Pferd-34 - Sinusitis maxillaris chronica

                                                                                                                                

 

 

 

Krankheitsbericht

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1.                Anamnese:

Der Besitzer beobachtete bei Belastung ein vermehrtes Atemgeräusch (Pfeifen). Desweiteren besteht seit ca. 2 Wochen eine Hangbeinlahmheit hinten rechts. Zur Abklärung der Befunde wurde das Tier in die Pferdeklinik gebracht. Dort wurden bereits mehrere Chips in beiden Sprunggelenken diagnostiziert, welche danach operativ entfernt wurden.

 

 

 

2.      Kennzeichnung des Tieres:

                        Signalement:

Farbe:             Braun

Rasse:                        Warmblut

Geschlecht:    Wallach

Alter/Zahnalter:ca. 12 Jahre

Gewicht:         580 kg

Abzeichen:     Kopf : Von oben nach unten sich erweiternde Blässe.

                                   Fleckige Unterlippe

                        Beine:   Vorne rechts und hinten links Fuß halbweiß

                                   Vorne links und hinten rechts Fessel weiß.

 

 

2.                Untersuchungsbefunde:

 

Vor den Untersuchungen und Behandlungen am 5.12.00 und 6.12.00 wurde der Patient sediert.

Die dort gemessenen Werte stehen frei, Werte vom 7.12.00 in Klammern.

 

 

3.1. Allgemeinbefunde

 

Die Pulsfrequenz beträgt 36 (36) Schläge pro Minute. Er ist gleichmäßig, regelmäßig, kräftig und herzsynchron.

Die Atemfrequenz beträgt 16 (18) Atemzüge pro Minute. Die Körpertemperatur beträgt 37,5°C, rektal gemessen.

 

 

3.2 Relevante klinische Befunde aus dem Status praesens

 

Das Tier steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaße gleichmäßig. Es beobachtet seine Umwelt, ist

aufmerksam und zeigt Ohrenspiel. Ernährungs- und  Pflegezustand sind als gut zu beurteilen. Der Appetit ist als normal einzustufen, da das Tier auch während der Untersuchung normales Fressverhalten zeigt. Kot- und Harnabsatz waren nicht festzustellen.

Die sichtbaren Schleimhäute (Maul, Nüstern und Konjunktiven) sind allesamt rosafarben, glatt, feucht und glänzend. Die kapilläre Füllungszeit liegt unter 2 Sekunden. Die Mandibularlymphknoten sind symmetrisch, kirschgroß, schlaff-elastisch, gelappt und verschieblich, weisen jedoch eine geringe Schmerzhaftigkeit auf. Das Haarkleid ist dicht, geschlossen, glatt und glänzend. Ventral am Bauch befindet sich eine von Klammern zusammengehaltene Operationswunde, die auf ihrer gesamten Länge von ca. 40 cm ein gelbliches, übel riechendes Exsudat entläßt und von einer ödematösen Umfangsvermehrung flankiert wird.

 

 

 

 

 

 

3.3 Kurze Befundung der nicht primär betroffenen Organsystemen (Nebenbefunde)

 

 

Kreislauforgane :

 

Der Herzstoß ist gerade fühlbar, auskultatorisch werden 36 Herzaktionen/min festgestellt. Qualitativ sind die Herztöne kräftig, gut voneinander abgesetzt und regelmäßig. Nebengeräusche sind keine zu vernehmen. Die Pulsfrequenz entspricht der Herzfrequenz. Er ist von mittelkräftiger Intensität und gleichmäßig.

Die Episkleralgefäße sind leicht injiziert. Die Venenstauprobe verläuft positiv.

 

 

Atmungsorgane:

 

Beide Nasenlöcher sind symmetrisch und die Atemluft strömt aus beiden mit gleicher Intensität.Aus beiden Nasenöffnungen, besonders jedoch aus dem rechten, fließt gelbliches, geruchloses Sekret.

Die costoabdominale Atmung zeigt adspektorisch Regelmäßigkeit in Frequenz und Tiefe. Perkussion und Auskultation zeigen das Lungenfeld in folgender Ausdehnung:

Dorsale Begrenzung Hüfthöckerebene, craniale Begrenzung Schulterblatt, ventrale Begrenzung Brustwand und caudale Begrenzung eine leicht caudal gebogene Linie von den knorpeligen Anteilen der 7. Rippe zur Basis der 17. Rippe.Inspiratorisch ist ein bronchoalveoläres und vesikuläres Geräusch zu vernehmen. Expiratorische Geräusche sind nicht zu bemerken.

 

 

Digestionsapparat:

 

Ds Abdomen erscheint bei der Adspektion von kaudal her symmetrisch, die Bauchdecke ist stark gespannt. Die Auskultation aller vier Quadranten verlaüft befundlos.

 

3.4 Spezielle klinische Befunde

 

Dentalendoskopie:

 

Am 5.12.00

Hier wird ein fehlender Zahn oben links (M1) festgestellt, dessen Lücke mit Futter gefüllt ist. Auf gleicher Seite unten zeigt der korrespondierende Zahn hohe buccale und linguale Wände die in Zusammenhang mit Erosionen der Maulschleimhaut in direktem Kontakt stehen. Oben rechts (M1) zeigt sich ein hochgradig kariöser Prozeß. Nach Ausspülen der Maulhöhle und der von Ingesta verstopften Alveole des M1 links oben zeigt sich eine offensichtlich geschlossene Kieferhöhle mit beginnender Regeneration der Schleimhaut.

 

 

Röntgenuntersuchung:

 

Am 5.12.00 ( latero-lateraler Strahlengang, 90°, mit Zentrum Sinus maxillaris und Einbeziehung des Sinus frontalis und des Luftsackes)

In den angefertigten Aufnahmen stellt sich eine horizontal verlaufende Verschattung im Sinus maxillaris dar. Der Sinus frontalis stellt sich in einer dunklen Bildfärbung dar. Die Luftsackaufnahme läßt einen Weichteilschatten erahnen.

 

 

 

 

 

Endoskopie:

 

(Nares, Choanae, Siebbein, Larynx und obere Trachea ; am 5.12.00)

Eine leichte Asymmetrie der rechten Plica vocalis stellte sich dar, der Slap-test zeigte jedoch den Stellreflex.

 Deformationen oder Gewebszubildungen und Auflagerungen waren nicht zu bermerken.

Im Larynx und in der Trachea ist etwas Schleim vorhanden.

 

Parameter

Einheit

28.11.00

6.12.00

Referenzwerte

Hämoglobin

g/100ml

12,9

10,5

11-15

Erythrozyten

Mio/µl

7,68

6,51

6-9

Leukozyten

Tausend/µl

6,5

6,6

6-9

Lymphozyten

%

24

32

24-45

Segmentk.-Granulozyten

%

68

65

55-75

Stabkernige-Granulozyten

%

3

2

Bis 4%

Eosinophile Granulozyten

%

3

1

Bis 4%

Basophile Granulozyten

%

1

-

Bis 1%

Monozyten

%

1

-

Bis 4%

Hämatokrit

%

36

29

35-45%

 

Auffällig sind die leicht reduzierten Hämoglobin- und Hämatokritwerte vom 6.12.00.

 

 

 

Mikrobiologie:

 

In einer am 28.11.00 entnommenen Wundsekretprobe der Operationswund wurde E.coli in hoher Konzentration und Staphylococcus aureus in geringer Konzentration nachgewiesen.

Anaerobier in der gleichen Probe :       -hochgradig Enterococcus sp. und Bacteroidaecceae spp.      

                                                           -geringgradig Peptostreptococcus anaerobius und Prevotella sp.

Ein erstelltes Antibiogramm zeigte weitestgehend starkes Resistenzverhalten der Keime, Enrofloxacin und Florfenicol sind die einzigen Stoffe auf die Enterococcus sp. S.aureus und E.coli sensibel reagieren.

 

 

3.                Diagnose:

 

·        Sinusitis maxillaris chronica

·        Exsuperantien an allen Backenzähnen des Ober- und Unterkiefers invaribler Ausprägung und Meißelzahn (Exsuperantia dentium) am M1 oben rechts

·        Arytaenoid-Asymmetrie links

·        Vergrößerter Lymphknoten Nl. retropharyngealis medialis

·        Wundinfektion mit teilweise resistenten Bakterien; E.coli, Staphylococcus aureus, Enterococcus sp

Peptostreptococcus anaerobius, Prevotella sp. und weiteren Bacteroidaceae spp.

 

 

5.     Ätiologie :

 

Zur Sinusitis maxillaris chronica:

Nasennebenhöhlenentzündungen entstehen meist sekundär aus fortgeleiteten Entzündungen der Nasenschleimhäute, des Kehlkopfes oder auch oft durch eine Alveolarperiostitis oder Pulpitis. Infektionen der oberen Atemwege und auch ulzerierte Neoplasmen können ebenfalls kausal eine Sinusitis bedingen. Eine chronische Sinusitis manifestiert sich häufig in Form eines Empyems, deutlich sichtbar inRöntgenaufnahmenin Form eines sogenannten Spiegels, einer geradlinig-horizontal verlaufenden Verschattung. Fast immer sind die Kehlgangslymphknoten geschwollen. Bei Zahnkrankheiten als Ursache einer Sinusitis sind die Ausflüsse oft von kariösem Geruch begleitet.

 

Zu den Exsuperantien :

Hochragende Zahnspitzen entstehen durch abnorme Gebißabnutzung. Hier sind mehrere Ursachen zu nennen und zwar

1.      Natürliche Prädestination der Equiden : Der Unterkiefer der Pferde ist schmaler als der Oberkiefer. Dadurch ergibt sich bei geringen Störungen des Kauaktes schnell die Bildung lingualer (Unterkiefer ) und buccaler (Oberkiefer ) Bereiche die nicht mehr in Reibung und Kongruenz stehen.

2.      Verfütterung von zuwenig Raufutter : Der mechanische Abrieb nimmt bei Fütterung von zu wenig Raufutter ab. Dies begünstigt durch „mangelnde Bewegung und natürlichen Abrieb“ die Bildung von Zahnspitzen.

3.      Zu lange Schneidezähne: Seitliche Bewegungen (Lateralexcursionen) sind hierdurch ebenfalls eingeschränkt.

Insbesondere der Meißelzahn (Exsuperantia dentium) entsteht durch Fehlen eines Antagonisten. Ursachen für das Fehlen des Gegenspielers können eine Oligodontie oder Zahnextraktionen und die dadurch entstehenden Diastemen sein in die der Zahn dann aufgrund fehlenden Abriebes die Occlusionslinie überwächst.

 

Zur Arytaenoid-Asymmetrie :

Dieses Phänomen kommt recht häufig vor. Viele Tiere mit Larynxasymmetrie in Ruhe öffnen den Kehlkopf unter Belastung (auch Lobelin) maximal und normal. Eine leichte Verletzung des N. laryngeus recurrens oder eine geringgradige Atrophie der dorsalen und ventralen Cricoarytaenoidmuskulatur schien als Ursache nicht undenkbar.

 

6.          Differentialdiagnosen :

 

Zur Sinusitis maxillaris :

·        Nasenkatarrh : Entzündung der Nasenschleimhaut ; sichtbare Veränderungen an der Schleimhaut.

Auszuschließen durch Endoskopie bei der keine Schleimhautveränderungen wahrnehmbar sind.

·        Nekrose der Nasenmuscheln (Choanae ) : Die oft ätiologische Folge eines Nasenkatarrhes.

·        Aerocystitis equorum : Luftsackentzündung ; oft mit vermehrt einseitigem Nasenausfluß.

Auszuschließen aufgrund der angefertigten Röntgenaufnahmen und fehlender Umfangsvermehrung der Regio parotidea.

·        Tumore im Bereich der oberen Atemwege ; Auszuschließen durch erfolgte Endoskopie.

·        Influenza equorum : fehlendes Symptom Husten.

·        Iatrogen eröffnete Kieferhöhle durch Zahnextraktion : Bei der Dentalendoskopie konnte keine Eröffnung der Kieferhöhle festgestellt werden.

 

Zu den Exsuperantien:

Keine Differentialdiagnose möglich.

 

Zur Arytaenoid-Asymmetrie:

·        Hemiplegia laryngis ; bei der endoskopischen Untersuchung wurde der Slap-Test angewandt, bei dem ein Schlag mit der flachen Hand auf eine Seite des Widerristes die Kontraktion der kontralateralen Kehlkopfmuskulatur zur Folge hat. Es fand eine Kontrakton statt,womit die leicht veränderte Stellung des rechten Aryknorpels als Folge einer halbseitigen Kehlkopflähmung ausgeschlossen werden kann.

 

Zur Wunde am Bauch:

Keine Differentialdiagnose möglich.

 

 

7.      Therapie/Therapieverlauf:

 

1.: Sinusitis maxillaris

Es wurde am 06.12.00 eine Trepanation in der rechten Kieferhöhle durchgeführt. Ein Körbchen-Katheter wurde eingelegt und es wurde mit 10 l NaCl-Lösung gespült. Die Spülflüssigkeit kam über die Nasenlöcher heraus, war rötlich gefärbt und enthielt wenige Flocken. An den folgenden Tagen wurde dann 1 mal täglich gespült. Am 10.12.00 war die Spülflüssigkeit klar und ohne Flocken, und am 11.12.00 wurde dann der Katheter entfernt. Der Nasenausfluß war auch weg.

 

2.: Die Zahnspitzen wurden während der Klinischen Demonstrationen vom 05.12.00 abgeschliffen. Hierbei wurde ein Maulgatter nach ?????????? sowie ein elektrisches Diamantschleifgerät verwendet.

Alle Zahnreihen wurden beschliffen.

Es sollte kein großer Druck auf das Schleifgerät und damit auf die Zähne ausgeübt werden, damit durch die entstehende Reibung keine zu große Temperatur aufgebaut wird die die Pulpa schädigen könnte. Gegen die thermische Schädigung der Pulpa ist auch eine Spülung mit Wasser vorteilhaft. Vermieden werden sollte auch ein schräges Abraspeln oder ein Abrunden der Kanten. Vielmehr soll durch diese Therapie eine plane Zahnfläche entstehen. Mehr als 0,5 cm abzuschleifen bedeutet gegebenenfalls eine Eröffnung der Pulpahöhle, was ebenfalls zu vermeiden ist.

3.: Da keine inspiratorischen Stenosengeräusche vorhanden sind und kein Vorbericht über

Beschwerden bei Belastung vorlag, wurde die Asymmetrie nicht weiter berücksichtigt.

 

4.: Wundheilung: Die Wunde wird 2 mal täglich zuerst mit Braunol  gesäubert und die angeschwollene Wundumgebung ausmassiert. Dann wird eine antibiotische Behandlung durchgeführt. Hierbei wird das Antibiotikum in die Wunde gespritzt. Am Anfang wurde 10 ml Nebacetinâ( Bacitracin+Neomycin) eingesetzt, aber nach den Antibiogrammergebnissen wurde die weitere Behandlung mit Braunovidonâ (Povidon-Iod) durchgeführt. Ein Bauchgurt wurde auch angelegt. Am 14.12.00 war die Wunde dann fast geschlossen, es gab nur eine geringradige Exsudation und cranial und in der Medianen der Bauchwunde stecknadelkopfgroße Granulationsgewebszubildungen.

 

 

 8.     Prognose:

 

1.: Bei der Sinusitis maxillaris ist die Prognose etwas vorsichtiger zu beurteilen, aber „x“ sprach auf die Behandlung gut an. Wenn aber eine eitrige Affektion knöcherner Strukturen vorläge( es gab aber keinen Hinweise darauf) kann die Behandlung und die Prognose ungünstig werden.

 

2.: Die Zahnspitzen könnten nachwachsen. Das Diastema könnte nur durch eine Brücke oder ein Implantat verschlossen werden, soweit dies Veterinärmedizinisch möglich ist, womit die Ursache abgeschaltet wäre, zumindest was den Meißelzahn betrifft. Da jedoch die ätiologische Herkunft der Exsuperantien dieses Tieres nicht geklärt ist, muß mit Redizidivbildung unbedingt gerechnet werden und eine halbjährliche Kontrolle scheint daher angebracht.Wenn die Spitzen nicht geschliffen werden, kann es unter anderem zu Verminderung der Futteraufnahme oder Unrittigkeit kommen.

 

4.:In Bezug auf die Wundheilung ist eine günstige Prognose zu stellen, da die Wundheilung fast abgeschlossen ist und die Narbenbildung zu keinerlei Einschränkungen des Pferdes führen wird.

 

 

 

 

 

9.      Epikrise:

 

 

„XXXXX“ wurde wegen Kolik am 18.11.00 eingewiesen. Nach operativem Eingriff bekam der Patient aufgrund einer Infektion mit anaeroben und aeroben Bakterien Wundheilungsprobleme. Da es sich um teilweise resistente Bakterien handelte, wurde die Wunde mit einer Jodlösung behandelt, was auch gut anschlug. Während des klinischen Aufenthaltes wurde auch eine rechtsseitige Sinusitis maxillaris diagnostiziert und gehandelt. Desweiteren wurden an den Zähnen Zahnspitzen festgestellt die abgeschliffen wurden. Nach vollständiger Abheilung der Bauchwunde ist das Tier als gesund zu entlassen.

 

 

 

 

 

 

 

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