganges ist beidseits porzellanfarben und trocken und weist bräunliche Auflagerungen auf.

Die hellrosa, an der Spitze trockene Zunge ragt aus der Mundspalte. An den oberen Canini und Molaren befinden sich gelbbraune, harte Auflagerungen. Die Maulschleimhaut ist porzellanfarben, trocken und ohne Auflagerungen.

Der After und die umgebende Haut sind ohne Ausfluß oder Verkrustungen. Der After ist geschlossen, und die rosafarbene, kutane Schleimhaut, rosettenförmig in Falten gelegt, zeigt sich glatt und trocken.

Aus dem Präputium tropft gelbe Flüssigkeit. Die Penisspitze ist blaßrosa. Die Haare in der Umgebung der Vorhautöffnung sind trocken. Die äußere Haut des Scrotums ist haarlos und schwarz pigmentiert.

Eine Nabelöffnung ist nicht vorhanden.

Die Haut ist weiß, das Haarkleid an Kopf und Hals sowie an den Extremitäten ist dicht und geschlossen. Im Rumpfbereich befinden sich beidseits nur sehr kurze Haare.

Im Bereich der Bauchhöhle ist der Tierkörper fest, aber eindrückbar.

Der Tierkörper weist insgesamt keine Abweichung von der Symmetrie auf.

 

 

Innere Besichtigung

 

Organe der Bauch- und Beckenhöhle

 

Nach Eröffnung der Bauchhöhle sind zunächst nur Teile von Milz und Leber, die Harnblase und einige Darmabschnitte zu sehen, alle anderen Organe (Magen, Darm, Pankreas, Nieren und Nebennieren) sind von dem stark verfetteten großen Netz überlagert. Im cranialen Bereich ist das Fett stark gelb verfärbt. Die sichtbaren Organe liegen tierartspezifisch. Die Bauchhöhle ist von glattem Peritoneum ausgekleidet, das Zwerchfell dehnt sich in den Thorax aus. Das Unterhautfettgewebe ist mäßig ausgebildet, feucht und ohne Verfärbungen. Die Gefäße sind gezeichnet und mäßig gefüllt.

 

Die Milz ist keulenförmig und leicht gewölbt, 13 cm lang, 2 bis 4 cm breit, 1 cm hoch und wiegt 20 gr (0,43 % der Körpermasse). Die Kapsel hat eine faltige Oberfläche, die Ränder sind stumpf. Die Milz ist von dunkelroter Farbe und derb-elastischer Konsistenz. Beim Anschnitt ist nur rote Pulpa zu sehen, die Schnittfläche ist homogen unauffällig.

 

Der Magen-Darm-Kanal ist 154 cm lang und wiegt ohne Mageninhalt 242 gr. Lage und Verlauf entsprechen der tierartlichen Norm.

Der Magen ist leicht aufgegast und ca. männerfaustgroß. Die äußere Oberflä­che ist glatt, mattglänzend und hellbeige. Der Mageninhalt ist weiß bis gelblich und schaumig, ohne feste Bestandteile. Die Schleimhaut ist hellbraun, feucht, glatt, glänzend und in Falten gelegt. Die Magenwand ist durchgehend 2 bis 3 mm dick.

Die Darmoberfläche ist durchgehend hellbraun und ohne Auflagerungen. Nach Eröffnung zeigt sich hellbrauner, flüssiger Inhalt. Die Schleimhaut ist hellbraun, feucht, glatt und glänzend, Auflagerungen oder Zusammenhangstrennungen konnten nicht festgestellt werden. Dickdarm und Enddarm sind mit eingedicktem Inhalt (Kot) gefüllt.

 

Die Bauchspeicheldrüse wiegt 12 gr (0,26% der Körpermasse), ist 20 cm lang, 1 cm breit und ½ cm hoch. Das Gewebe ist blaßrosa bis hellrot.

 

Die Leber wiegt 274 gr (5,25 % der Körpermasse), ist 18 cm lang, 12 cm breit und 4 cm hoch. Die Oberfläche ist feucht, glatt und glänzend, mit gelbgrünen, fädigen, abziehbaren Auflagerungen. Die Leber ist gelbbraun, von brüchiger Konsistenz, und die Ränder sind stumpf und gelappt.

Die Gallenblase ist prall gefüllt, von grünlicher Farbe und breitflächig mit der Leber verwachsen. Der Gallengang in den Darm ist durchgängig. Die Gallenflüssigkeit ist von dunkelbrauner Farbe und leicht visköser Konsistenz.

 

Die rechte Niere ist 5,5 cm lang, 3 cm breit und 2 cm hoch und wiegt 19 gr (0,4 % der Körpermasse). Die linke Niere ist 5 cm lang, 3 cm breit und 2 cm hoch und wiegt 17 gr (0,36 % der Körpermasse). Die Konsistenz beider Nieren ist derb (nierenartig). Die Oberfläche ist hellbraun mit einer deutlichen Gefäßzeichnung. Die Kapseln lassen sich ohne Substanzverlust ablösen. Mark und Rinde lassen sich bei beiden Nieren im Anschnitt deutlich voneinander angrenzen.

Die Nebennieren sind etwa bohnengroß, im Anschnitt ist eine deutliche Tren­nung von heller Rinde und dunklem Mark erkennbar.

 

Die Harnblase ist mäßig gefüllt, tischtennisballgroß und besitzt eine porzellan­farbene, glänzende Oberfläche. In der Harnblase befindet sich eine hellgelbe Flüssigkeit. Die Schleimhaut ist feucht, glatt und glänzend. Die Schleimhautfalten sind verstreichbar. Die Harnleiter sind bleistiftstark und ohne Einlagerungen. Eine Harnuntersuchung auf Glucose und Ketonkörper mittels Harnsticks ergab: Glucose negativ, Ketonkörper 1+.

 

 

Organe der Brusthöhle

 

Außer den Organen befindet sich kein Inhalt in der Brusthöhle. Das Brustfell ist feucht, glatt, glänzend und durchscheinend. An der rechten Brustkorbwand ist das Brustfell stark gerötet und breitflächig mit der Lunge verklebt. Nach Ablösung der Lunge finden sich in diesem Bereich gelbgrüne, abziehbare Auflagerungen sowie eine pfenniggroße Perforation der Brustwand zwischen der 10. und 11. Rippe.

 

Kranial der Herzbasis befinden sich im Mediastinum noch Reste von Thymusgewebe.

 

Der Herzbeutel liegt dem Herzen eng an und ist verschieblich. Die Beschaf­fenheit des Herzbeutels ist feucht, glatt und glänzend. Das Herz hat eine stumpfkegelige Form (6 x 5 x 3,5 cm) und wiegt 41 gr (0,87 % der Körpermasse). Die Herzspitze wird von der linken Kammer gebildet. Die Muskulatur ist braunrot. Die Herzinnenauskleidung ist glatt, feucht und glänzend. Das Lumen der rechten Kammer ist erweitert und mit einer gallertartigen, brombeerfarbenen Masse angefüllt. Von der Wand zum Septum ziehen mehrere, dünne, fadenartige Stränge. Die Wand der linken Kammer ist mittelgradig verdickt. Die Pulmonal-, die Aorten- und die Tricuspidalklappen sind seidenpapierstark, durchscheinend, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die Mitralklappe weist eine leichte, randständige Verdickung auf. Die Herzgefäße sind gezeichnet und mäßig gefüllt.

 

Die Lunge ist kollabiert und diffus rotbraun gefärbt. Die Oberfläche ist faltig. Auf dem Kaudallappen der rechten Lunge befinden sich in einem ca. fünfmarkstückgroßen Bereich gelbgrüne, fädige Auflagerungen. Auf der linken Lunge befinden sich ebenfalls einige fädige, gelbgrüne Auflagerungen sowie ein ca. markstückgroßer, weiß bis rosafarben marmorierter Bereich. Auch der Spitzenlappen der rechten Lunge weist am Rand eine weiße bis rosafarbene Marmorierung auf. Die gesamte Lunge ist prall-elastisch, wobei die rechte Lunge von etwas festerer Konsistenz ist als die linke.

 

 

Die Luftröhre ist stark abgeplattet, die Knorpelspangen klaffen weit auseinander. Die Schleimhaut ist im Kehlbereich leicht gerötet, sonst blaßrosa mit mäßiger Gefäßzeichnung, feucht, glatt und glänzend. In der Luftröhre und in den Hauptbronchen befindet sich kein Inhalt.

 

Die Schleimhaut der Speiseröhre stellt sich als porzellanfarben, mäßig feucht, glatt und glänzend dar. Im unteren Drittel finden sich einige Nahrungsreste, sonstige Auflagerungen sind nicht vorhanden.

 

 

Kopf- und Halsorgane

 

Die Zunge ist 10 cm lang, 1 cm breit, blaßrosa und von derb-elastischer Konsistenz. Die Gefäße an der Zungenunterseite sind deutlich gezeichnet. Die Mandeln sind aus den Taschen hervorgetreten. Die Speicheldrüsen wurde nicht untersucht. Der Kehldeckel ist symmetrisch, elfenbeinfarben und feucht, glatt, glänzend.

 

Die Schilddrüsen sind braun und 1,5 x 0,5 cm groß. Die Nebenschilddrüsen wurden nicht untersucht.

 

 

Zentralnervensystem

 

Das Gehirn wiegt 64 gr (1,36 % der Körpermasse), ist 6 cm lang, 5 cm breit und 4 cm hoch. Das Gewebe ist weich, feucht und porzellanfarben mit sehr starker Gefäßzeichnung. In der weichen Gehirnhaut sowie in der rechten Gehirnhälfte sind diffuse, rote, punkt- bis kommaförmige Areale zu erkennen. Die Hypophyse ist erbsengroß und von weicher Konsistenz.

 

 

Bewegungsapparat

 

Die Muskulatur ist rot, von weicher Konsistenz, mäßig feucht und von feinen Fettsträngen durchzogen. Die Ausbildung der Muskulatur ist symmetrisch.

Die Knochen sind weiß und fest; der Oberschenkelkochen bricht mit dem er­sten Schlag, die Rippe bricht mit einem deutlichen Knackgeräusch. Die Innenseiten der untersuchten Gelenke sind weiß, feucht und ohne Auflagerungen.

 

 

Blut

 

Das Blut ist dunkelrot-braun, Blutgerinnung ist vorhanden. Das Knochenmark, festgestellt am Oberschenkelknochen, weist eine helle Peripherie und ein ro­tes Zentrum auf. Die Konsistenz ist weich-krümelig.

 

 

Lymphknoten

 

Die Körperlymphknoten wurden nicht untersucht.

 

 

 

Pathologisch-anatomische Diagnosen

 

Allgemeindiagnosen

 

Laceratio integumenti commune regio thoraci dextri et sinistri

Patefactio cavum thoracis dextrum

Adipositas

Ketonurie

 

 

Organdiagnosen

 

Pleuritis fibrinosa traumatica acuta adhaesiva localisata

Emphysema pulmonum alveolare chronica multilocularis

Oedema pulmonum chronica diffusa

Induratio pulmonum chronica diffusa

 

Haemorrhagia per diapedesin diffusa leptomenici et cerebri dextri
(Petechien/Ekchymosen)

 

Hyperplasia lienalis pulposa

 

Cardiomyopathia hypertrophica ventriculi sinistri

Dilatatio cordis ventriculi dextri

Endocardosis fibrosa valvularis mitralis

"Moderator bands"

 

Steatosis hepatis peripherolobularis diffusa

 

Zahnstein

 

 

Gesamtdiagnosen

 

Fibrinöse Pleuritis nach Bißverletzung

Herzmuskelhypertrophie bzw. –dilatation mit Stauungslunge

Fettleber

 

 

 

Gutachten

 

Aus der Untersuchung ergeben sich zwei wesentliche Befunde, die als ursächlich für das Krankheitsgeschehen anzusehen sind, wobei nur ein Befund im weiteren für den Tod des Tieres verantwortlich ist. Es handelt sich hierbei zum einen um die entzündliche Erkrankung im Bereich der Brusthöhle und der Atmungsorgane, zum anderen um die degenerative Erkrankung des Herzens.

 

Zunächst werden im Gutachten die wesentlichen pathologisch-anatomischen Befunde kurz erläutert und begründet; mögliche Differentialdiagnosen werden aufgeführt und dagegen abgewogen.

 

Der Hauptbefund der Untersuchung ist das großflächige Fehlen der äußeren Haut im Bereich des Brustkorbes, die damit einhergehende Eröffnung der rechten Brusthöhle und die Veränderungen an Brustfell und Lunge.

 

Aus dem Vorbericht geht hervor, daß die Entfernung der Haut vom Operateur vorgenommen wurde. Die Brusthöhle war zu diesem Zeitpunkt aber bereits eröffnet.

 

Bei den Veränderungen an Brustfell und Lunge handelt es sich um Erkrankungen, die zwar in ursächlichem Zusammenhang zu der traumatischen Eröffnung der Brusthöhle stehen, aber erst später aufgetreten sind. Hierbei handelt es sich zunächst um ein Entzündung des Brustfelles, die mit einer Verklebung desselben mit der rechten Lunge einhergeht. Die rechtsseitigen, massiven Auflagerungen können bereits makroskopisch eindeutig als fibrinös eingestuft werden. Die Rotfärbung des entsprechenden Brustfellbereiches weist dabei auf eine aktive Hyperämie hin, wie sie für ein entzündliches Geschehen typisch ist.

Ursache für die fibrinöse Entzündung in der Brusthöhle war die Eröffnung derselben durch die Bißverletzung. Dabei kam es sowohl durch die Gewebsverletzung selbst als auch durch das Eindringen von Keimen zu einer lokalen Entzündungsreaktion, die sich durch vermehrte Blutfülle im rechten, rippenseitigen Brustfell und starke Fibrinbildung auszeichnete. Da die Lunge bei der Atembewegung ständig mit dem Brustfell in Kontakt steht, wurden beide Oberflächen durch die Fibrinfäden miteinander verklebt.

Als weiteres Zeichen einer akuten Entzündung ist die Vergrößerung der Milz und die damit einhergehende Aktivierung des lymphatischen Systems zu sehen.

In diesem Zusammenhang ist auch der Befund an der weichen Hirnhaut und am Großhirn (petechiale bzw. ekchymöse Blutungen) möglicherweise ein Hinweis auf eine septikämische Ausbreitung des Entzündungserregers. Differentialdiagnostisch wären hier eine Verbrauchskoagulopathie, die Einwirkung ionisierender Strahlen, Sonnenstich oder Tod durch elektrischen Strom zu nennen. Erstere Ursache wäre zwar möglich, allerdings wären dann auch in anderen Organen solche Blutungen zu finden, dies ist hier aber nicht der fall. Die anderen genannten Ursachen sind eindeutig auszuschließen.

 

Der zweite Befundkomplex betrifft die degenerative Erkrankung des Herzens als Folge einer Leistungssteigerung, die kardial oder extrakardial bedingt sein kann. Diese Erkrankung ist gekennzeichnet durch die Dickenzunahme der linken Herzkammerwand bei gleichzeitiger Verengung des Kammerlumens (konzentrische Hypertrophie) und die Erschlaffung der rechten Herzkammer (kompensatorische Dilatation). Die Herzinsuffizienz wird zunächst verursacht durch die degenerative Veränderung an der Mitralklappe. Dadurch ist ein vollständiger Verschluß der Klappe nicht mehr gegeben, so dass das Blut aus der linken Herzkammer zurück in den linken Vorhof fließt. Dies führt zum Rückstau des Blutes in den kleinen Kreislauf und zur Ausbildung eines Lungenödems (passive, chronische Lungenstauung) und einer Lungeninduration (Ausbildung von kollagenen Fasern in den Alveolenwänden). Desweiteren kommt es zu einer belastungsbedingten Vermehrung der Muskelfibrillen und einer damit einhergehenden Querschnittszunahme der einzelnen Muskelzellen. Dadurch verengt sich das Lumen, und es kann in der Diastole nur eine geringere Blutmenge einfließen.

Aufgrund des erhöhten Widerstand im Lungenkreislauf muß auch das rechte Herz Mehrarbeit leisten, und es kommt nach Ausbildung einer anfänglichen Hypertrophie schnell zu einer Erschlaffung und Erweiterung (Dilatation) der rechten Herzkammer. Diese bedingt einen verminderten Ausstoß der Blutmenge in der Systole, so dass eine Restblutmenge in der Kammer verbleibt, die sich mit dem diastolisch einströmenden Blut vermischt. Dadurch wiederum staut sich das Blut in den großen Kreislauf und damit in die peripheren Organe wie Leber, Milz und Nieren. Diese weisen bei fortschreitender Stauung makroskopisch eine Vergrößerung und histologisch eine Druckatrophie der Parenchymzellen auf. Das auf der Leberkapsel vorgefundene Fibrin deutet auf ein bereits seit längerer Zeit andauerndes, also subakutes bis chronisches, Geschehen hin. Hierfür sprechen auch die in der rechten Herzkammer deutlich erkennbaren „moderator bands“, die der Stützung und dem zusammenhalt der Herzkammer dienen.

Auch die Leberverfettung wurde durch die Herzinsuffizienz verursacht. Durch die stauungsbedingte Unterversorgung mit Sauerstoff kommt es in der Leber zu einer Störung des Fettsäurenabbaus und somit zur übermäßigen Ablagerung derselben in den Leberzellen (hypoxische Verfettung). Differentialdiagnostisch könnten hier auch andere Ursachen in Frage kommen:

1.                  vermehrter Anfall von Fettsäuren durch fett- oder kohlenhydratreiche Nahrung (nutritive Verfettung)

2.                  vermehrter Anfall von Fettsäuren durch verstärkte Mobilisation aus den Fettdepots bei z.B. akuten Hungerzuständen (Lipomobilisations-Verfettung)

3.                  gestörte Synthese von Apoproteinen und Phospholipiden (toxische Verfettung)

4.                  Mangel an essentiellen Faktoren des Fettstoffwechsels wie z.B. Cholin, Vitamin B12 oder Kobalt (Substratmangel-Verfettung)

 

Als weiteres Symptom der Herzinsuffizienz kann auch die nach Eröffnung stark abgeplattete und klaffende Luftröhre gewertet werden (der ätiologische Zusammenhang ist aber noch nicht geklärt).

Histologisch könnten in der Lunge zusätzlich sogenannte „Herzfehlerzellen“ nachgewiesen werden. Dies sind Alveolarmakrophagen, die die aufgrund der Stauung in das Alveolarlumen ausgetretenen Erythrozyten phagozytiert und das beim Hämoglobinabbau entstandene Hämosiderin gespeichert haben.

 

Die Erkrankung des Herzens war zum zeitpunkt des Todes noch nicht in einem lebensbedrohlichen Stadium, so dass in erster Linie der Komplex des akuten, entzündlichen Geschehens Ursache des Todes war. Ob und inwieweit eine Septikämie vorlag, läßt sich im Nachhinein nur anhand von weitergehenden Untersuchungen klären.

 

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