Rind-12 - Bronchopneumonia enzootica bovis

 

Krankenbericht

 

 

 

1. Anamnese:

 

Das Kalb zeigt eine pumpende Atmung, sowie Husten. Nach antibiotischer Behandlung erfolgte keine Besserung des Gesundheitszustandes. Es sind mehrere Tiere im Bestand betroffen.

 

 

2. Signalement:

 

Es handelt sich um ein weibliches Kalb der Rasse Deutsches Schwarzbunt. Es ist ca. 1 Jahr alt, enthornt und hat ein Gewicht von etwa 200 kg. Am Kopf trägt das Tier eine breite Blesse. Links ist die Schulterbinde auf Höhe des Buggelenks unterbrochen, die rechte Schulterbinde und beiderseits die Beckenbinde sind durchgehend. Die Gliedmaßen sind weiß.

 

3. Status praesens:

 

Allgemeine Untersuchung:

Das Tier steht in einer gestreckten Kopf-Hals-Haltung. Es belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig und nimmt aufmerksam an seiner Umgebung teil. Der Ernährungszustand ist mäßig, der Pflegezustand mäßig bis gut. Der Entwicklungszustand ist gemäß des Alters eher zurückgeblieben. Die Körperinnentemperatur beträgt 38,9°C, die Körperaußentemperatur ist gleichmäßig warm, an den Gliedmaßen ist sie etwas niedriger.

 

Spezielle Untersuchungen:

 

Haut und Haarkleid:

Das Haarkleid ist geschlossen und dicht. Die Haare sind lang und etwas strubbelig. Teilweise ist die Haut schuppig. Der Hauttugor ist gut, eine aufgezogene Hautfalte am Hals verstreicht sofort.

 

Sichtbare Schleimhäute:

Die Schleimhäute von Nase und Augen sind leicht gerötet, die Maulschleimhaut sowie die Genitalschleimhaut ist blaß-rosa. Alle Schleimhäute sind feucht, glatt und glänzend.

 

Lymphapparat:

Von den erreichbaren Körperlymphknoten sind nur der Buglyphknoten und der Kniefaltenlymphknoten fühlbar. Sie sind beide ca. fingerlang, prallelastisch, zigarrenförmig und unter der Haut verschieblich.

 

Kreislaufapparat:

Die durch Auskultation festgestellte Herzfrequenz beträgt 88 Schläge in der Minute. Die Herztöne sind gut hörbar, regelmäßig, abgesetzt und frei von Geräuschen. In der Perkussion ergibt sich ein etwa handtellergroßes Herzdämpfungsfeld caudal des Ellenbogenhöckers. Der Puls ist der Herzfrequenz äquivalent. Die kapilläre Füllungszeit liegt unter zwei sec, die Episkleralgefäße sind deutlich sichtbar und scharf gezeichnet. Die Vena jugularis ist gut anstaubar, die Venenstauprobe ist beidseitig negativ.

Atmungsapparat:

Die Atemfrequenz beträgt 56 Atemzüge in der Minute. Die Atemzüge sind tief und der Atemtyp ist vermehrt abdominal. Die Atmung ist angestrengt und pumpend. Gelegentlich hustet das Tier, der Husten ist feucht und rasselnd. Er ist nicht auslösbar. Es sind pharyngeale und nasale Atemgeräusche hörbar. Die Atemluft wird gleichmäßig aus beiden Nasenlöchern ausgestoßen, die bei der Inspiration außerdem geweitet sind. Beiderseits ist ein zäher, schleimiger und gelblicher Nasenausfluß vorhanden. In der Mitte der Trachea befindet sich ventral eine abgedeckte Wunde. Der Thorax ist symmetrisch. Mit aufgelegter Hand sind reibende Atemgeräusche fühlbar. Bei der Perkussion klingt das Lungengewebe dorsal verdichtet, ventral ist ein normaler Lungenschall. Die Schmerzauskultation der Interkostalräume ist negativ. In der Auskultation sind im Bereich der Bifurkation laute hiemend-giemende Geräusche zu hören, im gesamten Bereich der Lunge sind bronchiale Atemgeräusche hörbar.

 

Verdauungsapparat:

Der Appetit des Tieres ist ungestört, es hat in meinem Beisein Heu gefressen. Bei den Zähnen handelt es sich um ein vollständiges Milchgebiß von gleichmäßigem Wuchs. Die Zunge ist frei beweglich. Im Bereich der Maulhöhle kommt es vermehrt zur Schaumbildung. Das Tier kaut wieder, auskultatorisch sind drei Pansenkontraktionen in zwei Minuten hörbar. Das Abdomen ist symmetrisch und die Bauchdeckenspannung ist etwas erhöht. Bei der Untersuchung setzt das Tier etwas breiigen, grünen Kot von charakteristischem Geruch ab.

 

Harnapparat:

Das Tier setzt in der physiologischen Haltung Harn ab, der wäßrig , leicht gelblich und von einem unauffälligem Geruch ist.

 

Geschlechtsapparat:

Die Vulva ist klein und blaß-rosa gefärbt. Das Euter ist in seiner Anlage vorhanden.

 

Bewegungsapparat:

Das Tier liegt anfangs, steht jedoch bei Aufforderung schnell und ohne Probleme auf. Es steht aufrecht und belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Die Klauen sind gepflegt und haben eine regelmäßige Form.

 

Nervensystem und Sinnesorgane:

Oberflächen- und Tiefensensibilität sind vorhanden. Korneal-, Lid-, Pupillar-, Schwanz- und Analreflex sind auslösbar. Gehör und Sehvermögen sind ungestört.

 

 

4. Diagnose:

 

Symptomatische Diagnosen:    Dyspnoe

Bronchopneumonia fibrinosa

Ätiologische Diagnose: Bronchopneumonia enzootica bovis

 

 

5. Differentialdiagnose:

 

Unspezifische Brochopneumonien

Zur Abgrenzung, ob es sich um ein unspezifisches oder enzootisches Krankheitsgeschehen handelt, kann der Vorbericht herangezogen werden. Sind mehrere Tiere im Bestand erkrankt deutet dies auf eine spezifische Erkrankung hin.

 

Infektiöse bovine Rhinotracheitis

Die IBR ist eine schwere Allgemeinerkrankung, die mit hohem Fieber einhergeht. Weitere Symptome sind erosive Veränderungen der Nasenschleimhaut, die hier fehlen. Innerhalb des Bestandes sind bei der IBR alle Altersstufen betroffen, bei älteren Tieren ist die Erkrankung mit Aborten verbunden.

 

Bovine Virusdiarrhoe/Mucosal Disease:

Meist handelt es sich bei respiratorischen Symptomen innerhalb einer BVD/MD-Erkrankung um eigenständige Erkrankungen, die durch eine Immunsuppression ermöglicht wurden. Hier fehlt jedoch der Durchfall. Eine suklinische Erkrankung, die nur von Nasen- und Augenausfluß begleitet wird, würde nicht dieses Bild einer Bronchopneumonie machen.

 

Weideemphysem:

Dabei handelt es sich um eine hochakute Erkrankung, die nach der Aufnahme von Grünfutter plötzlich auftreten kann. Durch Perkussion der Lunge kann ein Emphysem nachgewiesen werden.

 

Bösartiges Katarrhalfieber:

Das BKF wurde bisher nur nach engerem oder längerem Kontakt zu Schafen beobachtet. Es tritt zudem selten gehäuft in einem Bestand auf.

 

Bronchopneumonia verminosa:

Tritt nur bei Tieren mit Weideauslauf auf.

 

 

6. Prognose:

 

Die Prognose ist in diesem Fall vorsichtig zu stellen. Bisher zeigt sich die Erkrankung unbeeinflußt durch die Antibiotikumtherapie. Durch einen Resistenztest können hier vielleicht wirksame Mittel gefunden werden. Da das Tier jedoch schon erheblich in seiner Entwicklung zurück geblieben ist, ist eine wirtschaftliche Nutzung für den Landwirt nicht mehr möglich.

 

 

7. Therapie:

 

Obwohl es sich bei der enzootischen Bronchopneumonie um eine primäre Viruserkrankung handelt, steht im Mittelpunkt der Therapie die Bekämpfung der sekundären bakteriellen Erreger. Um gezielt therapieren zu können wird ein Antibiogramm angefertigt. Hierfür wird eine Trachealspülprobe entnommen. Bis das Antibiogramm ein Ergebnis zeigt, wird mit einem bewährtem gut wirksamen Antibiotikum behandelt. Die Antibiotikumtherapie sollte mindestens fünf Tage durchgeführt werden. Zur Unterstützung der Therapie können außerdem Sekretolytika verabreicht werden. Zusätzlich können Antiphlogistika eingesetzt werden. Die erkrankten Tiere sollten in Ställen mit einem guten Stallklima eingestellt sein.

 

 

8. Epikrise:

 

Die Krankheit hat bei diesem Tier schon zu einer gestörten Entwicklung geführt, sein weiterer wirtschaftlicher Nutzen ist fraglich. Da mehrere Tiere im Bestand betroffen sind, ist es wichtig, nicht nur eine wirksame Therapie für das Krankheitsgeschehen, sondern auch eine Möglichkeit der Reinigung des Bestandes und der Prophylaxe zu finden. Durch eine Absonderung der klinisch erkrankten Tiere kann eventuell eine Weiterverbreitung im Bestand verhindert werden, auf lange Sicht müssen diese Tiere entfernt werden. Da es sich bei der enzootischen Bronchopneumonie um eine Bestandserkrankung mit einer polyfaktoriellen Ätiologie handelt, ist eine wirksame Prophylaxe schwierig. Da es unter anderem gehäuft im Zusammenhang mit Neuzukäufen auftritt, kann man hier durch tierärztliche Untersuchung der Neuankömmlinge und anfänglich separater Haltung ein Aufflammen der Erkrankung verhindern. Gesunde Tiere sollten gezielt geimpft werden. Außerdem sollten allgemeine Prophylaxemaßnahmen angewandt werden, wie optimales Stallklima, ein gutes Hygieneregime und die richtige Fütterung. Andere abwehrschwächende Faktoren wie zum Beispiel Parasiten oder Hautpilzerkrankungen sollten weitestgehend bekämpft werden.

 

 

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