Schwein-22 - Hernia umbilicalis

Krankheitsbericht

 

XXX

 

 

Zugeteilt am 05.06.2001 von XXX

 

 

 

 

1) Signalement:

 

Patientennr.: XXX

Ohrmarkennr.: XXX

Tierart: Schwein

Rasse: dt. Edelschwein

Geschlecht: Borg

Gewicht: ca. 25 kg

Alter: ca. 10-12 Wochen

 

 

2) Anamnese:

 

Der Läufer wurde wegen einer Umfangsvermehrung am Unterbauch, die laut Angaben seit der Geburt besteht, in die Klinik für Klauentiere eingewiesen.

 

 

3) Untersuchungsbefunde:

 

Allgemeine Untersuchung:

Der Patient liegt viel, steht aber bei Betreten der Box zügig auf und zeigt physiologische Körperhaltung.

Der Körperbau, Ernährungs- sowie Pflegezustand sind als gut und dem Alter entsprechend einzustufen.

Die Körperinnentemperatur beträgt 39°C.

Die Schleimhäute sind blassrosa, feucht, glatt, glänzend und frei von Auflagerungen.

Die KFZ beträgt <2sec.

 

 

 

Spezielle Untersuchung:

Haut/Haarkleid:

Das Haarkleid ist neben oberflächlichen Verschmutzungen unauffällig.

Im Kopfbereich sind oberflächlich Hautabschürfungen zu sehen.

Lymphapparat:

Die Lymphknoten sind o.b.B..

Kreislaufapparat:

Die Herzfrequenz beträgt 128/ min, der Puls stimmt mit der Herzfrequenz überein und ist von mäßiger Stärke.

Atmungsapparat:

Der Patient zeigt abdominale Atmung mit einer Frequenz von 32/ min.

Die Rüsselscheibe ist sauber und frei von Auflagerungen und Ausflüssen.

Digestionsapparat:

Der Lippenschluß ist vollständig, die Afterregion ist frei von Verletzungen, Harnabsatz kann nicht beobachtet werden, der Kotabsatz ist ungestört.

Am Unterbauch ist eine faustgroße Umfangsvermehrung in der Nabelgegend zu sehen.

Der Inhalt der Umfangsvermehrung ist fest, aber weich und eindrückbar und nicht schmerzhaft. Es handelt sich vermutlich um Darmschlingen.

Bei der Palpation der Bauchdecke in der Nabelgegend ist ein drei Finger breites Loch fühlbar.

Der Inhalt des Bruchsacks ist durch die Öffnung in die Bauchhöle reponierbar.

Es ist keine vermehrte Wärmeentwicklung, Verhärtung oder Schmerzhaftigkeit festzustellen.

Geschlechtsapparat:

Penis und Praeputium sind aufgrund der Umfangsvermehrung schlecht zu erreichen, zeigen aber soweit keine Auffälligkeiten.

Die Kastrationsnarben sind nicht mehr zu sehen und kaum zu ertasten.

Bewegungsapparat:

Im Stand werden alle vier Gliedmaßen in korrekter Stellung gehalten und gleichmäßig belastet.

Umfangsvermehrungen oder Wärmeentwicklung können nicht ertastet werden.

ZNS:

Der Patient ist zwar ängstlich, nach einiger Zeit aber zutraulicher und neugierig.

Er zeigt Interesse an seiner Umwelt, Anal-, Droh- und Kornealreflex sind auslösbar.

Seh- und Hörvermögen sind nicht beeinträchtigt.

 

 

4) Diagnose:

 

Hernia umbilicalis

Bei ungenügendem Schluß der Nabelöffnung kommt es zur Verlagerung von Peritoneum und Darmteilen durch die Bruchpforte.

Als Komplikation können Abszesse oder Verwachsungen des Bruchinhalts mit dem Bruchsack

auftreten.

Bei einer Bruchpforte dieser Größe besteht weiterhin die Gefahr der Darminkarzeration (Nekrosegefahr) oder Verletzung des Bruchsackinhaltes durch Tritte von Artgenossen.

 

 

5) Differentialdiagnose:

 

Nabelabszess

Umfangsvermehrungen am Unterbauch können auch durch Abszesse hervorgerufen werden.

Diese sind nicht reponierbar und von prall-fluktuierender Konsistenz.

Da die Konsistenz aber weich und der Bruchsackinhalt reponierbar ist, kann ein Abszess ausgeschlossen werden.

 

Harnansammlung im Praeputialdivertikel

Bei männlichen Tieren kann eine Harnansammlung im Praeputialdivertikel entstehen, die sich auf Druck entleert.

Diese mögliche Ursache der Umfangsvermehrung kann ausgeschlossen werden.

 

Peritonitis adhaesiva

Bei der Peritonitis adhaesiva ist der innere Bruchsack (Peritoneum) mit dem Bruchsackinhalt an mehr oder weniger großen Stellen verwachsen.Es ist eine mäßig eindrückbare, stielartig mit der Bruchpforte verbundene Umfangvermehrung zu ertasten.

Es treten Allgemeinstörungen wie Fieber oder Kreislaufstörungen sowie Berührungsempfind-lichkeit auf.

Diese Diagnose kann aufgrund des klinischen Bildes ausgeschlossen werden.

 

Inkarzerierter Nabelbruch

Bei Verwachsung und Inkarzerierung eines Nabelbruchs geht die Reponierbarkeit und die deutliche Tastbarkeit der Bruchpforte verloren.

Diese Diagnose kann aufgrund des palpatorischen Untersuchungsbefundes ausgeschlossen werden.

 

 

6) Prognose:

 

Die Prognose bezüglich des Lebens und der Genesung sind als günstig einzustufen.

Ob das Tier sich als Mastschwein allerdings wirtschaftlich lohnt (um hinreichenden Masterfolg erzielen zu können, ist eine Operation unumgänglich) ist fraglich.

 

 

7) Therapie:

 

Falls eine Operation erwünscht wird, wird der Bruchsack freipräpariert, der innere Bruchsack (Peritonaeum) reponiert und die Bruchpforte verschlossen.

Bei so großen Bruchpforten wie in diesem Fall empfiehlt sich die Implantation eines Polyamidnetzes, da die Pforte aufgrund mangelnder Durchblutung schlecht heilt und ein hohes Rezidivrisiko besteht.

 

Kleinere (bis fingerstarke) Bruchpforten werden der Selbstheilung überlassen.

Eine Operation ist aufgrund des Zeitaufwandes, der schlechten Masteigenschaften und des Rezidivrisikos nur bei Zuchtsauen zu erwägen.

Männliche Schweine mit Umbilikalhernien werden im Läuferalter geschlachtet.

 

 

8) Ätiologie:

 

Als Ursache für zu weite Nabelöffnungen nach der Geburt werden genetische Faktoren angenommen. Betroffene Schweine sollten prophylaktisch von der Zucht ausgeschlossen werden.

Dieses klinische Bild wird, unabhängig vom Geschlecht, bei 0,1- 0,2 % der Schweine beobachtet.

 

 

9) Epikrise:

 

Der Läufer wurde aufgrund einer Umfangvermehrung am Unterbauch vorgestellt, die seit der Geburt besteht.

Die Untersuchung ergab die Diagnose Hernia umbilicalis.

Da es sich bei dem Patienten um ein Mastschwein handelt, ist eine Operation aus wirtschaftlichen Gründen nicht angeraten.

Da für Umbilikalhernien genetische Faktoren angenommen werden, sollten Eltern und Geschwister von der Zucht ausgeschlossen werden.

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