Krankheitsbericht
1. Anamnese
Das vorgestellte Pferd wurde vom Haustierarzt, x, untersucht, da der Besitzer über Unrittigkeit klagte, woraufhin dieser das Pferd in die Tierklinik überwies, um eine Zahnextraktion des vorhandenen Wolfszahnes oben links vorzunehmen.
2. Signalement
Tierart: Pferd
Rasse: Deutsches Reitpferd, Hannoveraner
Geschlecht: Wallach
Gewicht: ca. 600 kg
Widerristhöhe: ca. 180 cm
Geboren am: 01.01.1992
Farbe: Fuchs mit Abzeichen (weißer Stern auf der Stirn, hinten beide Fesseln weiß bis zur mittleren Linie des Fesselkopfes)
Erworbene Kennzeichen: Brandzeichen für Hannoveraner an der linken Flanke
Beschlag: Eisen an allen vier Gliedmaßen
Eigentümer: x
Name des Tieres: x
3. Status praesens
3.1 Allgemeine Untersuchung
Das Pferd verhält sich aufmerksam und befindet sich in einem guten Pflege- und Ernährungszustand. Die Körperinnentemperatur, rektal gemessen, beträgt 38,1°C. Der Körper fühlt sich mit Ausnahme physiologischer Warm- und Kaltzonen gleichmäßig warm an. Die Pulsfrequenz, palpiert an der A. maxillaris ext. (bzw. A. facialis), beträgt 32/min, die Atemfrequenz 8/min.
3.2 Spezielle Untersuchung
Haut und Haarkleid: Das Haarkleid ist geschlossen, dicht, glatt anliegend und glänzend. Die Haut ist glatt und fest, eine aufgezogene Hautfalte verstreicht zügig und vollständig.
Schleimhäute: Die Schleimhäute von Maul und Nase sind blaßrosa, feucht, glatt und glänzend, die Conjunktiven blaßrosa, mäßig feucht und Kapillaren fein injiziert.
Lymphknoten: Die oberflächlichen Lymphknoten sind adspektorisch unauffälllig. Sämtliche palpierten Lymphknoten sind unter der Haut verschieblich, glatt, von prallelastischer Konsistenz und nicht schmerzhaft.
Zirkulationsapparat: Der Herzstoß ist bei der Palpation spürbar. Die Auskultation ergibt eine Herzfrequenz von 32 Schlägen pro Minute. Die Herztöne sind von starker Intensität, gleichmäßig, gut voneinander abgesetzt, es sind keine Herzgeräusche wahrzunehmen. Die Pulsfrequenz entspricht der Herzfrequenz. Der Puls ist regelmäßig, gleichmäßig, mittelgroß und kräftig, die Gefäßwandspannung ist physiologisch. Die kapilläre Füllungszeit liegt unter 3 Sekunden. Die V. jugularis ext. läßt sich im Halsbereich anstauen und verstreicht beim lösen des Staus zügig.
Respirationsapparat: Beim einem costo-abdominalen Atemtyp hat das Pferd eine Atemfrequenz von 8 Zügen pro Minute. Die Atmung ist gleichmäßig und regelmäßig.
Digestionsapparat: Das Pferd hat einen guten Appetit und setzt geformten Kot ab. Der Lippenschluß der Maulhöhle ist vollständig. Die Zunge ist unverletzt und frei von Auflagerungen. Das Tier hat ein Winkelgebiß, das sich vollständig in Reibung befindet. Im Oberkiefer sind beidseitig buccal starke Zahnspitzen, im Unterkiefer beidseitig lingual geringgradige Zahnspitzen ausgebildet. Zusätzlich zu dem vollständig vorhandenen Zahnsatz befindet sich nur im linken Oberkiefer ca. 1cm vor dem P2 ein Wolfszahn (P1), der fest im Zahnfach verankert ist. Die Adspektion des Abdomens ist unauffällig, die Palpation ergibt eine physiologische Bauchdeckenspannung. Bei der Aukultation ist die Darmmotorik auf beiden Seiten gut hörbar.
Harn- und Geschlechtsapparat: Penis und Präputium zeigen keine Besonderheiten. Es handelt sich um einen Wallach. Der beobachtete Harnabsatz war unauffällig.
Bewegungsapparat: Das Pferd belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig.
4. Diagnose
Da der vorhandene Wolfszahn im Bereich des Diastemas liegt und so zu Schmerzen beim Tragen einer Trense führen kann, könnte dies die Ursache für die Unrittigkeit sein.
5. Differentialdiagnosen
Auch Ulzera im Lippenwinkel oder an der Zunge können zu Schmerzhaftigkeit beim Tragen einer Trense führen, ebenso Zahnfleischentzündungen, Karies oder durch Zahnwurzelentzündungen hervorgerufene Sinusitis. Auch eine falsch sitzende Ausrüstung (Trense) kann diese Veränderungen hervorrufen.
6. Therapie / Weiterer Verlauf
Es wird eine Extraktion des vorhandenen Wolfszahnes vorgenommen. Dazu wird das Pferd mit 1ml Vetranquilâ (Wirkstoff: Azepromazin) und 1ml Domosedanâ (Wirkstoff: Detomidin) sediert. Um sich im Maul befindende Essensreste zu entfernen, wird die Maulhöhle mit Wasser ausgespült. Nach Einsetzen der Sedation wird der Wolfszahn mit einer Wolfszahnextraktionszange entfernt. Sowohl die im Unterkiefer lingual als auch im Oberkiefer buccal vorhandenen Zahnspitzen werden abgeraspelt.
7. Prognose
Sollte die Unrittigkeit durch den vorhandenen Wolfszahn verursacht worden sein, ist die Prognose gut.
8. Komplikationen
Da es sich bei der Extraktion des Wolfszahnes um einen Eingriff handelt, bei der lediglich eine kleine Läsion gesetzt wird, ist das Risiko einer Wundinfektion sehr gering. Somit sind keine Komplikationen zu erwarten.
9. Epikrise
Die Unrittigkeit eines Pferdes ist nicht in jedem Fall auf Veränderungen in der Maulhöhle zurückzuführen. Auch Verspannungen im Rücken oder schmerzhafte Prozesse an der Wirbelsäule (z.B. kissing spine), sowie Veränderungen an den Gliedmaßen können Ursachen für Schwierigkeiten beim Reiten eines Pferdes sein. Schließlich darf man auch nicht unberücksichtigt lassen, daß die reiterliche Ausbildung des Reiters in nicht unerheblichem Maße zur Rittigkeit eines Pferdes beiträgt.