Pferd-13 - spitzes Trauma

 

 

K R A N K H E I T S B E R I C H T

 

 

 

1. Anamnese:

 

Es handelt sich bei unserem Patienten um eine braune Traberstute, die am 29.10.1996 in die Notaufnahme gebracht worden war. Das Pferd wurde verletzt in seiner Box aufgefunden. An der rechten Vordergliedmaße befand sich eine große, offene, stark blutende Wunde. Die Haut in diesem Bereich war großflächig abgeschürft und hing herunter.

Durch den Haustierarzt wurde das Pferd für die Einlieferung in die Klinik bereits mit 14,0 ml Polamivet und 60 ml Hemoscan vorbehandelt.

 

Der Aufnahmebefund in der Pferdeklinik lautete wie folgt:

Der Allgemeinzustand ist mäßig reduziert. Im Ellenbogenbereich  befindet sich eine sehr starke Blutung, die aus einer umfangreichen, circulären Verletzung vorne rechts resultiert. Teilweise sind lateral Muskel und Sehne durchtrennt, medial dagegen sind keine Tiefenstrukturen zerstört. Die Haut ist von der Unterlage abgetrennt. Das Pferd kann die Gliedmaße nicht vorführen und hat einen hypovolämischen Schock

 

Noch am Tag der Einlieferung wurde das Pferd nachts als Notfall durch den diensthabenden Arzt x operiert:

Ihm wird eine Braunüle in die Vena jugularis geschoben und i.v. 10 ml Rompun, 10 ml Polamivet und 4,5 l Gelafotiv verabreicht. Danach nochmals 18 l Ringerlösung, 4,5 ml Rompun, 25 ml Penstrep, 11ml Finadyne und 1,0 ml Tetanustoxin. Die Wunde wurde mit 15 l NaCl-Lösung gespült.

Bei der OP wurden die unteren Gefäße der auf der lateralen Seite befindlichen stark blutenden Wunde mit Vicryl 4,0 ligiert. Teilweise wurde eine Wundrecision durchgeführt. Der dorsolaterale, z.T. abgerissene Muskelbauch konnte mit Vicryl 5,0  adapatiert werden. Während der gesamten OP wurde die Wunde ständig mittels NaCl-Braunol-Lösung feucht gehalten. Während auf der lateralen Seite die abgerissene Haut aufgrund der starken nekrotischen Veränderungen entfernt werden mußte, konnte medial die Haut mit Vicryl 5,0 adaptiert werden.

Zur Vorbeugung einer bakteriellen Infektion wurde eine Septopahlkette in die Wunde verbracht, bevor diese verschlossen wurde. Der Faden, mit dem die Haut unter  dem Ellenbogengelenk circulär wieder angenäht wurde, wurde in einem Schläuchchen geführt, um so ein Einschneiden in das verletzte Gewebe zu vermeiden; zusätzlich wurde medial  eine Drainage eingelegt. Zum Schluß wurde  die Wunde zweimal mit Anilin gespült. Die Abdeckung erfolgt mit Betaisodona-Wundgaze, um ein Verkleben des Verbandes mit der Wunde zu vermeiden.

 

 

 

 

 

Aufgrund des starken Blutverlustes betrug der Hämatokrit vor de OP gegen 22.00 Uhr nur 22% (Norm: 35-45) und das Gesamteiweiß nur 3,2g/100 ml Blut (Norm: 6,5 - 7,5g/100 ml). Nach der OP gegen 24.00 Uhr belief sich der Hkt nur noch auf 21%, während das Gesamteiweiß leicht  auf 3,5g/100 ml Blut angestiegen war. Die Herzfrequenz lag bei 48 Schlägen /min und die Atemfrequenz bei 20 Zügen /min. 

 

 

2. Status praesens:

 

a) Signalement:

 

Bei dem zu untersuchenden Patienten handelt es sich um eine braune Traberstute ohne Abzeichen, mit dem Namen x. Sie ist drei Jahre alt und vorne beschlagen.

 

b) Allgemeinzustand:

 

Wir bekamen das Pferd am 30.10. gegen 10.15 Uhr als Fall zugewiesen, einen Tag nach seiner OP. Die Temperatur ist leicht erhöht (38,5 Grad Celsius), der Puls liegt bei 40 Schlägen und die Atmung beträgt 16 Züge pro Minute. Der Hkt, der gegen 7.00 Uhr bestimmt worden ist, verzeichnet wieder leicht steigende Tendenz ( 23% ). Das Pferd zeigt blasse Schleimhäute wegen seines Blutverlustes ( geschätzt: 5-6 Liter ).

 

c) Lokalbefund:

 

Zum Zeitpunkt unserer Untersuchung wurde bei dem Pferd ein Verbandswechsel vorgenommen. Das Tier war sediert.

Lateral an der rechten Vordergliedmaße zeigt sich eine 8 mal 30 cm große Wunde, über der sich keine Haut befindet. Es ist kein nekrotisches Gewebe sichtbar, die Muskulatur liegt frei.

Medial ist die Haut zusammengenäht. Es zeigt sich eine starke Serombildung, die die Verklebung der Haut mit dem darunterliegenden Gewebe verhindert, so daß es nötig war, eine Drainage zu legen, damit die sich bildende Flüssigkeit abfließen kann.

 

Für den Verband wird  die Wunde jetzt vollständig mit Wundgaze abgedeckt. Auf einen auseinandergefalteten Tupfer wird Braunovidonsalbe aufgebracht und auf die Gaze gelegt. Zwei weitere, mit NaCl-Lösung durchtränkte Tupfer werden darübergelegt und schließlich wird das Bein mit Watte und Bandagen verbunden.

Zur Unterstüzung des Blut- und Vitaminhaushaltes werden dem Pferd 10 ml Eisen i.m. in die linke Sitzbeinmuskulatur und Tonoplast langsam i.v. verabreicht.

 

Am 31.10.  liegt der Puls bei 36, die Temperatur bei 38,2 Grad Celsius und die Atmung bei 16 Zügen /min. Die Stute zeigt einen guten Appetit.

 

Medial ist keine Serombildung mehr zu verzeichnen. Die laterale Wundfläche bleibt durch gute Sekretion feucht. Beim Vorführen der Gliedmaße wird diese gut belastet. Der vordere laterale Muskelbauch zeigt sich nekrotisch. An diesem Tag wird der Stute nochmal 9 ml Mega-Pen-Strep i.m. verabreicht, sowie 10 g Finadyne-Paste und 10 ml Feicobsang. Beim Verbandswechsel wird die Wunde nochmals mit Braunollösung gespült und anschließend mit Branolind abgedeckt und verbunden. Mehrmals täglich wird die sich bildende Flüssigkeit mittels der Drainage abgesaugt.

 

An den darauffolgenden Tagen liegt die Temperatur  zwischen 38,0 bis 38,4 Grad Celsius, der Puls bei 30 bis 40 und die Atmung zwischen 12 und 20 Zügen /min. Der Appetit ist, ebenso wie die Belastung der Gliedmaße, gut. Die Stute wird weiterhin unter Antibiotikaschutz gehalten. Am 01.11.  wird der nekrotische Muskel teilweise entfernt.

 

 

3. Diagnose:

 

Die hier  vorliegenden Verletzung kam durch ein spitzes Trauma zustande, das eine Ruptur der Haut und eines darunterliedenden Muskels mit einer Hämorrhagia per rhexin zur Folge hat.

 

 

4. Differentialdiagnose:

 

Aufgrund des eindeutigen Befundes liegt hier keine Diffentialdiagnose vor.

 

 

5. Prognose:

 

Da die Verletzung bisher einen guten Heilungsverlauf zeigt, ist die Prognose als günstig einzustufen.

 

 

6. Therapie:

 

Die Therapie zur Reparation der Wunde besteht in dem ständigen Feuchthalten der Wunde mit Salben und/oder Lösungen, einem Antibiotikaschutz, um einer bakteriellen Infektion vorzubeugen und einem langsamen Heranführen und Wiedergewöhnen an Belastungen. Die laterale Seite ist wegen des großen Hautverlustet stärker betroffen als die mediale Seite, so daß sich die Besitzer auf ein eher langwieriges Procedere einstellen müssen.

Alternativ zur konservativem Wundversorgung hätte man eine Hauttransplantation in Erwägung ziehen können. Hierbei würde man von der Schenkelinnenfläche kleine Hautstücke entfernen, um sie auf die Wunde zu übertragen.

 

 

7. Epikrisis:

 

Die uns am 30.10.1996 vorgestellte braune Traberstute zeigte eine frisch operierte, offene  Wunde an der rechten Vordergliedmaße. Die Ätiologie dieser zugezogenen Verletzung war nicht eindeutig feststellbar. Die naheliegendste Vermutung wäre ein Hängenbleiben an Stangen, Gittern o.ä. in der Pferdebox, da sie dort auch aufgefunden worden war.

Aufgrund des schnellen Handelns von Besitzern und Ärzten konnte das Pferd rasch versorgt werden, so daß sich die Heilungschancen für diese Verletzung als günstig erweisen.

 

 

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