Pferd-40 - Fraktur des Os metacarpale quartum

 

 

Krankheitsbericht

 

Der Fall wurde mir am x von Herrn Dr. x im Rahmen der klinischen Demonstrationen der Klinik für Pferde zugeteilt.

 

Anamnese

 

Das Pferd ging längere Zeit lahm. Daraufhin Hinzuziehung des Haustierarztes. Feststellung einer alten Griffelbeinfraktur vorne rechts.

 

Signalement

 

Bei dem zu untersuchenden Pferd handelt es sich um den 9-jährigen Traberhengst x .

Es handelt sich um einen Rappen, der zwischen den Nüstern weiße Stichelhaare besitzt und dessen rechte Hinterfessel ungleichmäßig weiß mit 4 Kronenflecken ist. Vorne links befindet sich auf dem inneren Ballen ein etwa rechteckiges Narbenkeloid etwa 4 mal 1 cm groß und in der Fesselbeuge quer eine etwa 5 cm lange Narbe.

 

Untersuchungsbefunde

 

Allgemeinbefunde

 

19.10.99          Ein präoperativer Check wurde durchgeführt.

                        Allgemeinzustand: munter

                        Ernährungszustand: gut

                        Schleimhäute: rosa

                        Puls: 32 pro Minute, kräftig, gleichmäßig, regelmäßig, Arterien gefüllt

                        KFZ: unter 2 sec

                        Atemfrequenz: 12 pro Minute

                        Auskultation: Herz unauffällig, Lunge unauffällig

                        Rektaltemperatur: 37,3 C

                        Lymphknoten: gelappt und von fest-elastischer Konsistenz

                        Kotkonsistenz: geballt

20.10.99          Puls 28 pro Minute, Atmung 12 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,3 C

21.10.99          Puls 32 pro Minute, Atmung 16 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 36,9 C, Schleimhäute rosa, Konjunktiven stark gerötet, Gefäße injiziert, Auskultation des Herzens und der Lunge unauffällig, Venen durchgängig, Verhalten aufmerksam

22.10.99          Puls 36 pro Minute, Atmung 12 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 36,9 C, Konjunktiven stark gerötet, Gefäße injiziert, Auskultation des Herzens und der Lunge unauffällig, Verhalten aufmerksam

23.10.99          Puls 32 pro Minute, Atmung 16 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 36,8 C

24.10.99          Puls 28 pro Minute, Atmung 12 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 36,9 C

25.10.99          Puls 32 pro Minute, Atmung 16 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,9 C

26.10.99          Puls 28 pro Minute, Atmung 10 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,3 C

27.10.99          Puls 32 pro Minute, Atmung 10 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,5 C

28.10.99          Puls 28 pro Minute, regelmäßig, kräftig, Arterie mäßig gefüllt, Atmung 10 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,5 C, Konjunktiven beidseitig rosa, glatt, glänzend, Gefäße wenig und klar gezeichnet, Maulschleimhaut rosa, KFZ unter 2 sek., Verhalten aufmerksam

29.10.99          Puls 24 pro Minute, Atmung 16 pro Minute, Appetit gut, Kot geballt, Temperatur 37,5 C

 

Relevante klinische Befunde aus dem Status präsens

 

Geringgradige Lahmheit vorne rechts. Der laterale Schenkel des M. interosseus ist hart und verdickt.

 

Spezielle klinische Befunde im Rahmen des Krankheitsbildes

 

Röntgen: 13.10.99

             - vorgenommen vom Haustierarzt

             - röntgen des rechten Vorderbeines im Bereich des Metacarpus in 3 Ebenen

Dabei ist feststellbar: Fraktur des lateralen Griffelbeines im Bereich des distalen Drittels mit Dislokation (abgespreizt) und Verdickung des Frakturendes. Im Bereich der Fraktur ist Kallusbildung vorhanden.

 

Im Rahmen der präoperativen Untersuchung wurden folgende Laborbefunde erstellt:

Datum              Befunde

 

19.10.99          Hb 18,0;  Eryz 10,87;  Leukoz 7,1;  Eos 1;  St 2;  Seg 70;  Ly 26;  Mo 1

20.10.99          Hb 17,5;  Eryz 10,63;  Leukoz 5,9;  Eos 1;  St 11;  Seg 62;  Ly 22; Mo 4; Hkt 47

 

Einheiten dazuschreiben!

 

Diagnose

 

Fraktur des Os metacarpale quartum im distalen Drittel der rechten Vordergliedmaße.

 

Ätiologie

 

Da die erstmalige tierärztliche Untersuchung des Pferdes erst längere Zeit nach Lahmheitsbeginn stattfand, kann die Ätiologie nur vermutet werden.

Als Ursache für eine Griffelbeinfraktur können Tendinitis des M. interosseus, Trauma oder Überbelastung angenommen werden.

Wobei bei Trauma die Fraktur in den proximalen 2 Dritteln zu finden ist.

Bei Tendinitis oder Überbelastung frakturiert das Griffelbein hauptsächlich im distalen Drittel.

Es ist nicht genau geklärt, ob die Schwellung der Tendinitis die Griffelbeinfraktur verursacht oder ob die Fraktur eine Reizung der Sehne und damit die Tendinitis hervorruft.

Prädisponierend für eine Ermüdungsfraktur im Rahmen einer Überbelastung sind Umbauvorgänge am Knochen zu nennen. Dieser ständige Reiz durch Training drückt sich aus in Perichondritis, Periostitis oder Ostitis.

 

Differentialdiagnosen

 

Als Differentialdiagnosen müssen ausgeschlossen werden:

            Die bei Pferden unter 2 Jahren noch nicht geschlossene Epiphysenfuge,

            phlegmonöse Umfangsvermehrung im Bereich des Metacarpus und

            aseptische Entzündungen des Fesselträgers.

 

Therapie/ Therapiekonzept

 

Die Therapie besteht in Extirpation des Frakturstückes. Das Pferd wurde nach Narkoseprämedikation (intravenös Injektion durch die Braunüle in der rechten Vena jugularis) mit 8,5 ml Xylazin, 8,5 ml Polamivet, 4 ml Diazepam und 8,5 ml Ketamin in Allgemeinnarkose operiert. Für die Allgemeinnarkose kamen 250 ml My 15% (i.v.) und 28,3 ml Halothan (nach Intubation per Inhalation) zur Anwendung.

Die Operation wurde folgendermaßen von x durchgeführt:

            -ablegen des Pferdes in linker Seitenlage

            -Hautschnitt vorne rechts über dem lateralen Griffelbein

            -Entfernung des frakturierten lateralen Griffelbeines bis 1 cm proximal der Fraktur

            -fortlaufende Naht der Subcutis

            -Hautnaht mit 5 Einzelheften nach Donati

            -Wundabdeckung mit Furacinsalbe, anlegen eines Schutzverbandes

 

Die Nachbehandlung besteht aus regelmäßiger Wundkontrolle und Verbandwechseln. Der erste Verbandswechsel sollte frühestens am dritten Tag post operationem ausgeführt werden, denn erst jetzt ist der Leukozytenwall vollständig aufgebaut. Dies gilt nicht bei Temperaturanstieg post operationem, da dies auf eine Wundinfektion schließen läßt.

Verbandswechsel und Wundkontrollen erfolgten:

Datum              Befund

21.10.99          geringgradige Wundschwellung und leichte Nachblutung feststellbar,

Belastung der Gliedmaße gut, Wundabdeckung mit Braunolsalbe, Schutzverband angelegt

22.10.99          Verbandswechsel, Wundabdeckung mit Furacinsalbe,

                        Befund wurde nicht auf dem Krankenblatt vermerkt

23.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

24.10.99          Wunde trocken und geschlossen, Belastung gut, Wundabdeckung mit Furacinsalbe, Schutzverband angelegt

25.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

26.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

27.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

28.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

29.10.99          Verband sitzt, Belastung gut

30.10.99          Wunde trocken und geschlossen, Fäden wurden gezogen, in den Fesselträger rechts vorne wurde Hyaluronsäure gespritzt

Das Pferd wurde zum Besitzer zurückgeschickt mit der Anweisung 14 Tage Boxenruhe einzuhalten und danach das Training wieder aufzunehmen.

 

 

 

 

 

Prognose

 

Bei einer Fraktur im distalen Drittel des Griffelbeines ohne Tendinitis des Musculus interosseus medius ist die Prognose günstig.

Da in diesem Fall der laterale Schenkel des M. interosseus verdickt und verhärtet war, kann die Prognose nicht weiter als günstig angesehen werden. Abzuklären wäre, ob diese Veränderung auf einer Tendinitis beruht. Ist dies zutreffend muß die Prognose vorsichtig bis zweifelhaft bezüglich der Nutzung des Pferdes x als Rennpferd gestellt werden.

 

 

Epikrise

 

Die Diagnose Fraktur des Os metacarpale quartum im distalen Drittel ist nur anhand von röntgenologischen Zusatzuntersuchungen eindeutig stellbar.

Allgemein kann man sagen, daß die chirurgische Therapie bevorzugt wird. Sie beinhaltet eine günstige Prognose wenn keine Tendinitis des Musculus interosseus medius vorliegt. In diesem Fall war die chirurgische Therapie indiziert da die starke Kallusbildung möglicherweise die Verdickung des Fesselträgerschenkels verursacht oder erhält.

Um die Tendopathie des M. interosseus zu einer guten Abheilung zu bringen und die Prognose zu verbessern wurde die Hyaluronsäure in den Fesselträger appliziert. Sie fördert die Durchblutung, die Makrophagen- und Fibrozytenaktivität, also den Stoffwechsel in der Sehne und damit die Abheilung der Tendopathie.

 

Es besteht außerdem die Möglichkeit einer konservativen Therapie. Diese besteht aus 2 bis 3 Monaten Ruhe und hyperämisierenden Mittel. Hier ist die Prognose allerdings als vorsichtig anzusehen.

 

Da das Pferd x jetzt  zum Besitzer zurückgegangen ist und voraussichtlich in 14 Tagen  mit dem Training beginnt, bleibt abzuwarten ob der Hengst wieder Rennkondition erreicht.

>