Pferd-39 - Uveitisminimieren

 

 

 

Krankheitsbericht

 

 

 

Der Fall wurde mir am 13.06.00 von Frau Dr. x im Rahmen der klinischen Demonstrationen der Klinik für Pferde zugeteilt.

 

 

Anamnese

 

Am Telefon als Augenverletzung angekündigt wurde die Stute am 08.06.00 in die Klinik für Pferde überwiesen. Das rechte Auge wurde seit zwei Tagen mit Teramycin-Augensalbe, Atropin-Augensalbe und Keratobiciron-Augensalbe behandelt.

 

Bei der Aufnahme in die Klinik am 08.06.00 wurden folgende Befunde erhoben.

Epiphora, Blepharospasmus, matte und undurchsichtige Cornea mit peripheren rauchigen Zonen, am Limbus Einsprossen kurzer Gefäße, ein pfenniggroßes Fibringerinnsel in der rechten vorderen Augenkammer vor der Pupille und maximale Miosis. Die Iris hatte eine samtartige Oberfläche und keine radiäre Fältelung mehr, der Augenhintergrund war milchig-gelb und unscharf. Die Therapie bestand aus Finadyne oral 1 mg/kg KGW, Atropin- und Dexamethason-Augensalben mehrmals täglich und 30 ml Penicillin i.m..

Am 09.06.00 war die Kornea matt, das Fibringerinnsel kleiner, die Pupille 1-2 cm weit offen, es bestand ein geringgradiges Lidödem, die Iris war nasal ausgerissen und der Augenhintergrund unscharf und gelb. Die Therapie wurde wie am Vortag fortgesetzt.

Vom 10.06.00 bis zum 12.06.00 wurde die Therapie so beibehalten.

 

 

Signalement

 

Bei dem zu untersuchenden Pferd handelt es sich um eine 3jährige dunkelbraune Warmblutstute westfälischen Blutes. Sie hat einen länglichen Stern und eine weiße Oberlippe. Die Kronen sind hinten beidseits unregelmäßig weiß und hinten links befindet sich ein Kronfleck zentral auf der Zehe.

Die Stute hat ein Fohlen bei Fuß und ist tragend.

Die Zangen haben vollständig gewechselt, der Mittelzahn oben links schiebt nach, ist jedoch noch nicht in Reibung. Alle anderen Schneidezähne sind noch Milchzähne.

 

 

 

 

 

Untersuchungsbefunde

Allgemeinbefunde

 

Die Stute atmet ruhig costoabdominal mit 16 Zügen/min und hat einen Puls von 36 Schlägen/min. Ihr Appetit ist gut, ihr Kot geballt und ihre rektale Temperatur beträgt 38,1 C. Darmgeräusche sind auf allen 4 Quadranten rege, aber auslaufend. Der Ernährungszustand ist für eine säugende Stute gut. Ihre Beine sind klar. Der After ist eingezogen, wodurch die Scheide nach dorsal gekippt ist. Die Scheide ist geschlossen, gerade und symmetrisch. Das Gesäuge ist gefüllt, jedoch nicht vermehrt warm und nicht schmerzhaft.

 

Relevante klinische Befunde aus dem Status präsens

 

Beide Lider sind gleichmäßig geöffnet. Das Pferd hat keine Epiphora. Um das rechte Auge ist die Umgebung durch Augensalbe verschmiert. Die Konjunktiven sind rechts und links rosa mit scharf  und fein gezeichneten Gefäßen.

 

Spezielle klinische Befunde im Rahmen des Krankheitsbildes

 

Bei der Augenuntersuchung mit der Hammerlampe habe ich folgende Befunde erheben können:

 

rechtes Auge:

-Die Stute zieht als Reaktion auf das helle Licht der Hammerlampe den Kopf weg. Sie reagiert also auf Lichteinfall, das heißt die Retina ist funktionsfähig.

-Die Cornea ist glatt, glänzend und hat winzige (Durchmesser kleiner als 1 mm) kleine weißlich durchscheinende Pünktchen.

-In der vorderen Augenkammer auf 6 Uhr am Rand befindet sich eine reiskorngroße weiße Masse (etwa 2 mm mal 5 mm groß).

            -Die ovale Pupille ist 1 cm hoch und 1,5 cm breit.

            -Die Iris hat einen glatten Rand mit kleinen Zacken auf 9 Uhr.

-Die Linse hat auf der vorderen Oberfläche auf 10 Uhr eine 1 mm lange und kleiner als 1 mm breite schwarze Auflagerung.

            -Der Glaskörper weist weiße Schlieren auf, die sich bei Augenbewegung bewegen.

-Der Augenhintergrund erscheint fluoreszierend gelbgrün und scheckig durch die Glaskörperschlieren.

 

Durch die Untersuchung des Augenhintergrundes mit dem Ophthalmoskop konnte ich feststellen, daß der Augenhintergrund verschwommen und gelbgrün fluoreszierend ist.

 

linkes Auge:

-Die Pupille ist bei Raumlicht 1,5 x 0,7 cm groß und verengt sich auf den Lichteinfall der Hammerlampe auf 0,9 x 0,5 cm.

 

Am 14. 6. habe ich die Stute in der Box untersucht. Sie hatte einen Puls von 40 Schlägen pro Minute und rege aber auslaufende Darmgeräusche.

Auf dem rechten Auge ist die weiße Masse in der vorderen Augenkammer auf 6 Uhr auf etwa 3 x 1 mm geschrumpft. Die Pupille bleibt auch bei direktem Lichteinfall der Taschenlampe fast kreisrund mit einem Durchmesser von etwa 2 cm. Die schwarze Auflagerung auf der Linse ist unverändert. Die Schlieren im Glaskörper sind noch zu sehen und der Augenhintergrund ist gelbgrün fluoreszierend. Der Lichteinfall läßt die Stute den Kopf wegziehen.

Auf dem linken Auge sehe ich bei normalem Stalllicht eine fast kreisrunde Pupille mit etwa 2 cm Durchmesser. Fällt das Licht der Taschenlampe in das Auge verengt sich die Pupille sofort nicht vollständig auf etwa 1,5 x 0,7 cm.

 

Am 16. 6. wurde die Stute von mir in der Box untersucht. Sie hatte einen Puls von 40 Schlägen pro Minute und rege aber auslaufende Darmgeräusche.

Auf dem rechten Auge bestehen folgende Veränderungen:

Die weiße Masse in der vorderen Augenkammer ist weiterhin auf 6 Uhr und 1 mm im Durchmesser. Sie sieht wolkig-durchscheinend aus. Die Pupille ist kreisrund mit einem Durchmesser von rund 2 cm. Der Lichteinfall ist der Stute unangenehm. Auf der Linse ist die schwarze Auflagerung unverändert zu sehen. Der Rand der Iris ist auf 10 Uhr leicht gezackt.  Der Glaskörper hat Schlieren, die sich bei Augenbewegungen bewegen. Der Augenhintergrund ist von gelbgrüne fluoreszierender Farbe.

Das linke Auge stellt sich bei normalem Lichteinfall mit einer 1 x 1,5 cm großen Pupille dar. Bei Lichteinfall durch die Taschenlampe verengt sich die Pupille sofort auf 0,5 x 1 cm.

 

 

Diagnose

 

Uveitis

 

 

Ätiologie

 

Die Ätiologie ist unklar.

Als ätiologische Möglichkeiten sind folgende aufzuführen:

-           -Eine Reflex-Uveitis bei schmerzhaften oberflächlichen Augenprozessen. Es entsteht ein Irisspasmus, der selbst auch schmerzhaft ist. Das ist auszuschließen, da die Cornea unversehrt ist.

-Eine systemische Infektion, z. B. mit Toxoplasmen, Mikrofilarien, Viren oder Bakterien, wie z. B. Leptospiren. Üblicherweise sind dabei beide Augen betroffen. Gegen die Bakterien, die anwesend sein können wurde die Stute prophylaktisch systemisch unter Antibiotika gestellt.

-Eine traumatische Einwirkung auf das Auge. Das kann nicht ausgeschlossen werden, da die Stute nicht ununterbrochen beobachtet wird.

-Eine intraokulare Neoplasie konnte mit der Augenuntersuchung nicht festgestellt werden.

-Eine systemische autoimmunvermittelte Erkrankung. Die Stute hat außer der Uveitis keine weiteren Beschwerden. Das beweist nicht, daß keine autoimmunvermittelte Uveitis vorliegt, jedoch wird die Autoimmunreaktion nicht systemisch sein.

-Eine Intoxikation im Zusammenhang mit Verdauungsstörungen oder Aufnahme  von schlecht gewordenem Futter, Schimmelpilzen oder Giftpflanzen. Die Stute zeigt keine Symptome, wie z. B. Kolik, Durchfall, periphere Ödeme oder ähnliches, die auf solche Vorfälle schließen lassen.

 

Differentialdiagnosen

 

equine rezidivierende Uveitis -diese Diagnose ist erst stellbar, wenn wieder eine Uveitis mit unklarer Ätiologie auftritt.

 

 

Therapie/ Therapiekonzept

 

Eine akute Uveitis ist ein Notfall.

Als erstes muß so schnell wie möglich das Auge mit 1  %iger Atropinlösung maximal weit gestellt werden um Verklebungen zwischen Iris und Linse zu verhindern. Bei längerer Atropingabe sollten die Darmgeräusche kontrolliert werden, da langfristige Atropinverabreichung eine Hemmung der Darmmotorik verursachen kann. Um die Atropinwirkung am Auge zu kontrollieren, kann man das unbehandelte Auge verwenden. Am 14. 6. zeigte die Stute keine maximale Miosis der linken Pupille mehr, das heißt, die volle Atropinwirkung auf dem rechten Auge ist eingetreten. Das Atropin wirkt noch mehrere Tage  nach dem Absetzen am Auge weiter.

Des weiteren müssen Schmerzmittel/Entzündungshemmer lokal und systemisch gegeben werden. Das können NSAID’s oder auch Corticoide sein. Am Auge ist die erste Wahl für die lokale Behandlung Cortison. Hier wurde systemisch Flunixin-Meglumin 1 mg/kg und lokal Dexamethason-Augensalbe gegeben. Das lokale Cortison sollte bis etwa 30 Tage nach Abklingen der klinischen Symptome gegeben werden.

Zusätzlich wurde, um eine eventuelle bakterielle Ursache der Uveitis zu therapieren, systemisch Penicillin gegeben, das später durch Streptomycin ergänzt wurde.

Diese Therapie ist die konservative Methode.

 

Sollten erneut Uveitisanfälle unklarer Genese auftreten, kann eine chirurgische Behandlung in Erwägung gezogen werden.

Das immunologische Gedächtnis der Glaskörpers ist sehr gut. Auf erneuten Antigenkontakt wird er mit einer überschießenden Reaktion immer eine Uveitis hervorrufen. Um diesen Faktor auszuschalten und die Immunkomplexe des Glaskörpers zu entfernen kann man eine Vitriektomie durchführen. Voraussetzung dafür ist die Durchsichtigkeit der vorderen Medien am Auge. Sonst ist für die Operation keine Indikation gegeben, da die Sehfähigkeit trotz der Manipulation eingeschränkt bleiben würde.

Bei weiter Pupille wird der Glaskörper zertrümmert und abgesaugt, wobei der Druck durch Auffüllen des Auges mit Ringer- oder physiologischer NaCl-Lösung konstant gehalten wird.

Mit dieser Therapie wird die Anfallshäufigkeit der periodischen Augenentzündung verringert und die Sehfähigkeit erhalten.

 

 

 

 

 

Prognose

 

Hier handelt es sich um eine einmalige Uveitis mit erfolgreicher Therapie und ohne Komplikationen. Deshalb ist die Prognose günstig.

Sobald jedoch erneut eine Uveitis auftritt ist die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen, z.B. eine Kataraktentstehung größer und die Prognose für das Auge entsprechen ungünstiger. Danach ist die Wahrscheinlichkeit weiterer Uveitiden sehr groß und die langfristige Prognose für das Auge sehr ungünstig.

 

 

 

 

 

Epikrise

 

Die weiße Masse in dem rechten Auge, die sehr gut resorbiert wird ist mit großer Wahrscheinlichkeit Fibrin. Dann ist die Uveitis eine serofibrinöse Uveitis. Es könnte jedoch auch Eiter sein, der gelblicher ist und als Hypopyon bezeichnet wird.

 

Die schwarze Auflagerung auf der Linse und der gezackte Irisrand an der entsprechenden Stelle weist auf eine stattgehabte Synechie an dieser Stelle hin. Die Auflagerung ist jedoch so klein, das der Visus der Stute dadurch nicht eingeschränkt wird. Eine weitere Gefahr nach einer stattgehabten Synechie ist die Entwicklung einer Katarakt. Diese Stute hat noch keinen Hinweis auf eine Kataraktentstehung und deshalb diese günstige Prognose.

 

Es ist forensisch wichtig abzuklären ob die Uveitis auf äußeren oder auf inneren Einflüssen beruht, da die auf inneren Einflüssen beruhenden Uveitiden ein Hauptmangel mit 14 Tagen Gewährfrist sind.

 

Eine periodische Augenentzündung hat die Definition einer serofibrinösen, nichtgranulomatösen Entzündung der Uvea und angrenzender Strukturen und führt auf lange Sicht zu progradienter Zerstörung des Auges mit Phthisis und Erblindung.