Pferd-42 - Immunvermittelte hämolytische Anämie

 

 

 

                                                                          Krankenbericht:Patient „x“,S…                                                     

 

 

Anamnese:

 

Der Wallach „x“ wurde am Freitag, den 19.10.2001, um ca. 16 Uhr in der Klinik für Pferde vorgestellt, da den Besitzern ein mit Schleim überzogener Kot und leichte Koliksymptome mit Scharren am Boden und Schlagen der Hinterhand gegen den Bauch aufgefallen waren. Das Pferd war matt und zeigte Inappetenz, obwohl es morgens noch gefressen hatte.  Desweiteren wurde von einer sehr nassen Box berichtet. Und es konnten starke Darmgeräusche sowie ein vielfaches Gasablassen beobachtet werden. Sehr auffällig war der rot-schwarze Harnabgang. Die Besitzer berichteten außerdem, dass sie keine Giftpflanzenaufnahme ihres Tieres beobachten konnten.

 

 

 

Signalement:

 

 Bei diesem Pferd handelt es sich um einen 7 Jahre alten Haflingerwallach. Er ist ein Hellfuchs mit durchgehender, unregelmäßiger Blesse und besitzt den Nummernbrand „x“.

 

 

 

Aufnahmebefunde vom Freitag, 19.10.2001, 16 Uhr:

 

Das Pferd ist aufmerksam, aber es zeigt leichte Koliksymptome wie Scharren am Boden und Schlagen der Hinterhand gegen den Bauch. Es hat einen guten Ernährungs- und Pflegezustand.

Puls: 48/min; mäßig kräftig

Atemfrequenz: 24/min

Rektaltemp.: 37,8°C

KFZ: 2 sec

Die Schleimhäute zeigen sich deutlich ikterisch und etwas verwaschen. Die Auskultation des Darmes ergab Kontraktionen in allen vier Quadranten, allerdings in verringerter Intensität.

Beim Einstellen in seine Box setzte das Tier sofort dunkelrot-schwarzen Harn ab.

 

Die erste rektale Untersuchung um ca. 16.30 Uhr zeigte keinen besonderen Befund. Die zweite rektale Untersuchung um 19.45 Uhr ergab, dass das Tier noch nicht wieder Kot nachgeschoben hatte; außerdem war die Beckenflexur nicht tastbar und es konnte ein starker Befall mit kleinen Strongyliden festgestellt werden.

 

Die Nasenschlundsonde um etwa 20 Uhr war negativ.

Klinische Untersuchung vom 22.10.2001 um 13.30 Uhr, durchgeführt von XXXl und XXX :

 

Das Pferd zeigte einen guten Appetit und ein ungestörtes Allgemeinbefinden, war aufmerksam und munter. Pflege- und Ernährungszustand waren gut.

 

Puls: 44/min; mäßig kräftig, regelmäßig, gleichmäßig

Atmung: 16/min; verstärkt abdominal

Rektaltemp.: 37,8°C

KFZ: 2-3 sec

 

Die Schleimhäute waren ikterisch, leicht anämisch und verwaschen.

 

Die Lnn. Retropharyngeales hatten etwa einen Durchmesser von 3-4 cm. Sie waren glatt, gelappt, verschieblich, von derb-elastischer Konsistenz und nicht schmerzhaft.

 

Husten konnte nicht ausgelöst werden.

 

Die V. jugularis dextra war vermindert anstaubar.

 

Der Kot in der Box zeigte sich dunkel, fest und geballt.

 

Die Auskultation des Herzens ergaben gleichmäßige, regelmäßige, gut abgesetzte Herztöne ohne Nebengeräusche. Auch die Auskultation von Lunge und Darm waren ohne besonderen Befund.

 

Ein Urinabsatz ist während der Untersuchung nicht erfolgt.

Seit dem 25.10.2001 konnte der Patient wieder physiologischen Harn absetzen, der in einer Untersuchung weder Hämoglobin noch Blut oder andere unphysiologische Beimengungen enthielt.

 

 

 

 

 

Laborbefunde vom 19.10.2001:

 

Hkt   =   25%

RBC =  5 Mill./µl

GE    =    7 g/dl

BE    =    0,1 mmol/l

Crea  =  97,2 mmol/l

Urea  =    8,58 mmol/l

CK    = 315 IU/l  (bei 25°C)

GGT =    7,89 IU/l  (bei 25°C)

Serum deutlich hämolytisch

 

 

 

 

 

Laborbefunde vom 20.10.2001:

 

Hkt =   20%

GE  =     6,8 g/dl

Na   = 138 mmol/l

K     =    3,6 mmol/l

Ca    =    2,6 mmol/l

Glc   = 122 mg/dl

HN   =   35 mg/dl

Crea  =    0,69 mg/dl

AP    =   79 IU/l

GPT (ALT) = 45 IU/l

GOT (AST) = 187 IU/l

Albumin       =    3,2 g/dl

Cholesterin   =  93 mg/dl

 

 

 

 

Diagnose:

 

Immunvermittelte hämolytische Anämie

 

 

 

 

Aetiologie:

 

Für eine hämolytische Anämie kommen viele Ursachen in Frage. Einerseits könnte die Aufnahme bestimmter Giftpflanzen eine Rolle dabei spielen, z.B. von Bingelkraut, Ranunculaceen oder Brassica-Arten. Auch virale oder bakterielle Infektionen kommen in Betracht sowie Bakterientoxine. Zum Beispiel im Rahmen von Infektiöser Anämie, Babesiose, Hämosporidiose, Piroplasmose oder Leptospirose kommt es zu hämolytischen Anämien. Daneben könnten auch Immunreaktionen, eine hypotone Hyperhydratation oder Vergiftungen mit Phenol, Arsen, Kupfer, Blei oder Quecksilber einer solchen hämolytischen Anämie zugrunde liegen. 

Auch nach Fremdblutübertragungen kann dieses Phänomen auftreten oder, was selten der Fall ist, bei bestehenden intraerythrozytären Enzymdefekten, z.B. bei einem Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel, einem Glutathion-Reduktase-Mangel oder einem Glutathion-Synthase-Mangel.

 

 

 

Pathogenese der hämolytischen Anämie:

 

Sie geht einher mit einer verkürzten Lebenszeit der Erythrozyten. Es entsteht erst dann auch eine Anämie, wenn die Erythropoese die Auflösung der Erythrozyten nicht mehr ausgleichen kann. Durch den Zerfall der Erythrozyten kommt es zu einem Anstieg des freien Hämoglobins im Blutplasma. Dieses freie Hämoglobin wird im Blutplasma normalerweise zusammen mit dem Haptoglobin in einem Komplex gebunden. Allerdings wird die Kapazität desselben bei einem zu hohen Hämoglobinanfall im Plasma überschritten. Dadurch kommt es zur Hämoglobinurie und zu einer vermehrten Anflutung von Bilirubin I (indirektes Bilirubin) als erstes Abbauprodukt des Hämoglobins. Jedoch kann die Leber die große Menge des Bilirubins I nicht mehr vollständig in das wasserlösliche, ausscheidungsfähige Bilirubin II (direktes Bilirubin) umwandeln, weshalb sich ein prähepatischer Ikterus entwickelt.

 

 

 

 

Differentialdiagnose:

           

          Infektiöse Anämie

          Leptospirose

          Oxidantieninduzierte Hämolyse

          Schwermetallintoxikation

          Blutparasiten wie Babesia oder Ehrlichia

          DIC

 

 

 

 

Allgemeines Therapieprinzip:

 

Es muss in jedem Fall eine ätiotrope Behandlung erfolgen, d.h. man muss die bestehende Ursache finden und abstellen. In diesem Fall erhält der Patient bei Genesung eine Wurmkur gegen Strongyliden.

 

Desweiteren ist auf eine ausreichende Zufuhr von isotoner Flüssigkeit zu achten sowie auf eine ausreichende Versorgung mit Eisen, Eiweiß und Vitaminen über das Futter, um die Erythropoese zu unterstützen. 

 

 

 

 

Prognose:

 

Die Prognosen pro ad vitam et ad restitutionem sind günstig, vor allem da die Ursache gefunden und abgestellt werden konnte.

 

 

 

Epikrise:

 

>