Reptil-01 - Leguan: Dermatitis necroticans

Krankheitsbericht - Kleintiere

 

 

 

Der Patient wurde im Rahmen der Klinischen Demonstrationen am 11.02.2000 durch Herrn Dr. x zugewiesen.

 

 

I. Signalement

 

Bei dem Patienten handelt es sich um einen Grünen Leguan (Iguana iguana) männlichen Geschlechts. Das Körpergewicht beträgt ca. 6 kg, die Körperlänge ca. 1,20 Meter. Das Geburtsdatum ist nicht bekannt, das Tier ist aber ausgewachsen.

 

 

II. Anamnese

 

Das Tier wurde aufgrund einer Hauterkrankung in der Klinik für Kleine Haustiere vorgestellt.

 

 

III. Status praesens

 

1. Allgemeinuntersuchung

 

Das Tier erscheint in einem mäßigen Allgemeinzustand. Zwar ist es aufmerksam und nimmt seine Umgebung wahr, scheint aber eher langsam in seinen Bewegungen. Dies mag einerseits an der für Reptilien zu niedrigen Raumtemperatur, andererseits aber auch an dem schlechten Pflege- und Ernährungszustand liegen. Der Rückenkamm liegt fast auf, und die Spitzen sind zerfasert.

 

 

2. Spezielle Untersuchung der Haut

 

Bei der Hautuntersuchung fallen zunächst weißliche Auflagerungen, vor allem im seitlichen Kopfbereich, auf. Der Kehllappen ist im rostralen Bereich vom Unterkiefer abgelöst, das lose Ende ist nekrotisch. Unter dem linken Ohrgrund befindet sich ebenfalls eine Hautablösung, die zum Teil blutig infiltriert ist. Weitere Hautablösungen bestehen verteilt über den ganzen Körper, vor allem in der Achsel und in der Kniefalte. Etwa in der Mitte des Schwanzes liegt an der rechten Seite eine ca. haselnußgroße, weich-fluktuierende Umfangsvermehrung, aus der bei Druck eine klare, seröse Flüssigkeit austritt.

 

 

IV. Diagnose

 

·   Dermatitis necroticans durch bakterielle Sekundärinfektion nach lokalisierter, traumatischer Ablösung der Haut

 

 

V. Differentialdiagnosen

 

Differentialdiagnostisch sind folgende andere Hauterkrankungen in Betracht zu ziehen:

 

1.    Fremdkörperdermatitis

Fiberglas von der Behausung oder Talkum von Handschuhen können zu einer Fremdkörperdermatitis führen. Sie manifestiert sich meist an einer oder mehreren Stellen als chronische Entzündung.

 

2.    Dysekdysis (Häutungsschwierigkeiten)

Eine Dysekdysis entsteht aufgrund suboptimaler Haltungsbedingungen, wie z.B. bei zu geringer Luftfeuchtigkeit, oder aufgrund systemischer Erkrankungen, alter Narben, endokrinologischer Ströungen, etc.

Hierbei bleiben Teile der abgestoßenen Haut am Körper hängen und können nicht abgestreift werden, oder es werden bestimmte Bereiche erst gar nicht regeneriert.

 

3.    Dermatophilose

Die Infektion mit Dermatophilus congolensis ist charakterisiert durch erhabene Läsionen oder subkutane Abszesse, die über die Haut von Körper und Gliedmaßen verteilt sind.

 

4.    Ektoparasiten

Die am häufigsten auftretenden Ektoparasiten sind Milben, v.a. Ophionyssus natricis, die das Bakterium Aeromonas hydrophilia übertragen kann, sowie solche aus den Familien Cheyletoidae und Trombiculidae, und Zecken. Eher selten finden sich auch Blutegel (Hirundinea), vorzugsweise an der Nasen- und Mundhöhle oder an der Kloake.

Zecken und Blutegel lassen sich leicht diagnostizieren, bei Milben muß man sorgfältig unter den Schuppen nachsehen.

 

5.    Mykosen

Mykosen sind v.a. bei aquatischen Reptilien weit verbreitet. Hierbei kommen meist Infektionen mit Mucoraceae, Cephalosporium spp., Dematiaceae oder Fusarium spp. vor. Die Pilze bleiben überwiegend oberflächlich, können aber auch subkutane mykotische Granulome verursachen.

 

6.    Myiasis

Nach einer Diarrhoe oder Kloakitis oder nach Kontakt mit Nagern können Dipterus-Larven Hautläsionen, besonders um die Kloake, verursachen.

 

7.    Neoplasmen

Bei Reptilien werden vereinzelt auch neoplastische Gebilde, wie z.B. Fibrosarkome, an der Haut gefunden.

 

8.    Papillomatose

Bei dieser Erkrankung durch Papova-Viren treten, meist an der Kopfbasis oder am Schwanz, erhabene, papillomatöse Läsionen, auf.

 

Augfrund des klinischen Bildes bzw. der Lokalisation der Läsionen können die genannten Hauterkrankungen weitgehend ausgeschlossen werden.

 

 

VI. Ätiologie/Pathogenese

 

Die Hautablösungen wurden vermutlich durch unsachgemäße Manipulation des Tieres (z.B. Öffnen des Maules durch Zug am Kehllappen) durch den Halter verursacht. In die dadurch entstandenen Wunden konnten sich ubiquitäre Bakterien, wie z.B. Streptokokken, Staphylo-kokken, Pseudomonaden, Aeromonaden, etc. ansiedeln und vermehren. Ein zusätzliche In-fektion mit z.B. Fusobacterium necrophorus führte dann zur Nekrose einzelner Hautstellen.

 

 

VII. Therapie

 

Die Therapie zielt zunächst auf die Behandlung der bakteriellen Sekundärinfektion, um der Haut die Möglichkeit zur Regeneration zu geben. Gute Erfolge sind, aufgrund der vermutlich vorhandenen Mischflora, mit Breitbandantibiotika wie Enrofloxacin (Baytrilâ) oder, bei überwiegend anaeroben Keimen, Metronidazol zu erwarten. Das Antibiotikum sollte systemisch subkutan verabreicht werden, zusätzlich kann aber auch eine lokale Desinfektion der betroffenen Hautstellen, z.B. mit antibiotischen Salben, Silber-Sulphadiazin-Salbe oder Povidon-Jodlösungen, durchgeführt werden.

Nach Abklingen der Entzündungen können wundheilungsfördernde Medikamente lokal oder als Badezusatz eingesetzt werden.

 

 

VIII. Prognose

 

Die Prognose bezüglich des Lebens und der Genesung ist als günstig einzustufen. Die vollständigen Wiederherstellung der Haut, insbesondere des Kehllappens, muß allerdings als fraglich bewertet werden.

 

 

IX. Epikrisis

 

Das Tier wurde aufgrund massiver Hautprobleme in die Klinik für kleine Haustiere eingewiesen. Bei der Untersuchung wurden diverse traumatische Hautablösungen mit einhergehenden Sekundärinfektionen festgestellt. Die Behandlung erfolgte systemisch mit Breitbandantibiotika.

Die betroffenen Stellen sind auch nach Abheilung zu beobachten, da es dort, v.a. bei der nächsten Häutung, zu Problemen kommen kann. Dem Halter des Tieres ist dringend anzuraten, bei der Manipulation des Tieres äußerste Vorsicht und Sorgfalt walten zu lassen, um eine erneute Verletzung zu vermeiden.

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