Schwein-16 - Hernia umbilicalis (Nabelbruch)

KRANKHEITSBERICHT

 

 

I. SIGNALEMENT

 

 

Identifikation des Patienten und des Eigentümers :       

     a) angeborene Kennzeichen: schwarz-pigmentierte Flecken auf dem gesamten Körper unre-                      gelmäßig verteilt, sonstige Hautfarbe rötlich;

     b) erworbene Kennzeichen: kupierter Schwanz : gekürzt auf ca. 7 cm, Ohrmarke: linkes

          Ohr gelbe Plastikmarke Nr. X, rechtes Ohr weiße Plastikmarke Nr. X                          und Metallmarke NrX;

     c) Alters - und Nutzungsgruppe: Läuferschwein (Mast-/Zuchttier), Alter 3-4 Monate, Rasse:                     Pietrain-Duroc-Mix , Geschlecht: weiblich, Gewich: 30 kg;

 

Eigentümer unbekannt, Herkunft :  Unterbringung im Maststall

 

 

II. ANAMNESE

 

 

 

 

- Fütterung: Schweinemischfutter ad libitum;

- bisheriger Krankheitsverlauf: langsam zunehmende Umfangsvermehrung am Unterbauch

  in der Nabelgegend;

- Umwelt ( Stall, Auslauf ) : nicht bekannt;

  Klinikstall: mit Stroh eingestreute Mastboxen mit einem weiteren Tieren;

- bisherige Behandlung: unbekannt

 

 

 


III. STATUS PRÄSENS

 

 

1. Adspektion:

 

Das Tier ist aufmerksam, ruhig und nimmt regen Anteil an der Umgebung. Die Haltung und Stellung der Gliedmaßen und Gelenke sowie die Stellung des Kopfes zum Rumpf ist korrekt.

 

 - Kopf:    Die Rüsselscheibe ist hell-rosa, die Maulspalte ohne erkennbare Veränderungen; die          Maulschleimhaut ist leicht rosa, feucht, glatt und glänzend. Kein Speichelfluß, die    Umgebung der Augen ist          trocken und frei von Verunreinigungen, die Konjunktiven     sind rosarot und die Episkleralgefäße fein injiziert. Die Ohren sind (soweit nicht                  pigmentiert) hellrosa.

 

 - Haarkleid und Haut: Das Haarkleid ist geschlossen, eng anliegend, kurz und nicht gelockt,   die Farbe des Haarkleides ist entsprechend der darunter liegenden pigmentierten Haut          teils rötlich und teils schwarz. Die Haut ist ohne Zusammenhangstrennungen. Am          Unterbauch in der Nabelgegend befindet sich eine Umfangsvermehrung, auf der das                  Haarkleid zum Teil kahle Stellen aufweist.

 

 - Brust und Bauch: die Brust ist adspektorisch unauffällig; unter dem Bauch befindet sich in     der Medianen auf der Höhe des dritten Gesäugepaares (Nabelbereich) eine tennisball         große Umpfangsvermehrung;

 

 - Weibliche Geschlechtsorgane: Gesäugeleiste beidseitig fünf Zitzen, die Drüsenkomplexe       sind nicht stark ausgebildet; die Vulva ist klein, geschlossen, trocken und rosa-       farben;

 

 - Aftergegend: der After ist geschlossen und sauber;

 

 - Gliedmaßen: Das Tier steht nach dem Auftreiben zügig auf, belastet  im Stand alle 4 Glied    maßen gleichmäßig und zeigt im Lauf keine Lahmheit; die Stellung der Gliedmaßen   und ihr Verhältnis zum Rumpf sowie die Stellung der einzelnen Gelenke zueinander      ist als korrekt zu bezeichnen; im Bereich der Klauen keine Veränderungen;

 

 - Die Futter- und Flüssigkeitsaufnahme sowie der Kot- und Harnabsatz entspricht dem eines Tieres dieser Gewichtsklasse;

 

 - Atmung: Frequenz: 25 Atemzüge pro Minute, Typ: costo-abdominal,von gleichbleibendem Rhythmus und mittlerer Tiefe;

 

 

2. Auskultation:

 

 - Herz: Frequenz : 80, Rhythmus : regelmäßig mittlerer Qualität und ohne Nebengeräusche;

 

 - Lunge: leichtes Inspirationsgeräusch an der Bifurkation;

 

 

 

3.Meßwerte:

 

 - Atmung: 25 Atemzüge pro Minute;

 

 - Temperatur: rectal gemessene Körperinnentemperatur von 39,9 Grad Celsius;

 

 - Puls: gemessen am vorderen Ohrrand ( A. auricularis magna ) : 80 Schläge pro Minute;       deutlich fühlbar, gute Qualität und regelmäßiger Rhytmus;

 

 

4. Palpation :

 

 - Brust: Herzstoß links neben dem Sternum deutlich fühlbar, die Perkussion ergab keine         schmerzhaften Befunde, Husten war nicht auslösbar;

 

 - Bauch: nicht schmerzhaft, mäßige Bauchdeckenspannung, nicht vermehrt warm;

 

 - Geschlechtsorgan: Umfangsvermehrungen im Bereich der Geschlechtsorgane waren nicht     feststellbar;

 

 - Hernien: In der Nabelgegend eine ca. tennisballgroße Umfangsvermehrung, elastische Kon-sistenz mit jedoch teilweise hartem Inhalt, nicht vermehrt warm, nicht schmerzhaft,             gefüllt mit Dünndarmschlingen, die von einem Innensack ( innerer Bruchsack ) umge-       ben sind; läßt sich nicht vollständig reponieren, da der äußere mit dem inneren Bruch-  sack verklebt (verwachsen) ist, die Öffnung (Bruchpforte) ist ca. zwei Finger groß.

 

 - Klauen, Knochen der Gliedmaßen, Gelenke: unauffällig;

 

 - Haut: - Elastizität: mäßig; Juckreiz: auf Rücken auslösbar;

              - Sensibilität: mit Kugelschreiber geprüft, unauffällig;

 

 - Prüfung des ZNS : entfällt;

 

 

5. Spezielle Unterschungen am Tier: entfällt;

 

 

6. Spezielle Untersuchung von Proben : entfällt;

;

 

 

7. Sektion, Probeschlachtung : entfällt;

 

 

IV. ZUSAMMENFASSUNG KRANKHAFTER BEFUNDE

 

Eine tennisballgroße Umgfangsvermehrung im Nabelbereich mit darin palpierbaren Dünndarmschlingen, die sich nicht vollständig reponieren läßt.

 

Die Untersuchung ergab keine vermehrte Schmerzhaftigkeit.

 

 

 

V. DIAGNOSE

 

Hernia umbilicalis (Nabelbruch)

 

 

VI. DIFFERENTIALDIAGNOSE

 

a) Nabelabszess

b) Mammartumor

 

       ad a) : Ein Nabelabszess ist durch die bei der Palpationfühlbaren Dünndarmschlingen                               sowie die Bruchpforte auszuschließen.

       ad b) :Durch die Lokalisation zwischen den Milchleisten sowie den Palpationsbefund

              (Dünndarmschlingen, weich-verschieblich, und Bruchpforte) ist ein Mammarge-        schwulst auszuschließen;

 

 

 

 

VII. PROGNOSE

 

Hernia umbilicalis :

Es besteht die Gefahr der Inkarzeration (Umfriedung, Einschließung) von Dünndarmschlingen.

Bei einer solchen Inkarzeration kann es zu einem totalen Darmverschluß kommen mit einer darauffolgenden Verstopfung. Diese Obstruktion führt zu Schäden in der Darmschleimhaut, wodurch vermehrt gebildete Toxine aufgenommen werden, die unter ungünstigen Umständen zum Tode des Tieres innerhalb von 24 Stunden führen können. Des weiteren kann eine Abschnürung der abführenden Gefäße aus dem Bruchsack selbst zu einer Exsudatbildung mit darauf folgender Entzündung und lokaler Nekrose führen. In all diesen Fällen ist ein Totalverlust des Tieres zu erwarten.

Aber auch ohne diesen kritischen Verlauf ist die Mastleistung nicht in der vorgesehenen Zeit zu erreichen. Sollte das Tier für die Zucht bestimmt sein, so gibt es spätestens dann bei den dort geforderten Höchstleistungen die oben erwähnten Probleme.

Bei zeitiger Operation ist die Prognose gut, die Rentabilität ist fraglich.

 

 

 

VIII. THERAPIEVORSCHLAG

 

1. Mastschwein : Mast, ggf. Schlachtung ( Rentabilität );

2. Zuchtsau: Operation mit Reponation der Dünndarmschlingen und Verschluß der Bruchpfor-            te.

     Bei einem Gewicht über 25 kg ist mit einer höheren Rezidivquote ( etwa 30 % ) zu rechnen.

     Die Frage, ob es sinnvoll erscheint, eine Sau mit einer Hernia umbilicalis zur Zucht zu ver-   wenden, bleibt aber hiermit noch offen.

 

 

IX. EPIKRISIS

 

Die Operation der Hernia umbilicalis erfolgte in meinem Beisein am 22.11.1994 in der Klinik für Klauentierkrankheiten.

Das Tier wurde unter einer Neuroleptanalgesie aus Stresnil ( Azaperon ) und Hypnodil ( Methomidat )operiert : 2,4 ml Stresnil und 7,2 ml Hypnodil.

 

Beide Stoffe wurden auf eine Spritze gezogen und intravenös in die Ohrvene injiziert. Das narkotisierte Tier wurde in Rückenlage gelagert. Zunächst atmete es nicht von selbst, aber nach einer Atemstimulation durch Gabe von Cardiovet normalisierte sich die Atmung.

Nach Desinfektion und Operationsfeldvorbereitung wurde über der Basis des äußeren Bruchsackes saggital ein spindelförmiger Hautschnitt gelegt und das dazwischen befindliche Hautstück entfernt. Der innere Bruchsack wurde lateral an einer Stelle mit Skalpell oder Schere vom äußeren Bruchsack getrennt und dann weiter stumpf bis über den Annulus fibrosus hinaus abgelöst.Da aber die beiden Säcke miteinander verklebt waren, gelang das Ablösen nicht vollständig, so daß es nötig wurde, die verklebte Stelle abzuschneiden und damit das Risiko einzugehen, daß der innere Bruchsack (also auch das Peritoneum) eröffnet wird. Dies ist nicht geschehen und der noch geschlossene innere Bruchsack (bestehend aus Peritoneum und Fascia trans- versa) wurde mit dem gesamten Inhalt (Dünndarmschlingen und Teile des großen Netzes) durch die Bruchpforte reponiert.

Der Verschluß der Bruchpforte erfolgte mit einer (rückläufigen) Wolf¢´schen Naht, wobei gleichzeitig auch die Haut verschlossen wurde.

Zur antibiotischen Behandlung wurde während der Operation und zwei Tage nach dem Eingriff Penicillin-Streptomycin injiziert.

 

 

 

Am 28.11.1994 ergab eine Nachuntersuchung folgenden Status :

 

-Allgemein: Das Tier machte einen recht matten Eindruck.

 

-Klinische Untersuchung: Das Tier hat eine Rektaltemperatur von 40,3 ° C, atmet sehr flach    und mit einer Frequenz von 48/min. Es hustet spontan und hat flüssigen Durchfall.   Dabei handelt es sich wohl um eine Allgemeininfektion, die nichts mit der Operation zu tun haben muß.

              Das Operationsfeld in der Linea alba auf Höhe des dritten Mammarkomplexes von   caudal trat adspektorisch nicht hervor. Der Palpationsbefund ergab eine harte, sich     etwa ein bis zwei fingerstark hervorwölbende Narbe, die noch mit Schorf bedeckt war.    Die Narbe war weder schmerzhaft, noch vermehrt warm.

              Eine Bruchpfortenöffnung war palpatorisch nicht zu ermitteln.

              Der schon fortgeschrittene Heilungsprozeß machte einen guten Eindruck und gibt keinen Anlaß zur Sorge.

 

Eine erneute gründliche klinische Allgemeinuntersuchung am 15.12. ergab wieder Physiologische Werte, das Tier ist also wieder gesund. Dennoch sollte es nicht zur Zucht verwendet werden, da für das Auftreten der Herniae umbilicales eine erbliche Genese angenommen wird.

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