Schwein-20 - Skrotalhernie

Krankheitsbericht

 

 

Anamnese

 

Das Schwein wurde am x in die Klinik eingestellt und zeigte eine Asymmetrie im Scrotalbereich.

 

Signalement

 

Es handelt sich hier um ein weißes Hybridschwein im Typ Edelschwein. Es ist männlich und unkastriert und wird als Mastschwein genutzt. Der Schwanz ist kurz kupiert. Das Schwein wiegt am 7.12.99 25 kg und ist damit etwa 10 Wochen alt. An den Ohren ist rechts eine gelbe Marke mit der Nummer x und links eine Schweinepestmarke mit der Beschriftung x eingezogen.

 

Status präsens

 

Das Verhalten des Schweines ist aufmerksam, fast aufgeregt. Der Ernährungszustand ist für ein Mastschwein mäßig.

 

Die Rüsselscheibe stellt sich blaßrosa und symmetrisch dar und es ist kein Nasenausfluß zu sehen. Die Maulspalte  ist geschlossen und es fließt kein Speichel heraus. Auf dem Nasenrücken und um die Augen herum finden sich bräunliche krustige Beläge. Augenausfluß besteht nicht. Die Konjunktiven sind kirschrot und die Episkleralgefäße fein und klar gezeichnet.

 

Auch die Ohrmuscheln weisen innen braune Krusten auf. Außen sind sie blaßrosa mit kleinen, etwas erhabenen roten Papeln. Die Ohrvenen sind zart gezeichnet.

 

Die Haut am ganzen Körper ist blaßrosa und mit etwas bräunlich-krustösen Belägen behaftet, die an den distalen Gliedmaßenenden, zwischen den Schulterblättern und um den Schwanzansatz herum zu flächendeckenden Krusten werden. Im Zwischenschenkelspalt sind ähnliche rote Papeln wie auf den Außenseiten der Ohrmuscheln zu finden. Makroskopisch sind keine Ektoparasiten zu sehen. Das Tier zeigt einen ausgesprochen starken spontanen Juckreiz. Am ganzen Körper sind die Krusten unter leichtem Substanzverlust ablösbar. Die Palpation ist am ganzen Körper nicht schmerzhaft, löst aber sofort Juckreiz aus.

 

Das Haarkleid ist relativ lang, dabei jedoch sauber, glatt anliegend und mit mattem Glanz.

 

Das Schwein atmet gleichmäßig mit einer Frequenz von 40 pro Minute costoabdominal. Bei der Auskultation der Lunge sind wegen dauernder Lautäußerung des Schweines keine Atemgeräusche zu hören, da das Schwein permanent grunzt.

 

Die Herzfrequenz beträgt 108 pro Minute. Die Herztöne sind intensiv zu hören, rhythmisch, regelmäßig und gut voneinander abgesetzt. Herzgeräusche sind nicht wahrnehmbar. Einen Herzstoß kann ich nicht fühlen. Der Puls ist nicht fühlbar, weder an der kranialen Ohrarterie, noch an der Schwanzunterseite und auch nicht an der Arteria femoralis.

Das Skrotum ist asymmetrisch aber sauber, das heißt nicht kotverschmiert. Das linke ist etwa 4 bis 5 cm lang und etwa 2,5 cm im Durchmesser. Das rechte Skrotum ist etwa 12 bis 15 cm lang und 5 cm im Durchmesser. Es setzt etwas höher an und zieht sich bis kurz caudal des Zwischenschenkelspaltes hin. In beiden Skroti sind Hoden zu palpieren. Sie sind weichelastisch und etwa 4 cm lang und 1,5 cm im Durchmesser. Rechts ist außerdem eine weiche Struktur im Skrotum fühlbar auf der die Haut verschieblich ist. Der Inhalt ist reponierbar, wenn das Schwein kopfüber aufgehängt ist. Das rechte Skrotum ist nicht vermehrt warm und nicht schmerzhaft.

 

Das Präputium hat keine Umfangsvermehrungen.

 

Der Ln. inguinales superficiales ist etwa apricosenkerngroß, verschieblich, nicht schmerzhaft und nicht vermehrt warm.

 

Die Bauchdeckenspannung ist locker.

 

Die Afterrosette ist geschlossen und sauber.

 

Das Schwein hat eine Rektaltemperatur von 38,7  C.

 

Das Aufstehen gelingt beim ersten Versuch mühelos. Er belastet alle 4 Gliedmaßen gleichmäßig. Hinten steht das Schwein minimal zeheneng, was jedoch noch nicht als Fehlstellung angesprochen werden kann. Die Bewegung ist ohne Einschränkungen möglich, die Klauen sind sauber und fußen plan und die Gelenke sind trocken ohne Umfangsvermehrungen.

 

Zusammenfassung krankhafter Befunde

 

Umfangsvermehrung des rechten Skrotums mit weichem Inhalt, der verschieblich und reponierbar ist. Es ist nicht schmerzhaft und nicht vermehrt warm.

 

Braune Krusten auf der Haut, besonders um die Augen herum, an den Innenseiten der Ohrmuscheln, zwischen den Schultern und an den Gliedmaßen, die unter Substanzverlust ablösbar sind. An den Innenseiten der Ohrmuscheln und der Oberschenkel sind kleine rote Papeln.

 

Diagnose

 

Skrotalhernie rechts, unkompliziert

 

Sarkoptesräude

 

Differentialdiagnosen

 

Neoplasie im Scrotalbereich   Da wäre die Struktur im Skrotum härter und das Alter des Schweines spricht dagegen, es müßte älter sein.

Hydrozele   Es müßte eine Fluktuation wahrnehmbar sein.

Orchitis   Das tritt normalerweise erst in höherem Alter auf, ist schmerzhaft und der Hoden selbst wäre vergrößert und von derber Konsistenz.

Periorchitis   Der Hoden wäre nicht im Processus vaginalis verschieblich. Die Subcutis im Skrotalbereich würde sich entzündlich geschwollen und wärmer darstellen.

Verwachsene Hernie   Die Haut über der Hernie wäre zumindest an einer Stelle nicht verschieblich und der Hernieninhalt wäre nicht reponierbar.

Samenstrangabszeß   Die Struktur wäre knotig und derb.

Spermatozele   entfällt auf Grund des zu geringen Alters.

inkarzerierte Hernie   Diese wäre nicht reponierbar, da die Inkarzeration durch das Abklemmen  des Bruchsackinhaltes durch den Leistenring bedingt ist, der Leistenring  also zu eng für die Reposition des inkarzerierten Inhaltes wäre.

Serom   als Komplikation einer vorangegangenen Kastration entfällt, da keine Operationswunden vorhanden sind.

 

Prognose

 

Die Prognose ist als günstig anzusehen, sowohl für das Leben des Tieres als auch für die wirtschaftliche Nutzung.

 

Mögliche Komplikationen sind Narkosezwischenfälle und post operationem ein Serom oder Abszeß.

 

Therapievorschlag

 

Eine chirurgische Therapie mit Verkleinerung des Leistenringes ist in diesem Falle angezeigt. Dabei wird gleichzeitig eine Kastration durchgeführt, da Skrotalhernien erblich sind und eine Nutzung zur Mast ohne geschlechtliche und geschmackliche Beeinträchtigung des Fleisches nach Entfernung der Gonaden möglich wird.

 

Das Schwein bekam eine Sedierung mit Azaperon 32 mg pro 10 kg intramuskulär (Wartezeit 5 Tage) und eine Narkose mit Thiomylal 176 mg pro 10 kg intraabdominal (Wartezeit 10 Tage) und wird kopfüber an eine Leiter gebunden.

Rechts wird der Bruchsackinhalt per Palpation reponiert. Dann erfolgt ein etwa 5 cm langer Hautschnitt rechts lateral des letzten Zitzenpaares. Es erfolgt jetzt eine gedeckte Kastration, das heißt ohne Eröffnung des Samenstranges. Der Hoden wird samt des Processus vaginalis aus dem Skrotum gezogen. Dabei zerreißt das Ligamentum scroti, das den Processus vaginalis peritonei mit der Innenfläche des Skrotum verbindet. Nun werden eventuell vorgefallene Darmschlingen aus dem Processus vaginalis in Richtung Bauchhöhle gestrichen und der Hoden gedreht, so das die Blutversorgung des Hodens gestoppt wird. Der Samenstrang wird abgebunden, indem ein chirurgischer Knoten mit nicht resorbierbarem Nahtmaterial gemacht wird, dann eine Gewebsbrücke gelegt und noch ein chirurgischer Knoten gegenüber angelegt. Als nächstes ist der Samenstrang mit einem Scherenschlag distal des Knotens zu durchtrennen. Nach Kontrolle des Knotens werden die Fäden auf 1 cm gekürzt und der Rest des Samenstranges in die Bauchhöhle reponiert.

Da der Leistenring auf dieser Seite 2-fingerstark offen ist, wodurch die Hernie entstand, wird er als Rezidivprophylaxe durch 1 Heft im cranialen Bereich des Leistenspaltes geschlossen. Dafür  wird ebenfalls nicht resorbierbares Nahtmaterial benutzt und eine Sultan’sche Diagonalnaht von lateral nach medial genäht.

Links ist das Verfahren analog, außer daß vorher kein Bruchsackinhalt reponiert werden muß. Die Kastration erfolgt wie oben beschrieben. Der Leistenspalt ist hier 1-fingerstark, hat damit eine physiologische Größe und muß nicht verengt werden.

Sämtliche Nähte bis hierher sind mit atraumatischen Nadeln genäht, die Hautnaht jedoch wird mit traumatischen Nadeln durchgeführt. Die Hautschnitte werden mit Catgut rechts und links mit je 3 U-Heften verschlossen.

 

Die erste Nachuntersuchung erfolgte am 8.12.99.

 

Heute ist das Schwein apathisch. Die Hautbefunde haben sich nicht verändert. Auch der Juckreiz ist weiterhin stark. Das Schwein frißt und nimmt Wasser auf.

 

Das Aufstehen gelingt beim ersten Versuch.

 

Die Rüsselscheibe ist blaßrosa und es besteht kein Nasenausfluß. Die Maulspalte ist geschlossen und ohne Speichelfluß daraus.

 

Die Ohren sind blaßrosa und die Ohrvenen leicht gezeichnet.

 

Die Augen sind klar, die Episkleralgefäße fein gezeichnet und die Konjunktiven kirschrot. Augenausfluß besteht nicht.

 

Das Schwein atmet regelmäßig, gleichmäßig und tief costoabdominal mit einer Frequenz von 36 pro min.. Die Auskultation der Lunge ist wegen dauernder Lautäußerungen des Schweines nicht aussagekräftig.

 

Die Herzfrequenz beträgt 72 pro min., die Intensität ist kräftig, der Herzschlag erfolgt regelmäßig, die Herztöne sind gut voneinander abgesetzt und Herzgeräusche höre ich nicht. Den Puls habe ich nicht fühlen können.

 

Der Penis ist bleistiftstark und hat eine Konsistenz wie ein Hartgummirohr. Das Skrotum ist leer und auf der rechten Seite leicht faltig.

 

Die Operationswunden sind trocken, ohne Wundschwellung und nicht schmerzhaft. Die Fäden sitzen alle reaktionslos und fest. Die Bauchdeckenspannung ist locker.

 

Der Anus ist sauber. Die Rektaltemperatur  beträgt 39,2  C. Der Kot wird physiologisch abgesetzt, ist fest und hat eine olivgrüne Farbe.

 

Die zweite Nachuntersuchung erfolgte am 10.12.99.

 

Das Schwein ist aufmerksam und hat ein ungestörtes Allgemeinbefinden. Es steht und belastet alle 4 Gliedmaßen gleichmäßig. Das Ablegen erfolgt reibungslos und das Aufstehen klappt beim ersten Versuch. Das Schwein frißt und trinkt.

 

Die Atmung erfolgt costoabdominal mit einer Frequenz von 36 pro min. gleichmäßig.

 

Die Herzfrequenz liegt bei 72 pro min. kräftig, regelmäßig, mit gut voneinander abgesetzten Herztönen und ohne Herzgeräusche.

 

Die Rüsselscheibe ist blaßrosa, die Konjunktiven kirschrot und die Episkleralgefäße fein gezeichnet.

Das Schwein hat eine Rektaltemperatur von 39,6  C. Der Kot ist fest und olivgrün. Der Harnabsatz erfolgt stoßweise, was beim männlichen Schwein jedoch normal ist.

 

Die Operationswunden sind sauber und trocken. Das rechte Skrotum ist gefältet und die Haut ist etwas verdickt, nicht gerötet und nicht vermehrt warm. Beide Scroti sind leer.

 

 

 

Epikrisis

 

Die Heilung des Patienten erfolgte bis hier hin komplikationslos, so daß das Tier uneingeschränkt zur Mast genutzt werden kann.

 

Eine abschließende Untersuchung konnte ich  nicht durchführen, da der Patient der Schlachtung zugeführt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Literaturangabe

 

Hans Plonait, Klaus Bickhardt:  Lehrbuch der Schweinekrankheiten, 2. Auflage

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