Obduktion-27 - Katze: Hypovolämischer Schock

Obduktionsbericht im Rahmen des dritten Abschnitts der tierärztlichen Prüfung

 

 

 

 

Herausgegeben am 12.12.2000 von x.

Gemäß Absprache wird auf die Beschreibung unveränderter Organe verzichtet.

 

 

 

Am 12.12.2000 wurde im Zeitraum von 7 bis 12 Uhr im Institut für Veterinärpathologie der FU Berlin, im Beisein von ..., die am 07.12.00 eingesandte Katze von X zerlegt und untersucht.

 

 

Sektionsnummer: x

 

 

1.    Nationale des Tieres:

 

Tierart:Katze

Rasse:              Europäisch Kurzhaar

Geschlecht:      weiblich

Alter:               9 Jahre (geb. 6/91)

Gewicht:          4,0 kg

 

 

2.    Besitzer:      ...

 

3.    Auftraggeber:     nicht bekannt

 

 

4.    Ort der Sektion:    Institut der Veterinärpathologie

               

 

5.    Vorbericht:    Am 07.12.2000 plötzlich bei dem neuen Besitzer verstorben; wurde hier mit Veracin vorbehandelt (hat schlecht gefressen, Kastration).

                               Bitte Todesursache feststellen.

 

 

6.      Beschreibung

 

6.1  Äußere Besichtigung

 

Das Fell um die Maulspalte und am Hals ist gelb verklebt.

 

 

 

6.2  Innere Besichtigung

 

Zustand nach Eröffnen der Haut

 

Die Unterhaut und das normal vorhandene Unterhautfett stellen sich trocken und klebrig dar.

Die Muskulatur ist rot und ebenfalls trocken.Es ist eine deutliche Gefäßzeichnung sichtbar.

 

 

Organe der Bauch- und Beckenhöhle

 

Die Milz hat eine Länge von 13,6 cm, ist 0,2 cm hoch und variiert in der Breite von 0,5 bis 1,8 cm bei einem Gewicht von 4 g. Das relative Organgewicht beträgt 0,1%. Die Ränder sind stumpf, die Oberfläche ist feucht, glänzend und gefältelt. Im Anschnitt hat die Milz eine rotbraune Farbe, an einem Ende ist sie schwarz verfärbt. Sie ist von weicher Konsistenz.

 

Der gesamte Magen-Darm-Trakt ist mit gelbem Inhalt gefüllt. Der Inhalt ist deckfarben und in den hinteren Abschnitten dickflüssiger. Magen und Darm sind unverändert, der Inhalt läßt sich ohne Substanzverlust abstreifen und die Schleimhaut sowie die Darmaußenseite sind cremefarben.

 

Die Leber hat eine Größe von 10 cm x 1 cm x 6 cm bei einem Gewicht von 61 g. Das ergibt ein relatives Organgewicht von 1,53%. Die Ränder sind scharf und die Oberfläche ist feucht, glatt und glänzend. Die Leberläppchen sind gut zu sehen, wobei das Zentrum der Läppchen rotbraun gefärbt ist und die Umgebung hellbraun. Auf der gesamten Leber sind bis zu 2 mm große weiße Punkte zu sehen, die etwas in die Oberfläche eingesunken sind. Manche Bezirke sind insgesamt etwas heller als der Rest des Organs. Im Anschnitt hat die Leber eine rotbraune Farbe, und hat eine weich-brüchige Konsistenz.

 

Die Nieren sind im Seitenvergleich gleich groß und schwer. Sie messen 3,8 cm x 2,5 cm x 3 cm und wiegen 9 g, was ein relatives Organgewicht von 0,23% ergibt. Die Kapsel beider Nieren läßt sich einfach ablösen. Auf den gelblich-braun gefärbten Nieren ist eine deutliche Gefäßzeichnung zu sehen, im Anschnitt sind die sie dunkel. Mark und Rinde sind gut voneinander abzugrenzen.

 

 

Organe der Brusthöhle

 

Die Lunge hat eine hellrosa bis dunkelrosa marmorierte Farbe. Die Konsistenz reicht von puffig in den hellen bis fleischig in den dunklen Gebieten. In der Schwimmprobe schwimmen Proben aus den hellen Bezirken, während Proben aus den dunklen unter der Wasseroberfläche schweben. Im Anschnitt tritt eine schaumige Flüssigkeit aus der Lunge aus.

Die Schleimhaut der Luftröhre ist weiß, feucht, glatt und glänzend, stellenweise sind rot gezeichnete Blutgefäße zu sehen.

Das Herz hat eine Größe von 3,5 cm x 2 cm x 2 cm bei einem Gewicht von 14 g. Das relative Organgewicht beträgt somit 0,35%. Das Verhältnis der Kammerwände (Wand der rechten Kammer : Scheidewand : Wand der linken Kammer) beträgt 1 : 7 : 6. Die Form des Herzens ist spitzkegelig. Das Herz hat eine rotbraune Farbe, der äußere Überzug ist durchscheinend. Der Herzmuskel ist kräftig rotbraun gefärbt. Die Innenauskleidung des Herzens ist feucht, glatt, glänzend und durchscheinend, ebenso wie die Klappen. Die Ränder der linken Vorhof/Kammer-Klappe weist an den Schließungsrändern kleine knotige Verdickungen auf. Der rechten Vorhof/Kammer-Klappe aufsitzend findet sich ein rot-weißes Anhängsel

Die linke Kammer zeigt kein Lumen, im Gegensatz zur rechten Kammer, die sehr großlumig ist.

 

Die Speiseröhre ist graurosa gefärbt. Die cremefarbene Schleimhaut ist in Längsfalten gelegt und feucht, glatt und glänzend. Auch hier findet sich der gelbe Inhalt, der auch im Magen-Darm-Trakt zu sehen ist.

 

 

Kopf- und Halsorgane

 

Die Schleimhaut des Kehlkopfes ist feucht, glatt und glänzend. Er ist weiß mit deutlicher Gefäßzeichnung. Die Schleimhautfalte zwischen Stellknorpel und Kehldeckel ist geschwollen und von blaurosaner Farbe.

 

Die Mandeln sind erhaben und von dunkelroter Farbe.

 

Die Schilddrüsen sind beiderseits der Luftröhre deutlich ausgeprägt bei einer Größe von 3 cm x 1 cm. Sie sind dunkelrot gefärbt und weisen mehrere weiße Nebenschilddrüsen auf, die einen Durchmesser von bis zu 2 mm haben und der Schilddrüse anliegen.

 

 

Zentralnervensystem

 

Das Gehirn weist eine rosa-pozellanartige Farbe auf. Auf der Oberfläche verlaufen deutlich sichtbare, dunkelrot gezeichnete Gefäße. Auf der Schnittfläche läßt sich die weiße Hirnsubstanz deutlich von der grauen trennen.

 

 

Bewegungsapparat

 

Das Knochenmark ist rot und von einer sulzigen Konsistenz.

 

 

 

7.    Pathologisch-anatomische Diagnosen

 

7.1  Allgemeindiagnosen

 

Dehydratation

 

Anämie

 

 

7.2  Organdiagnosen

 

a)      Hypertrophia cordis concentrica ventriculi sinister

 

b)      Steatosis hepatis peripherolobularis acuta

 

c)      Tonsillitis catarrhalis acuta diffusa

 

d)     Laryngitis catarrhalis acuta

 

e)      Bronchitis et Bronchiolitis catarrhalis acuta

 

f)        Emphysema pulmonum acuta alveolaris marginalis multiplex

 

g)      Atelectasis per resorptionem

 

h)      Dilatatio cordis ventriculi dexter

 

i)        Oedema pulmonum

 

j)        Endocardosis valvularis bicuspidalis marginalis fibroplastica chronica

 

k)     Endocarditis valvularis thromboticans

 

l)        Struma benigna parenchymatosa euthyreosa diffusa

 

 

 

7.3       Gesamtdiagnose

 

Hypovolämischer Schock

 

 

 

7.4  Differentialdiagnosen

 

zu a)     eine exzentrische Hypertrohie; liegt hier nicht vor, da kein Lumen in der linken Kammer

 

zu b)    andere Formen der Leberzellverfettung (zentro-, panlobuläre, intermediäre Verfettung)

            Degenerationen der Leberzellen

 

Zu l)     andere Formen des Struma benigna (hyper- und hypothyreotes, parenchymatöses und kolloides, diffuses und nodöses Struma)

            Neoplasien der Schilddrüse

 

 

 

 

 

 

8.    Gutachten

 

Als Todesursache kann bei diesem Tier ein hypovolämischer Schock angenommen werden. Darauf weisen mehrere Organveränderungen in der Sektion hin. Im Folgenden soll die Entstehung erläutert werden.

Anhand des Vorberichtes ist bekannt, daß das Tier schlecht gefressen hat. Am Verdauungstrakt ist zu sehen, daß es in letzter Zeit die Nahrungsaufnahme ganz eingestellt hat. Im gesamten Trakt findet sich nur ein gelber Schleim, der eine Absonderung der Drüsen im Magen-Darm-Trakt darstellt, und durch die Gallenfarbstoffe seine Farbe erhalten hat. Agonal oder postmortal konnte der Schleim in Magen und Speiseröhre fließen.

Die verminderte Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme hat mehrere Folgen:

Zum einen kommt es zu einer Abnahme des Körperwassers im Allgemeinen und folglich auch zu einer Abnahme der zirkulierenden Blutmenge. Diese Hypovolämie bedingt eine Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff, eine Hypoxidose. Um sie zu kompensieren leistet das linke Herz vermehrte Arbeit, es kommt zu einer Hypertrophie des linken Ventrikels, das heißt es kommt zu einer Verdickung der linken Kammerwand. Eine bestehende knotige Veränderung der Mitralklappe als Folge einer Stoffwechselstörung in der Klappe stellt eine weitere Belastung des linken Herzens dar. Eine weitere Form der Kompensation stellt die regenerative Anämie dar, bei der das Knochenmark durch vermehrte Blutbildung versucht die Hypoxidose auszugleichen. Das Knochenmark nimmt dabei eine rote Farbe an. Als Folge der Anämie ist die Milz entspeichert.

Zum anderen führt der Hungerzustand zu einer Leberverfettung. Durch den niedrigen Blutzuckerspiegel kommt es zu einer Gukagonausschüttung der A-Zellen der Bauchspeicheldrüse, zusätzlich werden Glukokortikoide aus der Nebennierenrinde freigesetzt. Diese Hormone bewirken unter anderem eine hochgradige Lipomobilisation aus dem Depotfett, um die Glukosekonzentration im Blut wieder zu erhöhen. Die vermehrt anfallenden freigesetzten Fettsäuren akkumulieren in der Leber und es entwickelt sich eine peripherolobulären Verfettung.

 

Neben diesem Symptomenkomplex sind zusätzlich die Atmungsorgane betroffen. Im Bereich des oberen Respirationstraktes liegt eine Entzündung der Mandeln und eine entzündliche Veränderung des Kehlkopfes (Plicae aryepiglotticae) vor. Diese könnten durch eine deszendierende Infektion eine Entzündung der Bronchien und Bronchiolen verursachen, die hier als Ursache für die Lungenveränderungen angenommen werden. Bei den Lungenveränderungen handelt es sich um ein akutes alveoläres partielles Emphysem und eine Respirationsatelektase. Diese Veränderungen resultieren aus einem teilweisen Verschluß der luftführenden Wege in der Lunge, wodurch es zu einer Ventilstenose kommt, da der inspiratorische Druck stärker als der expiratorische ist. Somit erhöht sich der Luftgehalt in den betroffenen Lungenabschnitten kontinuierlich (Emphysem). Bei vollständigem Verschluß der luftführenden Wege wird die verbleibende Luft resorbiert und die Lunge wird atelektatisch. Ein zusätzliches sich entwickelndes Lungenödem ist bedingt durch die Insuffizienz der Mitralklappe.

Die Lungenerkrankung führt wiederum zu einer Verstärkung des ersten Symptomenkomplexes, da in der geschädigten Lunge die Fläche des Gasaustausches vermindert ist. Somit wird über eine Hypoxämie (Sauerstoffmangel im Blut) die Hypoxidose verstärkt werden.

Durch den erhöhten Druck im kleinen Kreislauf muß das rechte Herz eine größere Kraft aufwenden, wobei es zusätzlich durch die Veränderung an der Tricuspidalklappe behindert ist. Diese Anforderungen kann es nicht mehr kompensieren, es resultiert eine Dilatation des rechten Herzens. Die Veränderungen im Bereich der rechten Atrioventricularklappen können nach Läsionen des Klappenendothels entstanden sein, wonach sich hier ein Abscheidungsthrombus bildet, der sich später mit einem Gerinnungsthrombus vergesellschaften kann.

 

Unabhängig von all dem hat das Tier einen Kropf entwickelt. Diese gutartige Hyperplasie der Schilddrüse kommt recht häufig vor. Sie ist bedingt durch einen Mangel an Jodhormonen, der wiederum durch einen Jodmangel in der Nahrung verursacht sein kann. Durch eine funktionelle Gewebshyperplasie wird der Hormonmangel gedeckt. Da die Fertigfutter für Tiere dem Bedarf der Tiere angepaßt sind, ist eine solche Veränderung nur bei Tieren zu erwarten, die kein industriell gefertigtes Futter bekommen.

 

Zusammenfassend ist zu sagen, daß die Hypovolämie letztendlich ein Schockgeschehen in Gang gesetzt hat. Das Fehlen der typischen Schockorgane ist durch das mangelnde Blutvolumen zu erklären. Lediglich eine vermehrte Gefäßzeichnung in Gehirn und Niere weisen auf das Dezentralisationsstadium des Schockes hin.

 

Die Ursache für die verminderte Nahrungsaufnahme bleibt ungeklärt. Einige Hinweise aus dem Vorbericht (Besitzerwechsel, Kastration) lassen auf eine Verhaltensstörung schließen.

 

 

 

Anmerkungen:    Die Anämie ist nicht erklärt und auch differentialdiagnostisch nicht abgeklärt – großer „Patzer“! Sollte auch bei der Gesamtdiagnose aufgeführt sein. Die Organdiagnosen sind unvollständig (z.B. Oedema pulmonum ... was? chronina/acuta, diffusa etc?).

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