Obduktion-22 - Katze: Altersbedingtes Nierenversagen

                                             OBDUKTIONSBERICHT

 

A. Allgemeines

 

    1. Nationale des Tieres

         Gattung: Katze, EKH

         Geschlecht: männlich

         Geboren: 1.01.1983

         Gewicht: 2.06 kg

         Kennzeichen: graubraun, z.T. gelbbraune Flecken

 

    2. Besitzer: x

        Einsenderx

 

    3. Ort und Zeit der Zerlegung: Institut für Veterinärpathologie FU Berlin am 25.06. 99,

                                                     in der Zeit von 10.30 - 12.30 Uhr 

                                                     Sektionsnummer: x

 

    4. Untersucher: x

        Wissentschaftlicher Mitarbeiter: x

        Zeugen: x

 

    5. Vorbericht:Die Katze wurde vorgestellt aufgrund Inappetenz, Kachexie, Urämie,                                       chronischer Niereninsuffizienz mit Euthyroid-sick-Syndrom.

                           Das Tier wurde am 23.06.99 mit T61 getötet.

 

B. Beschreibung

 

Alle im Folgenden nicht aufgeführten Organe sind als o.b.B. anzusehen!

 

a) äußere Besichtigung

 

Der Tierkörper liegt vollständig und ohne Verletzungen zur Untersuchung vor. Die  Körperöffnungen sind o.b.B. Auffallend ist die ausgeprägte Kachexie.  

 

b) innere Besichtigung

 

I.  Zustand nach Eröffnen der Haut:

 

1. Unterhautgewebe:

    Das Unterhautbindegewebe ist trocken, glänzend und elfenbeinfarben. Die Gefäße sind

    zwirnfadenstark, eine Gefäßfüllung ist nicht zu erkennen. Das Unterhautfettgewebe ist am

    Unterbauch hauchdünn und von weißlicher Farbe.

 

2. Muskulatur:

    Die Farbe der Muskulatur ist kräftig rot. Sie ist mäßig feucht, glatt und glänzend. Ihre Kon-

    sistenz ist weich-elastisch und die Fasern zeigen einen gleichmäßigen Verlauf.

 

3. Gelenke:

    Bei der Eröffnung der Hüftgelenke tritt jeweils eine geringe Menge klare fadenziehende

    Flüssigkeit aus. Die Gelenkflächen sind feucht, glatt, glänzend und beweglich. Es sind     

    keine Veränderungen degenerativer Art sichtbar.

 

4. Knochen:

    Die Knochen sind fest, glatt und elfenbeinfarben. Bei der Eröffnung des Markraumes wird     

    rotes Knochenmark sichtbar. Die Rippen sind äußerst elastisch und lassen sich kaum

    brechen, sondern biegen sich unter Druck.

 

 

II. Bauch und Beckenhöhle

 

1. Inhalt:

    Beim Eröffnen der Bauchhöhle läuft keine Flüssigkeit aus.

 

2. Stand des Zwerchfells:

    Das Zwerchfell ist kuppelförmig gewölbt, reicht bis in den Bereich des 6. Interkostalrau-

    mes und ist gespannt.

 

3. Lage der Organe:

    Im vorderen Drittel der Bauchhöhle sind ein hauchdünnes Fettpolster, die Leber, der 

    Magen und das Netz, im mittleren Drittel sind die Milz und das Netz, welches

    vollständig das Darmkonvolut bedeckt, zu sehen. Im hinteren Drittel sind ein Teil des

    Colons, die Harnblase und das Netz zu finden. Bauch- und Beckenhöhle werden durch die 

    Organe vollständig ausgefüllt.

 

4. Netz:

    Das große Netz bedeckt die Dünndarmschlingen gleichmäßig. Es ist zentral elfenbeinfar-

    ben und an der Peripherie verwaschen rosa gefärbt. In der Nähe der Gallenblase ist eine   

    grünliche Verfärbung sichtbar. Es wird von bleistiftminen- bis zigarrenstarken Fettsträngen 

    spinnwebartig durchzogen. Haarfeine Gefäße mit mäßigen Füllungszustand sind zu

    erkennen.

 

6. Magen

    Der Magen ist mandarinengroß. Nach Herausnahme und Eröffnung erkennt man die bräun-

    liche, in ca. 5 mm breit verstreichbare Längsfalten gelegte Schleimhaut des Magens. Sie ist

    feucht, glatt, glänzend und von einem dünnen gelblich-schleimigen Überzug bedeckt. An-

    sonsten ist kein Mageninhalt zu sehen. An der Magenschleimhaut ist ein intensiver

    ammoniakalischer Geruch feststellbar.

 

7. Leber und Gallenblase:

   An der Leber ist eine hydropische Schwellung feststellbar. Die Leberränder sind   

   scharfkantig und an einigen Leberlappen schwarz gfärbt. Insgesamt ist die Leber allerdings

   rot-gelblich. Bei genauerer Betrachtung ist ein feines gelbbraunes Maschenwerk zu sehen,

   welches sich durch die Leberläppchen und die zentral deutlich hervortretende Zentralvene

   zusammensetzt.

   Die Gallenblase ist grün-gelb und gut gefüllt. Die beim Anschnitt abfließende Flüssigkeit

   ist dunkelgrün. Die Schleimhaut ist samtartig, glänzend und olivgrün

 

8.Nieren:

   Die Nieren sind bohnenförmig. Die rechte Niere mißt ca.4x1 cm, die linke ca. 1x2 cm. Die

   äußere Schicht ist uneben und mit Gefäßen gezeichnet. Die Konsistenz ist derb-elastisch bis

   hart. Nach Anschnitt zeigt sich, daß Rinde und Mark nicht mehr deutlich voneinander

   unterschieden werden können. Insgesamt schimmert die Fläche wässrig stumpf. Die Farbe

   der noch erkennbaren Rinde ist dunkelbraun-rot und die des Marks elfenbeinfarben. In der

   Rinde ist teilweise eine leichte radiäre Streifung zu erkennen. Zum Großteil sind auf der 

   Anschnittfläche nur graubraune bindegewebige verwaschene diffuse Bezirke zu sehen. Die

   Nierenbecken sind ca. 2mm spaltbreit geöffnet und ohne Inhalt.

 

III. Brusthöhle

 

1. Inhalt:

    Die Brusthöhle ist nach Eröffnen frei von fremden Inhalt.

 

2. Ausfüllungsgrad:

    Die Brusthöhle ist durch Herz und Lunge zu etwa 75 % ausgefüllt.

 

3. Brustfell:

    Das Brustfell ist feucht, glatt, glänzend, durchscheinend und im rechten vorderen

    Quadranten mit weißlich körnigen, halbstecknadelkopf großen Auflagerungen versehen.

 

4. Herzbeutel:

    Das Herz ist im Herzbeutel frei beweglich. Er ist feucht, glatt, glänzend und durchschei-

    nend. Nach Eröffnung tritt vermehrt blutfarbene, wässrige Flüssigkeit von ca. 1,0 ml aus.

 

5. Herz:

    Die linke Hauptkammer bildet die Spitze des stumpfkegeligen Herzens.. Nach Anschnitt

    des Herzens sieht mann, daß die linke Herzkammer eine zentrale Öffnung von ca. 2mm 

    Durchmesser aufweist. Es fließt aus beiden Kammern dunkel geronnenes, krümmeliges

    Blut ab. Die Herzmuskulatur ist von rot-brauner Farbe, mäßig feucht und derb-elastisch.

    Das Verhältnis von rechter Hauptkammerwand zu Ventrikelwand zu linker Hauptkammer-

    wand ist 1:5:5. (Normal ist 1:3:3). Die rechten und die linken Taschen- und Segelklappen

    sind aufspannbar, durchscheinend, unversehrt, seidenpapierstark, glatt, feucht und

    glänzend. Die linken Segelklappen sind jedoch verkürzt. Die Sehnenfäden in den Kammern

    sind zwirnfadenstark.

 

6. Lunge:

    Die Lunge ist schlecht kollabiert, insgesamt weich-elastisch und puffig. Auf der Oberfläche

    der einzelnen Lappen sind multiple, stecknadelkopfgroße weißliche Auflagerungen zu er-

    kennen.

    An den Spitzen- und Kaudallappen sind je 1x1 cm große weißrötliche, aufgeschäumte

    Bezirke sichtbar. Die Lappen sind scharfrandig begrenzt, von hellroter Farbe. Im Anschnitt

    ist das Lungengewebe feucht, glatt, glänzend und es tritt seröse Flüssigkeit aus. Auf Druck

    tritt aus den Bronchien schaumige Flüssigkeit aus. An der Pleura visceralis finden sich

    kleine Kristalle.

 

iV. Maul- und Rachenhöhle, Halsorgane

 

1. Kehlkopf und Luftröhre:

    Der Kehlkopf ist porzellanfarben, symmetrisch, feucht, glatt und glänzend. Die Luftröhre

    ist 1,0 cm weit, mit leicht geröteter, glänzender, glatter Schleimhaut, bei der noch eine

    haarfeine Gefäßzeichnung zu erkennen ist. Im Bereich der Bifurkation befindet sich eine

    wässrig-schaumige Flüssigkeit.

 

2. Schilddrüsen und Epithelkörperchen

    Beide Schilddrüsen sind ca. 0,5x2,5 cm groß, die ihnen aufliegenden Epithelkörperchen

    0,25x0,3 cm

 

V. ZNS

 

    Das Gehirn und Rückenmark wurden nicht näher untersucht.

 

C. Pathologisch-anatomische Diagnosen

 

1. Allgemeindiagnosen: Kachexie und katabole Stoffwechsellage

 

2. Organdiagnosen:      a) Tracheitis acuta

                                   b) Hypertrophia ventriculi cordis sinistra

                                   c) Oedema pulmonum

                                   d) Stauungshyperämie der Leber mit Atrophie der Leberzellen von                                  zentral nach peripher

                                   e) Renaler sekundärer Hyperparathyreoidismus mit d) als Folge

                                   f) Tötungsbedingte Kristallbildung am Endocard des Herzens sowie

                                       auf der Pleura visceralis der Lunge

                                   c) Pyelonephrosa non purulenta chronica diffusa

                                   d) Osteodystrophia fibrosa

 

3. Gesamtdiagnose:      Altersbedingtes Nierenversagen mit Folgen für den Herz-und Lungenkreislauf, die Leber, die Nebenschilddrüsen, den Knochenstoffwechsel und die Magenschleimhaut.

 

 

D. Gutachten

    

Das Hauptproblem bei diesem Fall ist die chronische Niereninsuffizienz. Sie ist gekennzeichnet durch langsamen Zerfall des renalen Parenchyms. Eine Funktions-untüchtigkeit wird erst bei Zerstörung von ca. 2/3 aller Nephrone klinisch manifest. Bis es dazu kommt, ist die genaue Ätiologie für das Zustandekommen der Nierendegeneration nicht mehr genau zu beschreiben.

Die Niere kompensiert ihren Funktionsverlust zunächst durch Hypertrophie. Durch die zugrundegegangen Nephrone und Glomerula kommt es zu einer verminderten Durchblutung und ein erhöhter Widerstand für den arteriellen Blutstrom ist die Folge. Im weitern Verlauf kommt es zu weiterer Degeneration des Nierengewebes und schließlich zur sog. “Schrumpfniere”. Das Herz muß gegen die erhöhte Nachlast arbeiten und reagiert mit Linksherz-Hypertrophie. Ist auch dieser Kompensationsmechanismuß erschöpft, kommt es zur Lungenstauung. Hierbei wird zunächst in den peribronchialen Bereichen, dann in den interalveolären Septen eine Flüssigkeitsansammlung festgestellt. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Exudatansammlung in den Alveolen, die den pulmonalen Gasaustausch behindern. Ein zusätzlicher Sauerstoffbedarf wirkt sich wiederum auf die Aktivierung des Knochenmarkes aus. Dort wird die Bildung von Erythrozyten als Sauerstofftransportmolekül gefördert. Die Stauung in der Lunge bedeutet auch für die rechte Herzhälfte einen erhöhten Arbeitsaufwand - sie reagiert zunächst mit Dilatation, wie in diesem Fall, später kann es dann auch zu Hypertrophie der rechten Herzwand kommen. Trotzdem ist schon ein Rückstau auf die Vena cava caudalis und damit bis in die Leber vorhanden. Der erhöhte Druck in den Zentralvenen der Leberläppchen führt dazu, daß sich die Gefäßwände bingewebig verdicken, dadurch eine Unterversorgung im perizentralen Bereich, eine zentrolobuläre Verfettung und Druckatrophie von Leberläppchen entstehen. Durch die verminderte Funktion der Leber kommt es in den Körperzellen zu einer Unterversorgung mit energetisch wichtigen Stoffwechselprodukten, wie z.B. mit Kohlenhydraten. Es setzt eine katabole Stoffwechsellage ein, die mit ihrem erhöhten Fettsäurespiegel im Blut ebenfalls zu einer vermehrten Anlagerung von Fett im Lebergewebe führt.

Die Störungen im Resorptions-und Sekretionshaushalt der Niere führen außerdem zu einem Anstieg des Harnstoffspiegels im Blut, zu Ca/P - Imbalancen und zu Regulationsproblemen des Parathormones. Harnstoff wird u.a. von Enzymen in der Magenschleimhaut zu Ammoniak umgebaut, was den stechenden Geruch eklären läßt. Der H´stoff kann auch als Ursache für die SH-Reizung der Trachea in Betracht kommen. Bei weiter ansteigendem H´stoffspiegel kann es zur Hepatoezephalopathie kommen. Beim chronischen Nierenversagen werden bestimmte Hydroxylierungsreaktionen in der Vit. D3 -Synthese immer mehr beschränkt. Vit. D3 ist u.a. wichtig für die Bildung des Ca-Binding-Proteins im Dünndarm und damit für die Ca-Resorption, die hier nicht mehr ausreichend stattfindet. Außerdem wird Ca vermehrt in der Niere ausgeschieden. P hingegen wird in der Niere vermindert ausgeschieden. Es kommt zu erheblichen Anstiegen des Serumphosphatgehaltes. Ein verminderter Vit. D3-Spiegel und ein unausgewogenes Ca/P Verhältnis bewirken eine Erhöhung der Sekretion von Parathormon aus der Nebenschilddrüse, worauf diese hypertrophisch wird. Außerdem werden Osteoblasten gehemmt während Osteoklasten weiterhin voll in der physiologischen Knochenaktivität weiter den Abbau von Knochengewebe vorantreiben. Allmählich stellt sich durch die dauernde Ca Auslagerung eine Osteofibrose ein. Eine weitere Folge des pathologischen Ca/P Verhältnisses kann auch dazu führen, daß es in den Gefäßen zu Ausfällung von Ca/P-Kristallen kommt. Dies ist bei der hier untersuchten Katze allerdings nicht der Fall.

 

Die Todesursache des Tieres ist das Einschläfern mit T61. Die postmortalen Veränderungen stehen in zeitlichem Zusammenhang mit dem Todeszeitpunkt.

 

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