Milch-10

 

M i l c h b e r i c h t

 

über die Untersuchung einer Probe Rohmilch (Probennummer x) am 27. Juli 2001

 

 

 

 

1.) Beschreibung des Zentrifugates

 

Die Milchprobe im Zentrifugenröhrchen ist dreifach geschichtet, wobei die obere Phase, die Rahmschicht, etwa 5 mm dick, zähflüssig-flockig und weiß ist; die mittlere Phase, die Magermilchschicht, ist hellgraugelb-trübe und wässrig mit geballten, gelblich-hellbräunlichen Flocken und nimmt etwa 70 % des Zentrifugates ein. Das Sediment ist ca. 1 cm hoch, fest und grau-weißlich.

Der Geruch der Probe ist säuerlich.

 

2.) Mikroskopischer Befund

 

Die Ausstriche werden nach Dekantieren des Überstandes aus dem Sediment des Zentrifugats nach dem Kieler Ausstrichverfahren angefertigt.

 

a) Gramfärbung

    

    Im Ausstrich liegen mittelgradig viele grampositive Kokken vor, die staketförmig sind und überwiegend in langen Ketten auftreten. Da im Ausstrich große , den überwiegenden Teil des Ausstriches überlagernde Massen an Fibrin sichtbar sind, die in der Gramfärbung rot dargestellt werden, kann ein Vorliegen von gramnegativen Bakterien nicht ausgeschlossen werden.

 

     b) Giemsafärbung

 

In dieser Färbung zeigt der Ausstrich etwa 40 Zellen pro Gesichtsfeld, darunter zahlreiche phagozytierende Granulozyten, zum Teil noch mit erkennbaren aufgenommenen kokkenförmigen Bakterien, sowie einige Monozyten. Zusätzlich  sind im Ausstrich einige Epithelzellen zu sehen.

 

 

3.) Kultureller Befund und mikroskopische Untersuchung

 

Zur Anzüchtung der Bakterien werden Verdünnungsausstriche aus dem Sediment des Zentrifugats auf ISO- bzw. Blutagarplatten angefertigt und 48 Stunden bei 37°C bebrütet.

 

a) Kultureller Befund auf ISO-Agar:

 

Auf dem ISO-Agar sind neun stecknadelspitzengroße, kreisrunde, glattrandige, leicht erhabene, weißgräuliche, klar getrennte Kolonien gewachsen. Der Katalasetest ergibt ein negatives Ergebnis.

 

b) Kultureller Befund auf Blutagar:

 

Auf der Blutagarplatte finden sich 64 stecknadelspitzengroße, runde, erhabene weißlich-graue Kolonien mit glattem Rand, die eine unvollständige Hämolyse verursacht haben. Weiterhin liegen eine dunkelgelbe und zwei weißlich-graue Kolonien vor, die alle rund, stecknadelkopfgroß, erhaben, glänzend und glattrandig sind und eine unvollständige Hämolyse aufweisen.

 

c) Mikroskopischer Befund:

 

Der Kulturausstrich von den stecknadelspitzengroßen Kolonien zeigt nach der Gramfärbung zahlreiche grampositive Kokken, die somit dem mikroskopischen Bild des Sedimentausstriches entsprechen. Die Ausstriche der größeren Kolonien ergeben ebenfalls grampositive Kokken; der Katalasetest kann hier nicht durchgeführt werden, da diese Kolonien nicht auf der ISO-Platte gewachsen sind.

 

 

4.) Diagnose

 

Im vorliegenden Falle handelt es sich um gelben Galt, d.h. eine Mastitis, die von Streptokokkus agalactiae verursacht wird, wofür folgende Kriterien sprechen:

 

·      Sinnfällige, für gelber Galt typische Veränderungen des Milchzentrifugates mit gelblicher Magermilchphase, Flockenbildung und säuerlichem Geruch

·      stark erhöhte Zellzahl mit mehr als 40 Zellen pro Gesichtsfeld

·      verändertes Zellbild mit massenhaftem Vorliegen von Entzündungszellen (Granulozyten und Monozyten) sowie einigen Epithelzellen

·      in der Giemsa-Färbung nachgewiesene Phagozytoseaktivität

·      Nachweis von Streptokokken im gramgefärbten Ausstrich (grampositive Kokken, im Ausstrich aus dem Zentrifugat in langen Ketten vorliegend) und in der Kultur (stecknadelspitzengroße gräuliche Kolonien), zudem ist der Katalasetest negativ.

 

Da auf der Blutagarplatte drei weitere weißliche bzw. dunkelgelbe größere Kolonien mit unvollständiger Hämolyse vorliegen, die im Grampräparat positive Kokken aufweisen, kann von einer Misch- oder Sekundärinfektion mit Staphylokokkus aureus ausgegangen werden; da Staphylokokken ubiquitäre Keime sind, kann es sich in diesem Fall aber auch um eine Verunreinigung handeln, wofür das fehlende Wachstum auf der ISO-Agar-Platte sprechen könnte.

 

Für ein Vorliegen von gramnegativen Erregern liegen keine Hinweise vor.

 

 

5.) Differentialdiagnosen

 

5.1 Grampositive Kokken:

 

a) Differentialdiagnostisch in Frage kommende Erreger:

 

·      Staphylokokken

·      Streptokokken

·      Mikrokokken

·      Arcanobacterium pyogenes (kokkoide Stäbchen)

 

 

b) Weiterführende diagnostische Untersuchungen zur Abgrenzung:

 

·      Form

Staphylokokken, Mikrokokken und Streptokokken sind Kokken, während Arcanobakterien kurze bis kokkoide Stäbchen sind.

·      Wachstum auf ISO-Agar

Während Staphylokokken, Mikrokokken und Streptokokken anspruchslos sind und nach einer Bebrütung von 24 Stunden bei 37 °C auf ISO-Agar wachsen, zeigt Arcanobakterium hier kein Wachstum.

·      Katalase-Test

Staphylokokken und Mikrokokken sind Katalase-positiv, während Streptokokken und Arcanobakterien Katalase-negativ sind.

·      Oxidations-Fermentations-Test

Staphylokokken bauen Glucose aerob und anaerob ab, während die sehr ähnlich aussehenden Mikrokokken Glucose nur unter Sauerstoffzutritt abbauen können.

·      Furazolidonresistenz

Staphylokokken sind Furazolidonsensibel, sie wachen also in Anwesenheit von Furazolidon nicht, während Mikrokokken resistent sind.

·      Eigelb-Tellurit-Glycin-Pyruvat-Agar

Auf den ETGPA-Platten wachsen nur Staphylokokken unter Schwarzfärbung des Mediums.

 

 

5.2 Streptokokkus agalactiae:

 

a) Differentialdiagnostisch in Frage kommende Erreger:

 

·      Streptokokkus dysgalactiae

·      Streptokokkus uberis

·      Streptokokkus pyogenes

 

b) Weiterführende diagnostische Untersuchungen zur Abgrenzung:

 

·      CAMP-Test

Im Bereich der schwachen Hämolyse eines St. aureus - Impfstrichs bewirkt Sc. agalactiae - Hämolysin eine vollständige, schüsselförmige Hämolyse, während die anderen für Rindermastitiden verantwortlichen Streptokokken (mit Ausnahme von Sc. uberis in wenigen Fällen) kein CAMP-Phänomen aufweisen.

·      Äskulin-Test

Von den in Frage kommenden Streptokokken ist lediglich Sc. uberis Äskulin-positiv und zeigt eine Schwarzfärbung des Mediums.

·      Zuckerverwertung

Während Sc. agalactiae wie auch Sc. pyogenes Trehalose-positiv und Sorbit-negativ ist, zeigt sich Sc. dysgalactiae bei der Sorbit-Verwertung variabel. Sc. uberis verwertet sowohl Trehalose als auch Sorbit. Nur Sc. agalactiae kann u.U. Laktose-negativ sein.

·      Edwards-Medium

Auf Thalliumsulfat-Kristallviolett-Äskulin-Toxinblutagar zeigen sich Sc. agalactiae-Kolonien nach 48 Stunden Bebrütung bei 37 °C taubenblau hämolysierend, während Äskulin-positive Bakterien wie Sc. uberis schwarz erscheinen.

·      Serologische Differenzierungen der Lancefieldgruppen

Sc. agalactiae gehört der Lancefield-Gruppe B an, während Sc. dysgalactiae der Gruppe C, Sc. uberis der Gruppe E und Sc. pyogenes der Gruppe A angehören.

 

5.3 Staphylokokkus aureus:

 

a) Differentialdiagnostisch in Frage kommende Erreger:

 

·      Staphylokokkus simulans

·      Staphylokokkus epidermidis

·      und andere Koagulase-negative Staphylokokken

 

b) Weiterführende diagnostische Untersuchungen zur Abgrenzung:

 

·      Hämolyseform

St. aureus zeigt eine unvollständige Hämolyse, während alle anderen hier in Frage kommenden Staphylokokken keine Hämolyse aufweisen.

·      Koagulase-Test

St. aureus ist Koagulase-positiv, während alle anderen hier in Frage kommenden Staphylokokken Koagulase-negativ sind.

·      Clumping-Factor-Test

Von den für Mastitiden der Kuh infrage kommenden Staphylokokken ist nur St. aureus in diesem Test positiv.

·      Hyaluronidase-Test:

St. aureus ist Hyaluronidase-positiv, während die Koagulase-negativen Staphylokokken negativ sind.

 

6.) Beurteilung der Milch nach gesetzlichen Bestimmungen

auf der Grundlage der Verordnung über Hygiene und Qualitätsanforderungen an Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis (Milchverordnung)  vom 24. April 1995, zuletzt geändert am 20. Juli  2000

 

Im Sinne der oben genannten Verordnung gilt nach § 2 als Milch das durch ein- oder mehrmaliges tägliches Melken gewonnene Eutersekret von zur Milchgewinnung gehaltenen Kühen; Rohmilch ist Milch, die nicht über 40 °C erwärmt worden ist. Nach § 3 (1) 1 der Milchverordnung darf Milch, die zur Abgabe an andere bestimmt ist, nur von Kühen gewonnen werden, die den Anforderungen nach Anlage 1 entsprechen; insbesondere dürfen die Kühe keine Störung des Allgemeinbefindens oder erkennbare Entzündungen des Euters (Anlage 1, Ziffer 1.2) aufweisen oder Wunden am Euter zeigen, die die Milch verunreinigen könnten (Anlage 1, Ziffer 1.4).

 

Nach §18 (1) 2 ist es verboten, Milch von Kühen in den Verkehr zu bringen, die den Anforderungen der Anlage 1 nicht entsprechen.

 

Nach §8 (2) des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG) ist die untersuchte Milch gesundheitsschädlich, da sie pathogene Streptokokken enthält,  die z.B. im Falle von Streptokokkus agalactiae Neugeborenen-Meningitiden auslösen können, weshalb es verboten ist, sie in den Verkehr zu bringen.

 

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